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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schier die Luft zum Atmen genommen hat. Doch ein braver Ritter hat alle gerettet, Otto von Wittelsbach, der tapfere Pfalzgraf, so war sein Name …« Der Rest des Satzes ging in zusammenhanglosem Gebrabbel unter.
    »Gab aber noch ganz andere Helden, das hab ich mit eigenen Augen gesehen.« Diese Stimme war jünger, frischer und nicht ganz so weinschwer. »Denn beinahe hätte es wenig später auch noch den Kaiservetter erwischt, den schwarzen Herzog Heinrich, der einen Schlag abbekam und über Bord ging. Bis zum Hals im Wasser hat er gesteckt, hat kaum noch schreien und strampeln können, weil er bald ganz starr vor Kälte war. Da sind zwei besonders Tapfere in die eiskalten Fluten der Etsch gesprungen und haben ihn gemeinsam rausgezogen, ein Ritter und sein junger Knappe, ein kühner Blondschopf namens Gero …«
    Theresa, gerade noch ein wenig schläfrig, war plötzlich hellwach. Ihr Herz begann wie wild zu schlagen, die Handflächen wurden feucht. Es kann nicht sein, sagte sie sich. Der Name ist nichts anderes als ein Zufall. Und blonde Jungen gibt es bestimmt Tausende im Heer. Wahrscheinlich ist Gero schon lange nicht mehr am Leben. Und wenn doch - wer weiß, wohin das Schicksal ihn inzwischen verschlagen hat?
    Auf einmal war das Bild des verschollenen Bruders wieder
ganz lebendig in ihr. Wie sehr sie ihn vermisste - all seine Unverschämtheiten waren längst vergessen.
    »Du brauchst neuen Wein?« Breitbeinig baute Hennel sich vor ihr auf. »Schon wieder alles leer getrunken? Hast du wenigstens das alte Fass dabei?«
    »Ja, oben. Und der Wein ist für Meline«, sagte Theresa, bevor er noch auf falsche Gedanken kam. »Du kennst diese Männer?« Sie wies zu den Zechern.
    »Strolche und Tagediebe«, sagte er wegwerfend. »Doch solange sie ihr Kupfer bei mir lassen, soll es mir gleichgültig sein. Zwei von ihnen waren angeblich Pferdeknechte und brüsten sich jetzt überall damit, im Tross des Kaisers über die Alpen und wieder zurück gezogen zu sein. Was willst du denn von ihnen?«
    »Nichts«, sagte sie schnell. »Diese kaiserlichen Pferdeknechte - sind das die beiden neben der Tür?«
    »Nein, das sind der Große, der sich so krumm hält, als hätte er etwas Falsches gegessen, und der Jüngere neben ihm mit der breiten Narbe.« Sein Blick bekam etwas Besorgtes. »Was mich angeht, so trau ich keinem von ihnen. Und du solltest das lieber auch nicht tun. Lass dich bloß nicht mit diesem Säuferpack ein, Mädchen!«
    »Tu ich schon nicht.« Sie lächelte. »Sind die beiden denn öfter bei dir?«
    »Schon möglich. Du willst doch etwas von ihnen!«
    »Schon möglich.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Trägst du mir jetzt erst einmal das schwere Fässchen nach oben, Hennel? Dann kannst du das leere gleich mitnehmen!«
    Bis sie dann allerdings endlich losziehen konnte, dauerte es noch eine ganze Weile, denn das Fässchen musste erst mit Seilen an den Streben des Leiterwagens befestigt werden, damit es unterwegs nicht herunterrollte. Mit gesenktem Kopf machte Theresa sich auf den Heimweg. Inzwischen
war es dunkel, und die Gassen von Mainz hatten sich bereits merklich geleert.
    Sollte sie wirklich noch das Rattengift beim Bader abholen? Seufzend entschloss sie sich dazu. Leider musste sie dafür bis zum Grabenbach traben, ein stattliches Stück durch die nahezu menschenleere Stadt. Sie hatte ungefähr zwei Drittel der Strecke bewältigt, als sie plötzlich Schritte hinter sich hörte. Unwillkürlich zog sie den Wagen schneller.
    Die Verfolger beschleunigten ebenfalls ihre Schritte.
    Zwei waren es, und offensichtlich nicht mehr ganz nüchtern, denn ihr Gang war unregelmäßig. Trotzdem schlossen sie immer näher zu ihr auf.
    Leiterwagen und Wein einfach stehen lassen und eilig das Weite suchen? Mit ihrer hinderlichen Last hatte sie kaum eine Möglichkeit zu entkommen. Ohnehin war es schon zu spät, um noch zu fliehen. Aus einem plötzlichen Impuls heraus blieb Theresa stehen und drehte sich um.
    »Was wollt ihr?«, rief sie. »Wieso schleicht ihr mir heimlich nach?«
    »Ja, ihre Augen sind wirklich wie Sterne, du hattest ganz recht.« Die Männer aus dem Weinkeller, jene laut prahlenden Pferdeknechte! Der eine war groß und ungeschlacht, der zweite jünger und sehnig.
    »Aber das darunter gefällt mir noch viel besser«, sagte der Große. Dreist stierte er auf ihre Brust, die sich unter dem dünnen Umhang hob und senkte, und er richtete seine Laterne auf sie, damit ihm bloß nichts entging.
    »Fang ruhig an!«, rief der mit

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