Die Prophetin vom Rhein
Brettern, die an den Wänden befestigt waren, bestückt mit sorgsam in dickes Sackleinen eingerollten Stoffballen. Sie hörte, wie er schwer atmete.
Das Hochzeitslager zu bereiten, schien eine anstrengende Sache zu sein.
Wenig später tauchte Willem wieder auf, mit gerötetem Kopf, über das ganze Gesicht strahlend.
»Komm!«, rief er. »Beeil dich! Alles wartet schon auf dich.«
Theresa hatte kaum Zeit, sich umzusehen, so ungestüm zog er sie zu sich herab.
»Spürst du, wie weich es ist? Und wie fest zugleich?«, flüsterte er, während er ihr half, Ober- und Unterkleid abzustreifen. Dann riss er sich ungeduldig Tunika und Beinlinge vom Leib. »Das ist unsere Zukunft, Theresa!«
Er küsste ihre Brüste, sog ihren Duft ein. Was hätte sie jetzt für Benignas Rosenöl gegeben, doch Willem schien es nicht zu vermissen. Er selbst roch anziehend, kräftig und erdig, und da war noch etwas Fremdes, Herbes, das sie als leicht störend empfand, aber sie schob die Wahrnehmung schnell wieder zur Seite. Ihn so nah bei sich zu spüren, bereitete ihr solches Glück, dass sie kaum noch atmen konnte. Nach schier endlosem Streicheln und Kosen öffnete er ihre Beine und küsste ihren geheimsten Teil.
Nicht!, wollte sie rufen, weil sie sich plötzlich schämte, doch die Empfindungen, die sie dabei durchströmten, waren zu überwältigend. Dann kam er zu ihr, feurig und sehnsuchtsvoll, bewegte sich in ihr mit großer Leidenschaft und schien trotzdem in seiner Lust auf einmal unendlich weit entfernt.
Theresa wollte ihn warnen, ihm sagen, dass er unbedingt aufpassen müsse, doch dafür war es schon zu spät. Mit einem Stöhnen ergoss Willem sich in ihr und sackte danach wie vom Blitz getroffen auf ihr zusammen.
Irgendwann mussten auch ihr die Lider zugefallen sein, denn als sie wieder erwachte, dämmerte es bereits. Willem
lag neben ihr, hatte seinen Arm um sie geschlungen und lächelte sie an. Er hatte ein paar Kerzen entzündet, die das Lager in warmes Licht tauchten. Und doch streifte sie ein Gefühl von Angst. Sie hätten niemals so unvorsichtig sein dürfen! Dann aber schob sie die Bedenken sofort wieder weg. Willem so nah zu sein, war der Himmel gewesen - der Himmel auf Erden!
»Hungrig?«, fragte er und äugte nach ihrem Einkaufskorb.
Sie schüttelte den Kopf.
»Nur nach dir«, sagte sie und küsste ihn.
»Siehst du das hier?« Er deutete auf die Truhen und Regale. »Tuche, Tafte, Barchant, Damast, Seiden, alles, womit wir handeln, und doch nichts als Hüllen, um das menschliche Fleisch zu verbergen. Selbst ihr im Kloster habt Gott in weißer Seide angerufen, damit er euer Fleisch nicht sehen musste.«
Auf einmal hellwach geworden, setzte sie sich auf.
»Da irrst du dich, Willem«, sagte sie. »Das Fleisch, von dem du sprichst, das sind wir - du und ich. Hier!« Sie packte seine Hand und legte sie auf ihren Körper. »Haut. Brüste. Schoß. Und ganz tief drinnen ist meine Seele. Lieben tun dich beide, Körper und Seele, denn sie sind eins: ich, Theresa!«
»Wie kannst du da so sicher sein?« Er hörte sich schon wieder verzagt an.
»Weil ich es spüre. Und weil ich es weiß. Vertrau mir, Willem! Wenn du diesen fürchterlichen Kampf in dir endlich beendest, wird es dir viel besser gehen.«
»Ich wünschte so sehr, ich könnte dir glauben.« Unruhig fuhren seine Hände auf dem Stoff hin und hier. »Weißt du eigentlich, worauf du liegst?«
»Sag du es mir.«
»Das Tuch der armen Leute - so hat man Walkstoffe früher genannt, aber das ist zu einseitig gedacht. Dieses Gewebe hält warm, schützt vor Nässe und lässt sich mithilfe der neuen Apparaturen auch in großer Menge zu gutem Preis herstellen. Anfangs hatten wir viel zu viel Ausschuss, bis ich nach langem Suchen herausgefunden habe, was das Geheimnis des Walkstockes ist: die Rundung in den Löchern! Sie muss so gearbeitet sein, dass die eingelegten Tücher beim Walken nicht zu Schaden kommen. Wir haben sie jetzt mit Kupferblech ausgelegt, verstehst du, Theresa, und wenn ich dazu noch einen Bach oder kleinen Fluss finde, der mehr Wasser führt, so könnte ich anderswo eine neue Mühle bauen …«
Von seiner leidenschaftlichen Erklärung schien sie nur den allerletzten Teil gehört zu haben. »Anderswo, ja! Geh weg mit mir!«, bat sie mit großen Augen. »Lass uns zusammen irgendwo glücklich werden! Nichts auf der Welt wünsche ich mir mehr.«
»Vielleicht«, murmelte Willem und zog sie wieder an sich. »Eines Tages. Wir werden sehen.«
BAMBERG -
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