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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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wollten, mit unbeschwerter Lust, einem Gekicher hinten in einer Scheune und einem »Wind in deinem Rücken!« am nächsten Tag als Verabschiedung. Nein, ich wollte Gorham so, wie der winterliche Wind hereindrängt, wenn er ächzend durch die Risse und Spalten dringt und an der Fensterscheibe rüttelt. Ich begriff, dass er nach vielleicht einer Woche in Carlion zu seinem nächsten Einjährigen aufbrechen würde und an den langen Winterabenden vielleicht mit einem Lächeln an mich denken würde. Vielleicht aber auch nicht.
    »Oh, der ist ja über beide Ohren in dich verliebt«, sagte Rumer und stupste mich, während ich mich für eine Vorstellung dehnte und aufwärmte, gegen die Schulter, sodass ich umfiel. »Wie ist er denn so, hä?«
    Ich schüttelte nur den Kopf und wurde rot, aber das reichte schon, um Rawnie und Rumer zum Kichern zu bringen. Sie machten mit den Übungen weiter. Um die Wahrheit zu sagen, wusste ich gar nicht, wie er war, denn ich hatte mit Gorham ein neckisches, abwartendes Spiel gespielt, wohl wissend, dass es eine Frage von Leben und Tod für mich war, ihn ein paar Tage länger in Carlion zu halten. Mir war klar, dass die Jungen häufig nur ihren Spaß bekamen und dann verschwanden.
    Also ging ich zur Steinedeuterin, aber nicht wegen einer Deutung.
    »Ich will einen Zauberspruch«, sagte ich, mein hart verdientes Silbergeld mit der Hand umklammernd.
    Die Steinedeuterin lachte. »Damit sich ein junger Mann in dich verliebt«, sagte sie mit Bestimmtheit. Sie hatte eine merkwürdige Stimme, fest und präzise, nicht in dem singenden
Tonfall einer Wandrerin, aber auch nicht in dem schnarrenden Tonfall einer Stadtbewohnerin.
    »Ja«, sagte ich, ohne mich zu schämen. »Ich will Liebe und Verlangen, absolute Gewissheit und kein Nachlassen.«
    »Wollen wir das denn nicht alle?« Ihre Stimme war spöttisch und hatte einen schmerzerfüllten Unterton. »Aber hier wirst du das alles nicht finden, Mädchen. Der Gerber wird dir helfen - wenn man das Hilfe nennen kann. An der Lederstraße, wo der Wacholderbusch wächst.«
    Ich nickte und machte Anstalten, aufzustehen, doch die Steinedeuterin hielt mich auf.
    »Warte. Du interessierst mich, Mädchen. Schauen wir mal, was die Steine dir zu sagen haben. Ohne Berechnung.« Sie lachte erneut bitter, holte fünf Steine aus dem Beutel und warf sie auf die Decke. Mit lebhaftem Interesse sah ich zu, wie sie fielen. »Alle mit der Stirnseite nach unten«, sagte die Frau. »Ungewöhnlich.« Nun war ihr das Lachen vergangen. Ihr Blick war ernst, und sie schürzte die Lippen. Sie drehte die Steine um, einen nach dem anderen. »Magie - da hast du deinen Zauber, Mädchen. Und Schmerz. Silber. Kinder. Kälte.« Sie schwieg einen Moment. Dann schaute sie mit ihren dunklen Augen zu mir auf. »Ein zweischneidiges Schwert bekommst du da mit deinem Zauber, und alles mit der Stirnseite nach unten, was geheim bedeutet.«
    »Ja«, sagte ich. »Geheim und sicher. Silber und Kinder.«
    »Schmerz und Kälte.«
    »Nichts ist ohne Schmerz, das weiß man ja. Kälte … na ja, mit genug Silber kann man sich gegen Kälte schützen. Das kommt mir schon zupass.«
    Die Steinedeuterin runzelte die Stirn und schaute mir mit unheilvoller Miene hinterher, aber ich nahm es gelassen hin. Gorham wollte ich haben, und Gorham würde ich auch bekommen.

    Der Gerber war geschäftsmäßiger und wesentlich weniger freundlich. Er stank nach seiner Gerberei, und sein Zauberpulver stank sogar noch mehr.
    »Gib es dem jungen Mann in den Tee, und zuckere diesen dann gut«, sagte er. »Wenn du ihn an seinem Bein betatschst, während er trinkt, wird er es gar nicht mitbekommen.« Er kicherte in sich hinein, und als er es mir überreichte, streifte er mit seiner Hand meinen Busen. »Hoffentlich behandelst du ihn auch gut«, sagte er. »Das Zeug hier bindet ihn an dich, solange er lebt, da gibt es kein Vertun.«
    »Das sollte es lieber auch«, fauchte ich ihn an. »Kosten tut es schließlich genug.«
    Gorham kippte es hinunter wie süßen Apfelwein, während ich mit der Hand an seinem Bein emporglitt und ihm ins Ohr flüsterte. Er durfte auf dem Heuboden eines Mietstalls übernachten, als Gegenleistung für Striegeln und das Reinigen von Sattel- und Zaumzeug. Später an jenem Abend kuschelten wir uns ins Heu, und ich öffnete meinen Körper und meine Seele für ihn. Endlich war ich mir seiner sicher. Denn es bestand kein Zweifel daran, dass seine Augen wärmer auf mir ruhten als je zuvor, seine Hände drängender

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