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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Schutz unterstellt.«
    »Ihr seid sehr gütig, Majestät«, erwiderte Hildegard mit enger Kehle, weil Jubel und grenzenlose Erleichterung sie
zu überwältigen drohten. »Der Allmächtige im Himmel wird an diesem besonderen Tag seine ganz besondere Freude an Euch haben.«
    Ihr Blick flog über die beeindruckende Zeugenliste, die das Dokument besiegelte. Unterschrieben hatten nicht nur die Erzbischöfe von Mainz, Magdeburg und Salzburg sowie die Bischöfe von Würzburg, Bamberg, Brixen, Lüttich, Utrecht und Münster. Ihnen schlossen sich auch zahlreiche weltliche Fürsten an, allen voran Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen, gefolgt von Pfalzgraf Konrad, Ludwig, dem Landgraf von Hessen und Thüringen, sowie dem Graf von Leiningen.
    »Im ganzen Reich spricht man inzwischen von der Posaune Gottes«, fuhr der Kaiser fort, der Hildegard aus der Aula regia, wo die feierliche Übergabe der Urkunde stattgefunden hatte, in einen kleineren Raum geleitete, in dem eine reich gedeckte Tafel auf den Ehrengast wartete. »Euer Ruhm wächst von Monat zu Monat. Was Euer Schriftverkehr und die Abschrift Eurer Visionen begonnen haben, vollenden Eure Predigtreisen offenbar. Ihr seid eine allseits berühmte Frau geworden.«
    »Daran liegt mir nichts«, erwiderte sie. »Ich bin eine Dienerin Gottes, die ihr Leben am liebsten in Demut und Stille verbringen möchte. Doch das Lebendige Licht hat mich zu etwas anderem ausersehen. Widersetze ich mich seinem Auftrag, schlägt es mich unerbittlich mit Krankheit. So bleibt mir nur, mich zu fügen und ihm zu gehorchen. Deshalb werde ich meine Predigten auch weiterhin fortsetzen, und zwar schon sehr bald.«
    Der Kaiser wirkte eher skeptisch. Bevor er jedoch etwas erwidern konnte, ging die Tür auf, und Beatrix von Burgund, seine Gemahlin, flog geradezu an Hildegards Seite.

    »Wie glücklich ich bin, Euch endlich zu sehen!«, rief sie und ergriff in einer Gefühlsaufwallung Hildegards Hände. »Euer Schreiben trage ich Tag für Tag wie eine Reliquie oder ein kostbares Amulett bei mir, wisst Ihr das? Gleich ein Dutzend Abschriften hab ich mir davon erstellen lassen, damit es auf keinen Fall verloren gehen kann.«
    Ihre zarte Haut glühte, so sehr hatte die Freude sie erhitzt. Beatrix wirkte noch immer sehr mädchenhaft mit ihrem ovalen Gesicht, der geraden Nase und den vollen, geschwungenen Lippen, die Lebens- und Sinnenfreude verrieten. Ein leuchtend blaues Seidenkleid mit silbernen Brokatborten um Ausschnitt und Handgelenke bildete einen reizvollen Gegensatz zu ihrem weizenblonden Haar, das leicht gelockt war. Um den Hals trug sie einen dicken Strang weißer Perlen, der der Magistra sofort ins Auge gefallen war.
    Das frische Rot auf den Wangen der Kaiserin vertiefte sich, als sie Hildegards prüfenden Blick bemerkte.
    »Natürlich hab ich all Eure Anweisungen gewissenhaft befolgt«, rief sie. »Perlen auf der Haut - und zerstoßene Perlen zu allen Mahlzeiten. Das war noch das Einfachste. Das mit dem Hasenfett dagegen war für mich eine große Überwindung. Und was der Kaiser erst tun sollte, war eher …« Sie hielt plötzlich verschämt inne.
    »Eurem Strahlen entnehme ich, dass die Empfehlungen dennoch hilfreich gewesen sind«, sagte Hildegard lächelnd, obwohl die schmale Taille der jungen Frau noch nichts Verräterisches preisgab.
    »Das waren sie. Der Kaiser und ich werden einen Thronfolger haben«, sagte Beatrix. »Um Martini soll er zur Welt kommen. Habt tausend Dank, dass Ihr Euch mit Eurem kostbaren Wissen unserer angenommen habt!«
    »Die Perlen verraten nicht, ob es ein Knabe oder Mädchen
wird«, sagte Hildegard vorsichtig, weil ihr der kaiserliche Überschwang ein wenig zu weit ging. »Aber ich wünsche Euch von ganzem Herzen ein gesundes Kind und eine leichte, schnelle Geburt, Majestät.«
    »Es wird ein Junge.« In die Augen der Kaiserin hatte sich plötzlich ein ängstlicher Ausdruck geschlichen. »Ich weiß das so genau, denn ein Traum hat ihn mir bereits gezeigt: einen großen, kräftigen Sohn mit Friedrichs rotem Haar.«
    Der Kaiser räusperte sich. »Sie ist jedenfalls überglücklich, und ich bin es auch«, sagte er, während Diener damit begannen, die Speisen aufzutragen. Offenbar hatte vor Kurzem eine kaiserliche Jagd stattgefunden, denn aus den meisten Schüsseln und Platten stieg der Duft von Wild, was Hildegards empfindlicher Magen sofort registrierte. Sie würde sich auf die Regel des heiligen Benedikt berufen und die Speisen nur kosten, damit würde sie es sich mit

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