Die Probe (German Edition)
erfolgreich startet. Die Finanzierung ist auch so gut wie gesichert, nachdem uns mein reicher Schwager einen Kredit zugesagt hat.« Er horchte auf und warf ihr einen konsternierten Blick zu.
»Michael?«, fragte er überflüssigerweise. Sie nickte verdutzt. Dass er kein Freund Michaels war wusste sie, wer war das schon, aber was war falsch daran, sein Geld nützlich anzulegen? »Michael ...«, fuhr er zögernd fort. »Michael hat Verbindungen zu Vidal, Lauren. Ihr müsst vorsichtig sein.«
»Vidal?«
»Ja, ein steinreicher Sack mit guten Verbindungen zur japanischen Mafia. Das ist der Kerl, der Daisy in Australien beseitigen wollte, wie wir annehmen, aber leider nicht beweisen können. Diese Leute sind absolut skrupellos.«
»Du meinst ...«
»Ich will gar nichts behaupten. Ich bitte dich einfach, sehr vorsichtig zu sein und die Verträge hieb- und stichfest aufzusetzen, wenn ihr mit Michael Geschäfte macht.« Sie war nachdenklich geworden, sagte eine Weile nichts mehr und trank den letzten Schluck ihres Latte. Er schaute besorgt zu. Mit seiner Bemerkung hatte er die Stimmung gründlich verdorben, und das schien ihn zu beschäftigen. »Entschuldige, ich wollte nicht ...«, begann er schließlich zerknirscht.
»Schon in Ordnung. Wir werden aufpassen, versprochen.«
»Gut. Verstehe mich bitte nicht falsch. Ich finde die Idee faszinierend, einen solchen Universalreiniger industriell zu produzieren – verzeih mir den Ausdruck.«
»Die Bezeichnung passt erstaunlich gut«, lächelte sie und stand auf. »Komm mit, ich möchte dir meine schöne neue Welt zeigen.«
Ihre Bedenken wichen schnell einer ungezügelten Begeisterung, die sie oft erfasste, wenn sie über ihre Arbeit sprach. Charlie interessierte sich ernsthaft für das, was sie hier taten. Kein Wunder, bestand doch dank ihrer Forschung und Entwicklung erstmals die realistische Hoffnung, Sonnenenergie im großen Stil nutzbar zu machen. Als sie den geplanten Feldversuch erwähnte, schmunzelte er:
»Portugal? Wie klein die Welt doch ist.«
»Manchmal schon«, pflichtete sie ihm bei und dachte an die kurze Begegnung in Lissabon. Auch damals hatte es geknistert, das hatte sie inzwischen begriffen.
Würzburg
Renate fürchtete jeden Augenblick, unsanft zu erwachen. Zaghaft streckte sie die Hand aus, steckte den Schlüssel ein und öffnete das gläserne Tor. Ihr Traum wurde Wirklichkeit, sie konnte ihn anfassen. Daran änderte auch die unübersehbare Tafel in edlem Weinrot mit dem falschen Firmennamen nichts. Bald würde ›DIAMASYNTH AG‹, der Name ihrer Firma ›Dr. Dietrich Angewandte Material-Synthese‹ neben dem Eingang prangen. Das fast noch neue Gebäude zwischen Würzburger Hauptbahnhof und Berlinerplatz stand seit einem halben Jahr leer. Die frühere Mieterin war eine Firma, die Chemikalien für die Autoindustrie herstellte, ein weiteres Opfer der großen Krise, ihr Zusammenbruch ein Glücksfall für Renate. Sie konnte die modern eingerichteten Labors gleich mit übernehmen. Die Versorgung mit Elektrizität, Wasser, Klima, Abluftkapellen mit wirksamen Mehrstufenfiltern, Sicherheitszonen, Doppelböden, alles war schon vorhanden und auf dem neusten Stand. Lediglich die speziellen Apparaturen, die für die Fabrikation der Nanomaterialien notwendig waren, mussten neu angeschafft werden. Selbst die Verkehrsanbindung war optimal, befand sich das Gebäude doch in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs.
Sie hatte sich mit Daisys Hilfe gut auf diesen Nachmittag vorbereitet. Im provisorisch eingerichteten Sitzungszimmer standen Laptop, Projektor und ein paar Softdrinks bereit. Miet- und Kaufverträge lagen geprüft und unterschriftsreif zur Einsicht auf und das Wichtigste, der Kreditvertrag, wartete bereits mit ihrer und Laurens Unterschrift auf Michaels Gegenzeichnung. Sie hatte ihn zur feierlichen Unterzeichnung hierher eingeladen, an die Stätte ihres künftigen Wirkens, zusammen mit ihrer Teilhaberin Lauren, die den Deal netterweise eingefädelt hatte. Dass nun auch noch Michaels Freundin auftauchen würde, nahm sie etwas befremdet zur Kenntnis, dass aber Charlie Lauren begleitete, war eine ausgesprochen freudige Überraschung. Er schien seine ausgedehnten Ferien vor allem in ihrer näheren Umgebung zu verbringen.
Sie blätterte einmal mehr durch die Präsentation auf ihrem Computer, während sie ungeduldig auf das Eintreffen der Gäste wartete. Eine eindrückliche Verkaufsveranstaltung sollte es werden. Sie wollte das Risiko auf keinen Fall eingehen, dass
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