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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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nur eingeflößt?
    Theresa tastete nach dem Beutel, riss ihn auf und roch am Inhalt. Zerstoßener Petersiliensamen! Sie erkannte ihn erst, als sie das feine Pulver durch die Finger rinnen ließ.
    Ich sehe es immer zuerst an den Augen, ob eine schwanger ist oder nicht. Melines heisere Stimme schien sie in der Stille der nächtlichen Kammer zu verhöhnen. Ich sehe es eben - und damit basta!
    Deshalb hatte die Wehmutter sie so forschend angestarrt! Deshalb hatte sie gemeint, ihr helfen zu müssen. Meline hatte geglaubt, sie sei zu ihr gekommen, um das Kind loszuwerden, dabei hatte sie sich doch nicht einmal selbst eingestanden, dass sie schwanger war!
    Theresa versuchte sich zu bewegen, doch ihr Leib war ein einziger Schmerz. Schlimmer aber war die Pein, die ihr Innerstes erfasste. Sie hatte ihr eigenes Kind getötet!
    Ihr Herz versank in Finsternis.

BINGEN - FRÜHLING 1160
    Dass Arnold von Selenhofen sich mit zahlreichen Bewaffneten in seine Binger Bischofsresidenz zurückgezogen hatte, um die Mainzer in die Knie zu zwingen, war wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt gegangen. Natürlich hatten diese Nachrichten auch das Kloster auf dem Rupertsberg erreicht. Die Magistra, die eine fiebrige Lungenerkrankung gezwungen hatte, ihre Predigtreise abzubrechen und sich zu Hause gesund pflegen zu lassen, sog begierig jede Neuigkeit auf. Um sie möglichst schnell wieder genesen zu lassen, hatte Schwester Benigna die Geschwächte einer regelrechten Rosskur unterzogen, sie ins Bett verbannt und mit bitteren Meisterwurzaufgüssen so lange drangsaliert, bis Hildegard es eines Tages zu viel wurde.
    »Ich kann aufstehen«, behauptete sie, ohne sich um Benignas und Clementias Proteste zu kümmern, und riss sich die Kette aus braunem Sarderstein vom Hals, die zu tragen die Infirmarin sie genötigt hatte. »Und mein Fieber ist auch längst vorbei. Ruft Josch! Er soll mich zum Erzbischof fahren.«
    »Du wirst dir den Tod holen, geliebte Mutter …«
    »Ach was! Wenn mich eines erst richtig krank macht, dann ist das dieses müßige Herumliegen. Wozu hat der gütige Gott uns Arme und Beine geschenkt? Damit wir handeln. Und damit wir laufen. Und genau das werde ich jetzt tun.«
    Der Winzer war einsilbiger als sonst, und Hildegard musste sich regelrecht anstrengen, die Unterhaltung in Fluss zu bringen, während sie das Kloster hinter sich ließen. Erst als sie auf die Wingerte und die anstehenden Frühlingsarbeiten zu sprechen kam, lockerte sich seine Zunge ein wenig, und doch spürte sie seine ungewohnte Zurückhaltung.
Schließlich entschloss sie sich zum Angriff. Es nützte ja nichts, noch länger um den heißen Brei herumzureden.
    »Ich mache mir große Sorgen um Theresa«, sagte sie. »In Mainz ist sie an die falschen Leute geraten. Das könnte sie in Lebensgefahr bringen.«
    Josch brummte Unverständliches, während er stur nach vorn schaute.
    »Wir hätten besser auf sie aufpassen sollen«, fuhr Hildegard fort. »Ein Versäumnis, das ich mir schon oft genug vorgeworfen habe. Aber es betrifft auch Eva und dich. Sie war so jung und unerfahren. Sie hätte unserer besonderen Fürsorge bedurft.«
    Er räusperte sich mehrmals. »Wie hätten wir vollbringen können, was nicht einmal Ihr vermocht habt?«, sagte er dann ungewohnt offen. »Verzeiht, Herrin, aber in diesem Mädchen stecken so viel Kraft und ein so starker Wille. Die lässt sich nicht von dem abbringen, was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat. Das hat auch unser Neffe zu spüren bekommen.«
    »Peter, der Küfer?«, fragte sie überrascht. »Ich dachte, das mit den beiden sei aus und vorbei.«
    Josch schüttelte bedächtig den Kopf, und plötzlich fiel ihr auf, dass seine Schläfen grau geworden waren.
    »Sie hat ihn verhext«, murmelte er. »Peter kann an nichts anderes mehr denken. Als er zum letzten Mal in Mainz war, da hat sie ihn …«
    »Dein Neffe hat Theresa getroffen?«, fiel Hildegard ihm ins Wort. »Wann? Du hast mir bis heute kein Wort davon gesagt.«
    »Ich wollte alte Wunden nicht wieder aufreißen«, murmelte er bedrückt. »Dieses Mädchen hat uns allen kein Glück gebracht. Sogar meine Eva will nichts mehr von ihr wissen. Das hab ich bei meinem Weib noch nie erlebt.«

    »So ist sie noch immer bei diesen Ketzern?«, beharrte die Magistra. »Rede endlich!«
    »Ja«, sagte Josch, »so hat Peter es uns erzählt. Sie muss sehr abweisend zu ihm gewesen sein. Und dann hat dieser Flame sie zurück in sein Lagerhaus gezerrt.«
    Nun blieb die Magistra stumm, bis sie

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