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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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klapprigen Stall und ein paar Weiden, wo man die Pferde zureiten konnte.
Tinsleys Witwe zog mit ihrer Schwester ein, und die Stadtmenschen signalisierten Zustimmung. In Pless waren wir im Laufe der Jahre nicht allzu häufig gewesen, und es war klar, dass die meisten dort angesichts unserer gutbürgerlichen Kleidung und unseres soliden Wagens nicht wussten, dass wir Wanderer waren. Man hielt uns für Handwerker, und darüber war ich erfreut, da ich nicht den Wunsch verspürte, geringschätzig angesehen zu werden. Denn Wanderer werden verachtet, man misstraut ihnen, und das ist nicht gut für das Geschäft. Wir konnten mittlerweile so reden wie die Leute aus der Stadt, hatten dies zunächst aus Spaß getan, zum Schein, aber nun war es echt. Ich ließ Gorham keine Ruhe, bis er sich bereiterklärte, die Wanderersprache abzulegen. Ich rechnete damit, in diesem soliden Cottage mit meinem Dreifuß, meinem Schrank und meinen an Haken über dem Feuer hängenden Töpfen und Pfannen so glücklich zu sein wie nie zuvor. Soweit Feuer, sauberes Wasser und ein weiches Bett mich glücklich machen konnten, war ich dies auch. Aber Gorham fehlte viel zu häufig an diesem Feuer. Zuerst begriff ich es nicht, hatte es doch den Anschein gehabt, als wolle er diesen Umzug so sehr wie ich auch.
    »Schau mich an, Liebster«, sagte ich eines Abends im Bett zu ihm, als er ausnahmsweise einmal zu früher Stunde zu Hause war. Doch er wandte das Gesicht von mir ab, als könne ich dort etwas Unangenehmes erkennen. Ich beließ es dabei, aber mir lief ein Schauder den Rücken hinunter, und mein Herz hämmerte. In jener Nacht lag ich lange wach, und als ich wieder aufwachte, war er verschwunden.
    Im Licht der morgendlichen Dämmerung trat ich auf den Hof hinaus, um ihn bei seiner Arbeit mit einem neuen Zweijährigen zu beobachten und stellte fest, dass er dabei summte. Er grinste mich an, duckte den Kopf aber weg. Zu
spät. Dieses Lächeln war anders als alles, was er mir je geschenkt hatte.
    Natürlich war es eine Frau auf dem Markt, die es mir erzählte, die schmächtige Fischhändlerin mit den hervorstehenden Zähnen. »Zu deinem eigenen Besten solltest du es erfahren«, sagte sie. Gorham hatte eine Geliebte.
    Sie hieß Maude und war Näherin für den Stoffhändler, eine von Actons Leuten mit blondem Haar und blauen Augen. Sie war nicht einmal jünger als ich, sondern ein oder zwei Jahre älter. Bis dahin sei sie ehrbar gewesen, erzählte die Fischhändlerin, doch nun habe es in ganz Pless die Runde gemacht, und das sei auch kein Wunder, so schamlos wie die beiden miteinander umgingen, im Spätsommer noch bis nach Einbruch der Dunkelheit im Gasthof lachten und dann unverfroren, ganz wie es ihnen gefiel, zu ihrem Cottage zurückspazierten.
    Ich glaubte es sofort. Ohne sich Gedanken über die Folgen zu machen, würde Gorham lachen und sich das holen, was er wollte, genau wie er es bei mir getan hatte. Wenn er an meinem Tisch aß und während er schlief, suchte ich sein Gesicht ab. Er hatte sein Verhalten mir gegenüber verändert. Ob der Zauber nachließ? Oder schlimmer noch, hatte der Zauber nie gewirkt? War Gorhams Liebe die ganze Zeit über echt gewesen? Hatte ich eine Lüge gesehen, obwohl er mir die Wahrheit gezeigt hatte? Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich seine Liebe dann bewahren und etwas dafür tun können, statt zu glauben, sie sei durch den Zauber sicher mein?
    Wut erfüllte mich … auf den Gerber, auf die Steinedeuterin, die mich zu diesem geschickt hatte, auf mich selbst in frühen Jahren, weil ich so närrisch gewesen war, bereitwillig zu glauben, auf Gorham, weil er es mich all diese Jahre nicht hatte erkennen lassen, dass ich wirklich im Mittelpunkt
seines Herzens war, wo heute Maude stand. Ich hatte eine Mordswut, hielt sie jedoch zurück. Dumm war ich nicht. Ohne Gorham blieb mir gar nichts, kein Haus, kein Essen, kein Feuer. Ohne Gorham landete ich wieder auf der Wanderschaft, wieder in den schlimmen Wintern. Dafür war ich zu alt.
    Gorham erwähnte Maudes Namen nie, und ich tat es auch nicht. Ohne ein Wort zu sagen, nahm ich seine nächtliche Abwesenheit hin. Wenn er gelegentlich nachts nach mir griff, gab ich mich ihm sogar hin, zögernd und im Glauben, er werde vielleicht eines Tages seiner Geliebten überdrüssig und wieder ganz zu Hause wohnen. Das wünschte ich mir von ihm, wollte eine zweite Chance, wollte, dass er mich wirklich und wahrhaftig liebte.
    Doch es war zu spät. Dabei ging es uns so gut, dass wir weitere

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