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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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es vor mir. Es war eine wunderschöne Vorstellung. Denn zweifellos waren die Kriegsherren zu sehr auf ihr eigenes Wohl bedacht und nahmen nicht viel Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Leute. Wenn es nun einen Oberherrn gab, der die Gesetze festlegte und dafür sorgte, dass sie auch eingehalten wurden, dann konnte das für die kleinen Leute eine gute Sache werden.
    Mein Alston sagte, Thegans Sohn Gabra in der Cliff Domain sei nicht stark genug, um das Land nach Thegans Tod zusammenzuhalten, doch die Kinder von Thegan und Sorn würden von Geburt an so erzogen, dass sie ihre Bestimmung kannten, und der Sohn von Thegan und Sorn würde Thegans Nachfolger als Oberherr. Dann verpflichtete er mich zur Verschwiegenheit, denn es gab Spione aus den anderen Domänen, die unsere Feinde waren, und niemand sollte genau erfahren, was der Herr vorhatte. Ich war so stolz, dass Alston einer der Vertrauten meines Herrn war. Als Dank dafür übergab ich den Göttern an jenem Abend eine Locke, und als meine Dame mich fragte, warum ich dies tat, erzählte ich es ihr, denn natürlich konnte Alston ja nicht gemeint haben, ein solches Geheimnis vor meiner Dame zu bewahren.
    »Alle Domänen, Faina?«, fragte sie leise. »Wie will er das denn erreichen? Er hat doch gar keine Briefe verschickt, um eine Ratsversammlung einzuberufen.«
    Es waren zwanzig Jahre seit der letzten gemeinsamen beratenden Versammlung der Kriegsherren vergangen, seit dem letzten Überfall auf die Cliff Domain durch den Eiskönig, bei der sich alle bereiterklärt hatten, Soldaten zu entsenden, um die Eiskrieger zurückzuschlagen. Lord Thegan war einer der Anführer dieses Feldzugs gewesen, gemeinsam
mit seinem Vater und seinem Bruder, und er war der Tapferste von allen gewesen. Deshalb verehren ihn seine Männer so, sagt Alston. Er war in der Schlacht so voller Energie, aber sehr umsichtig, wenn es um das Leben seiner Männer ging. Ein wahrer Führer, sagt mein Alston.
    Im Rückblick hat sich Lady Sorn verändert, seit ich es ihr erzählt habe. Sie hat aufgehört, ihn mit diesem verwirrten, schüchternen Blick anzuschauen. Ich wusste, was diese Miene zu bedeuten hatte. Ich hatte sie in seinem Bett stöhnen gehört, schreien und manchmal auch weinen, aber das war kein Weinen, das Trost bedurft hätte. Denn noch wochenlang nach der Hochzeit schlich er herum wie eine Katze in einer Molkerei, und sie schmolz mit sanften Augen dahin, wie eine frischvermählte Frau es tun sollte, aber selten tut. Vielleicht kam das Erwachen zu früh, denn später ärgerte sie sich darüber, dass ihr Körper sie betrogen hatte, dass, wenn er sie in sein Bett rief, sie wider besseres Wissen zu ihm ging, trotz ihres Verdachts und trotz ihres Misstrauens.
    »Ich bin wie eine läufige Hündin«, sagte sie eines Morgens auf dem Rückweg vom Felsaltar bitter zu mir, ein paar Wochen, nachdem ich ihr von Lord Thegans Plänen berichtet hatte. »Wenn er mit den Fingern schnippt, komme ich angelaufen. Und die Dinge, die er mit mir macht …« Sie vergrub das Gesicht in den Händen, doch ich sah, dass es vor Scham glühte. »Die Dinge, die ich mit ihm mache …«, flüsterte sie.
    »Aber meine Dame, er ist doch Euer Gatte«, tröstete ich sie. »Die Götter erlegen es uns auf, unseren Gatten treu zu bleiben und Gefallen an ihnen zu finden.«
    »Aber nicht so«, sagte sie leise, hob dann den Kopf und warf ihr Haar zurück. »Nun, meinen Körper mag er haben, aber meinen Geist wird er nicht bekommen. Und dass er
meinen Körper bekommt, wird vielleicht jeden Verdacht mir gegenüber zerstreuen. Er wird seine Oberherrschaft auf den Leichen von Unschuldigen aufbauen, Faina, und das können die Götter nicht gutheißen.«
    Ich gebe zu, in diesem Augenblick war ich voller Zweifel. Wenn mein Lord Thegan von den Göttern geleitet wurde, dann sollte meine Lady ihm nicht misstrauen. Und auch nicht gegen ihn arbeiten. Einen Augenblick dachte ich, ich sollte meinem Alston erzählen, dass meine Lady seinem Herrn misstraute, doch dann sagte mir eine innere Stimme, nein, sie hat mir dies erzählt, damit es nur die Götter hören. Den Göttern sei Dank, dass ich nichts verrate habe!
    Die Kriegsvorbereitungen begannen, indem der Schmied Tag und Nacht arbeitete, auch wenn nichts öffentlich verkündet wurde. Mein Lord kaufte nach und nach alle Pferde auf, derer er habhaft werden konnte, oder nahm sie anstelle von Steuern, wenn er sie nicht kaufen konnte. Und meine Lady fing an, täglich durch alle Höfe und Gebäude der

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