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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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mir?
    Sie passierten erneut Abzweigungen, die im Neunziggradwinkel vom Hauptweg abbogen.
    Robert schaute auf seine Uhr.
    »Wir bewegen uns die ganze Zeit Richtung Süden und der Kilometerzähler zeigt von den letzten Abzweigungen bis hierher genau 541,4 Meter an. Ich glaube …«
    Er konnte nicht weitersprechen, denn David gab ein Geräusch von sich und rutschte in der nächsten Sekunde an der Tunnelwand nach unten.
    »Mein Fuß«, stöhnte er. »Er …«
    »Was ist?«
    »Es tut mir leid, aber … ich glaube, ich kann nicht mehr laufen.«
    Katie ging in die Knie und löste hektisch die Schnürsenkel seiner Boots.
    »Ich spüre ihn nicht mehr … und gleichzeitig fühlt er sich so schwer an, als klebten kiloweise Steine unter der Sohle.«
    Sie zog den Schuh heraus und streifte den Socken ab.
    Es war so untypisch für David. Er machte keine Anstalten, ihr zu helfen, sondern lehnte sich zurück und schloss die Augen. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und sein Gesicht hatte einen seltsam abwesenden Ausdruck angenommen.
    Katie starrte auf den nackten Fuß. Es konnte keine zwanzig Minuten her sein, seit sie die Pause auf der anderen Seite des Ganges gemacht hatten, aber trotzdem war seitdem eine Veränderung eingetreten. Die Kruste, die David eigentlich abgewaschen hatte, war zurückgekehrt. Sie hatte sich sogar ausgedehnt und zog sich nun von der Kniekehle bis hinunter zur Ferse.
    »Versuch mal, ihn zu bewegen.«
    David schüttelte den Kopf.
    »Robert?« Hilfe suchend sah Katie sich um, doch Julias Bruder reagierte nicht.
    Stattdessen hob er die Hände und legte sie an die Schläfen. Verwirrung war in seinem Blick zu lesen und ein Ausdruck von Schmerz flog über sein Gesicht.
    »Rob, hörst du mich?«
    Er bewegte sich leicht. »Ich wollte das nicht, David. Ich wollte es nicht. Ich dachte doch nicht …«
    »He, Robert, ist nicht deine Schuld«, versuchte sein Freund, ihn zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht.
    »Ich dachte, ich hätte eine Aufgabe zu lösen. Mich und euch … ich kann euch nicht retten, nur versuchen zu verstehen. Jeder hat seine Aufgabe im Tal. Solange wir sie nicht erfüllen, können wir es nicht verlassen. Wir können nicht hier oben bleiben und dürfen noch nicht gehen.«
    Resignation und Angst … nein, nicht Angst, eher Verzweiflung waren aus Roberts Stimme zu hören. Und das erinnerte Katie an Benjamin. Dieselbe Verzweiflung, dieselbe Panik, derselbe verwirrte Zustand.
    Hatte sie eben nicht noch gedacht, dass sie ruhig bleiben würde, solange Robert es war?
    »Ich kann es nicht«, fuhr Robert fort. »Ich kann nicht in die Zukunft sehen, ehrlich. Niemand kann das. Und ich will es nicht einmal, aber manchmal … ab und zu, da gibt es Situationen, in denen ich einfach weiß, was passieren muss. Es ist eine Frage der Logik, versteht ihr? Dann gibt es nur eine Richtung, den einen Ausweg, nur eine Lösung. Was hätte es zum Beispiel für einen Sinn gemacht, in einen der Seitenwege abzubiegen? Wir hätten eine Entscheidung treffen müssen. Rechts oder links. Es schien mir das Beste, geradeaus zu gehen.«
    David zog Strumpf und Schuh wieder über und rappelte sich auf. »Du hast sicher recht, Robert. Wir müssen geradeaus weitergehen. Ich werde es schon schaffen. Es ist nicht so schlimm.« Die Stimme war die des alten Davids, aber sein Gesichtsausdruck strafte seine Worte Lügen.
    Und Robert ließ sich nicht täuschen. Seine Augen waren weit in die Ferne gerichtet, als er flüsterte: »Könnt ihr euch erinnern, was er damals zu mir gesagt hat?«
    »Wer?«
    »Der Duke.«
    Katie zuckte zusammen und zwang sich, ruhig zu fragen: »Was hat er denn gesagt, Rob?«
    Robert schluckte. Seine Augen hinter der Brille waren plötzlich riesengroß. »Es passiert, was passieren muss. Und dass ich das Schicksal nicht stoppen kann.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Er hatte recht, Katie. Aber versteht ihr nicht, ich kann einfach nicht aufhören, es zu versuchen.«

Grace Dossier
    Aufzeichnungen aus Franks Notizbuch
    (09. September1974)
    Ich lege mich auf die Wiese, schließe die Augen und strecke die Arme aus.
    Der Mond lässt sein Gelb herunterrieseln, und als es unten ankommt, sind es lauter Töne.
    Button, oh button, where is my button.
    Falsch. Falsch. Falsch.
    Der Text macht keinen Sinn, aber er geht mir nicht aus dem Kopf.
    Ich höre Kathleen lachen.
    Eliza und Mark flüstern miteinander und Grace tanzt um das Feuer. Es ist von mehreren Kreisen aus rotbraunen Steinen eingefasst, die alle aussehen wie

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