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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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einzelnen Atemzugs; das milchige Glas war zerbrochen, der Nebel hatte sich aufgelöst. Seit dem Augenblick, in dem sie die Lanze mit dem roten Banner in der Hand gespürt hatte, hatte sich der Tod von ihr zurückgezogen. Sie war wahrhaftig wiedergeboren.
    Als die Kellnerin auf Bramble stieß, drängte sie diese dazu, in den Aufenthaltsraum zurückzukehren. »Der Kriegsherr ist hier! Komm, komm, lass ihn nicht warten, es ist eine Ehre«, sagte sie und zupfte ihr leise tadelnd Stroh von den Kleidern. Sie schob Bramble zur Feuerstelle, wo der Kriegsherr stand, den besten Krug des Gasthofs in der Hand haltend.
    Thegan war ein hochgewachsener Mann mit gelbbraunem Haar und kornblumenblauen Augen, einem entschlossenen Mund und großen, starken Händen. Er war in Dunkelbraun gekleidet, einer guten, zweckdienlichen Farbe, die erst durch Schnitt und Flor des Stoffes sowie durch das in Gold auf seine Schulter gestickte Emblem, ein mit einem Schwert gekreuzter Speer, luxuriös wurde. Er lachte gerade über etwas, was einer seiner Männer gesagt hatte, und sein Gesicht spiegelte dabei sein Vergnügen wider. Bramble verstand, warum die Kellnerin in der Hoffnung, dass er sie bemerkte,
errötete und herumzappelte. Er sah so gut aus, dass jede Frau errötet wäre.
    Schließlich richtete er seinen Blick auf Bramble, und sie sah, ohne dass sie dies überrascht hätte, dass seine Augen hinter der fröhlichen Fassade kalt wie Stein waren. Tiefe Falten zogen sich von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln. Es war das Gesicht eines Mannes mit starkem Willen, der diesen strikt unter Kontrolle hielt. Und mit harten Augen.
    Eine Frau trat vor und stellte sich neben ihn. Es war eine Lady. Das konnte nur Sorn sein, die Dame des Kriegsherrn. Sie sah aus wie ein Herbstbild auf einem Wandteppich, hatte volles, rötlich braunes Haar und grüne Augen und trug ein dunkelgrünes Kleid mit einer bestickten Bordüre aus weinroten Blättern an Saum, Kragen und Ärmeln. Ihre helle Haut war feinporig und zart und an Schläfen und Handgelenk so dünn, dass blaue Äderchen zu sehen waren. Eine hübsche Frau, dachte Bramble, umhüllt von Weiblichkeit und selbstsicherer Anmut. Nur die Nase war fehl am Platz, weil sie die gerade Nase eines Mannes war und ihrem Gesicht zwar Stärke verlieh, es aber ein wenig schief wirken ließ. Jung war sie - viel jünger als Thegan. Verkauft an den Meistbietenden, höchstwahrscheinlich. Sie lächelte die Frau freundlich an, und Sorn erwiderte ihr Lächeln.
    »Das ist also unsere wiedergeborene Jagdbeute«, sagte Thegan. Beifall brandete in dem Zimmer auf, woraufhin sich sein Lächeln noch verbreiterte. »Das war gut gemacht.«
    Bestimmt wurde nun von ihr erwartet, dass sie einen Knicks machte, rot wurde und ihn »Lord« nannte. Bramble wusste gar nicht, wie man einen Knicks machte, und sie würde es auch nicht lernen. »Danke«, sagte sie.
    Seine Augen verengten sich. Er zeigte die gleiche Reaktion wie der Mann des Kriegsherrn, den sie getötet hatte. Mit
einem Unterschied. Der Mann des Kriegsherrn hatte sich nicht unter Kontrolle gehabt; dieser Mann hatte dies sehr wohl, und das machte ihn gefährlich.
    »Das war ein gutes Rennen«, sagte er, um sie aus der Reserve zu locken. Neben ihm verharrte Sorn reglos und beobachtete Bramble dabei genau.
    Bramble nickte. »Es hat mir gefallen.«
    Sie starrten sich noch einen Moment an und wurden sich ihrer auf Gegenseitigkeit beruhendenden Feindschaft bewusst. Sorn biss sich auf die Lippen, als wolle sie ein Lächeln unterdrücken. Dann kam der Gastwirt mit einem Tablett Getränke und Essen, schob sich zwischen die beiden und durchbrach das eisige Schweigen. Ist mir nur recht, dachte Bramble, während sie wieder hinaus zu den Ställen ging und die anderen sich um die Getränke scharten. Es hätte zu keinem guten Ende geführt.
    Gorham und Maude hatten es sich in einer Ecke bequem gemacht und sprachen mit einer Gruppe von Rennbegeisterten. Als sie vorbeiging, erhob er sein Glas, und sie lächelten einander beglückwünschend an. Die Geste half Bramble, ihr Unbehagen abzuschütteln, das die Begegnung mit Thegan bei ihr hinterlassen hatte. Sie schlüpfte in den Stall und drückte ihre Wange gegen die Flanke des Rotschimmels. Sie strotzte vor Glück, und ihm ging es genauso, das spürte sie. Er spitzte die Ohren, als vernehme er erneut das Gejubel der Zuschauer, und er schnaubte, als wolle er aufs Neue an einem Rennen teilnehmen.
    Sie tätschelte ihn, gab ihm Möhren zu fressen und versprach

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