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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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ab.
    »Hundertvierundzwanzig bis hundertvierunddreißig Tage, würde ich schätzen. Etwa die Hälfte seiner Zeit bei dir.« Er fuhr sich über die Lippen und sah auf sie herab. »Wer ist der Vater, RaEm? Er hat ein Recht darauf, es zu erfahren.«
    Sie wollte sich aufsetzen und stöhnte sofort vor Schmerz. »Erst gestern, das heißt, wenn das gestern war, habe ich begriffen, daß ich ein Kind bekommen werde.« Die Worte kamen in einem Schwall, halb dahingeflüstert, gläsern und zittrig. »Bas-ha muß mich vergiftet haben, aber ich war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um das zu realisieren. Ich hatte Angst und war nervös, ohne eigentlich zu wissen, warum. Eine Vorahnung. Vielleicht hätte ich mir doch ein Horoskop legen lassen sollen.«
    Cheftu sah, wie die verschiedensten Gefühle über ihr Gesicht jagten. Als letztes blieb ein zu Herzen gehendes, trauriges Lächeln. Sie fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen und schluckte, während ihre Hände sich in den Leintüchern verkrampften. Er sah, wie sie sich auf die Unterlippe biß, und kämpfte gegen den unwillkürlichen Drang an, sie an seine Brust zu drücken und sie zu trösten.
    Langsam ließ sie sich auf das Kissen zurücksinken, mit einer Hand ihren Anhänger streichelnd, dann schlug sie beide Hände vor das Gesicht. RaEm gab keinen Laut von sich, doch ihre braunen, bandagierten Schultern begannen zu zittern.
    Überzeugt, daß sie ihr Kind betrauerte, wollte er sich davonschleichen, um ihre Erinnerung an das Ungeborene nicht zu stören. Er winkte die wartenden Apiru-Sklaven fort.
    »Cheftu«, flüsterte sie mit gebrochener Stimme, »bitte ...«, und damit streckte sie eine zitternde Hand nach ihm aus.
    Vorsichtig trat Cheftu an ihre Seite und ließ sich auf dem Rand ihrer Liege nieder. Er legte eine zärtliche Hand auf ihre Schulter. Und dann warf sie sich in seine Arme, die Beine angezogen, so daß sie halb auf seinem Schoß lag, den Kopf an seiner Brust geborgen.
    Cheftu war wie vom Donner gerührt. Wer war das? Zu weinen? In der Gegenwart eines anderen Menschen? Etwas jenseits von ihr Selbst sich so zu Herzen nehmen, daß sie deswegen weinte? Dies war eine ganze andere RaEm.
    Liebevoll strich er über ihr verklebtes schwarzes Haar, wiegte sie wie ein Kind, während seine Worte und seine Stimme in ihren herzzerreißenden Schluchzern untergingen. Die Paste auf ihrem Leib schweißte sie zusammen.
    Nur mit Mühe schaffte er es, sie durch die aufstoßenden Tränen hindurch zu verstehen. »Ich habe versprochen, es zu beschützen«, weinte sie. »Wie konnte ich nur so versagen? Erst gestern habe ich es begriffen. Wie konnte ich das nur tun?«
    Cheftu sank unter den Qualen in ihrer Stimme zusammen. »Süßer Mondstrahl, zur Liebe gehört auch Schmerz«, flüsterte er. »Der Gott wird dich beschützen. Keine Angst. Du wirst noch ein Kind bekommen. Asst. Dies hier war nur dein erstes.« Denn er wußte, wenn sie später einmal zwei erwachsene Kinder haben wollte, dann wäre dies hier nur die erste von zehn oder mehr Schwangerschaften. Das Leben war hart zu den Schwachen und Schutzlosen.
    So hielt er sie, eine in Schande gefallene, entstellte Priesterin, und fragte sich, wofür sie sich wohl entscheiden würde, wenn sie eine einzige Sache in ihrem Leben ändern könnte. Sie hätten dieses Kind gemeinsam zeugen können, dann wäre ihre Trauer nicht ganz so tief, denn er würde sie mit ihr teilen. Ihr Haar war völlig verfilzt, dennoch streichelte er es, über ihre Wechselhaftigkeit staunend. Stark und doch verletzlich.
    Hatte er RaEm je wirklich kennengelernt? Konnte er sie jetzt kennenlernen? Oder war es dafür zu spät?
    Später knabberte Cheftu an dem gebratenen Geflügel auf seinem Teller, in Gedanken immer noch bei der Wärme und Leidenschaft, die RaEm so unerwartet gezeigt hatte. Ehuru trat ein, doch Cheftu winkte ihn fort, denn er wollte mit seinen Gedanken allein sein. Ehuru rührte sich nicht vom Fleck.
    »Herr«, sagte er mit bebender Stimme.
    »Ja?« wollte Cheftu unwirsch wissen.
    »Er ist weg, Herr«, platzte Ehuru heraus. Cheftu sah, wie verkrampft die Miene des Alten war, wie beklommen er die Augen gesenkt hielt.
    Langsam und leise fragte Cheftu nach: »Wer ist weg?«
    »Der Köcher, Herr.«
    Sein Bauch krampfte sich zusammen und begann zu brennen. Die Papyri. Die Notizbücher. Das Wissen. »Seit wann?«
    »Ich weiß nicht, Herr. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit du nach Pi-Ramessa gereist bist.«
    »Fehlt sonst noch etwas?«
    »Nein!

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