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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Gegenteil! Wir berufen uns auf sie, Wort für Wort. ›Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort ist nichts geworden, was geworden ist.‹ Steht das so bei Johannes geschrieben - oder etwa nicht? Dieses Nichts ist die Welt. Sie fürchten wir zu Recht und sehnen uns nach dem geistigen Reich Gottes wie viele fromme Christen vor uns. Was könnte daran falsch oder sündhaft sein?«
    »Nichts«, riefen die Gläubigen vorn an der Tafel wie aus einem Mund. »Nichts«, fielen auch die weiter hinten ein. Der Diakon erntete viele dankbare Blicke.
    »Wir lassen uns nicht einschüchtern«, rief eine ältere Frau. »Von niemandem!«
    »Unseren Glauben kann keiner uns nehmen«, schrie ein Mann aus der letzten Reihe.
    »Für ihn leben und für ihn sterben wir«, setzte Magota triumphierend hinzu.
    »Wer mit dem Teufel isst, der braucht einen langen Löffel«, sagte die Magistra. »Daran solltet Ihr denken, van Gent, wenn Euch demnächst die Büttel in den Kerker schleppen. Und all ihr anderen mit dazu, die ihr jetzt so eifrig mit einstimmt.« Ihr Blick war eisig. »Theresa?«, fragte sie noch einmal leise.
    Theresa schüttelte den Kopf, obwohl ihr Herz dabei so hart gegen die Rippen schlug, dass sie fürchtete, jeder im Saal könnte es hören. Als Hildegard sich umdrehte und wortlos hinausging, wurde ihr leicht schwindelig, als sei alles Blut auf einmal aus dem Kopf gewichen. Ihre Hände tasteten nach einem Halt und fanden doch keinen anderen als die harte Kante des Tisches, den sie und Magota zuvor stundenlang mit Sand blank gescheuert hatten. Dann aber war der Anfall vorbei, so schnell, wie er gekommen war.
Jetzt schaute sie hinüber zu Willem, der sie anstarrte, als hinge sein Leben von ihr ab.
    Ihm schenkte sie ein winziges, brüchiges Lächeln.

    Hildegards Herz schlug bis zum Hals, als sie die Residenz des Bischofs erreicht hatte, so schnell war sie gegangen. Von Volmar und Benigna, die nicht wussten, wo sie soeben gewesen war, keine Spur. Sicherlich hatte der Kanonikus dafür gesorgt, dass die beiden in einem entlegenen Trakt bewirtet wurden.
    »Ihr seht ja aus, als wäret Ihr soeben dem Leibhaftigen begegnet!«, rief Dudo, als er sie erblickte. »Was ist geschehen? Ich hätte Euch doch lieber nicht allein gehen lassen sollen.«
    »Ihr habt recht gehabt. Mit allem. Danke, dass Ihr so offen wart!« Japsend zog Hildegard sich einen Stuhl heran. »Und danke, dass Ihr mir jenes Haus genannt habt, auch wenn der Anblick fürchterlich für mich war. Ja, Theresa ist bei ihnen. Und Magota, die unser Kloster lange vor ihr verlassen hat, ebenfalls. Ich konnte das Mädchen nicht zum Gehen bewegen. So tief ist das Gift schon in sie eingedrungen.«
    Dudo hatte einen Diener herangewinkt, der Wein und Wasser servieren sollte, doch Hildegard wehrte ab.
    »Ich will zuerst den Erzbischof sprechen«, verlangte sie. »Er muss diesem teuflischen Treiben Einhalt gebieten. Auf der Stelle! Es geht nicht an, dass Menschen wie dieser …«
    »Arnold von Selenhofen ist leider unpässlich.« Dudos Worte trafen sie wie ein Schlag. »Seine Exzellenz bedauert zutiefst und lässt sich für heute entschuldigen. Eine Nierenkolik.
Wieder einmal. Der Medicus wird ihn später zur Ader lassen.«
    Hildegard sprang auf und schüttelte energisch den Kopf. »Damit bringt er ihn vielleicht um! Ich bin mit meinen Getreuen doch nicht den weiten Weg nach Mainz geritten, um vor einem Toten zu stehen. Bringt mich zu ihm! Sofort! Wenn es sein muss, auch direkt in sein Schlafgemach.«
    »Das ist doch nicht Euer Ernst!« Dudo erhob die mageren Arme abwehrend.
    »Und ob es das ist!« Hildegard machte ein Gesicht, als wolle sie sich im nächsten Moment auf ihn stürzen.
    Als er merkte, wie entschlossen sie war, gab er plötzlich nach. »Aber vergesst nicht, was ich Euch gesagt habe!«, flüsterte er, als sie unerschrocken vorwärtsstrebte. »Mainz braucht einen neuen Stadtherrn. Und das ist gewiss nicht der Mann, vor dem Ihr gleich stehen werdet.«
    Beinahe hätte sie ihm recht gegeben, als sie Arnold von Selenhofen erblickte, der sich mühsam in seinem Sessel aufrecht hielt. Er, der niemals ein Hüne gewesen war, erschien ihr erheblich geschrumpft. Das Haar auf seinem knochigen Schädel war gelichtet, die Augen lagen unter dünnen Brauen tief in den Höhlen. Sein Gesicht schimmerte gelblicher denn je. Zu ihrer Überraschung forderte er Dudo nicht auf, bei ihrem Gespräch dabei zu sein.
    Weil er ahnte, was jener insgeheim plante?
    »Du triffst mich in denkbar

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