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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Fohlen den Geburtskanal hinab auf das Stroh, und ihre ganze Aufmerksamkeit wurde in Anspruch genommen.
    Ein wenig später fuhr Gorham fort, als habe es keine Unterbrechung gegeben. »Wie wirst du ihn nennen?«
    Bramble brauchte eine Weile, bis sie begriffen hatte, was er meinte. »Wie ich ihn nenne? Den Rotschimmel, denke ich.«
    »Du kannst einen Teilnehmer an den Jagdrennen nicht ›der Rotschimmel‹ nennen.« Energisch schüttelte er den Kopf.
    Sie lächelte ihn an. »Tja, dann suche du einen Namen aus.«
    Er zog an seiner Lippe. So etwas hatte er immer schon tun wollen, einen Steepler taufen. Er hatte schon alle möglichen Namen ausgewählt, Gorham’s Pride, Gorham’s Mane, Silverfleet (ausgesucht, als er noch sehr jung und romantisch war, erinnerte er sich kichernd). Aber ein Pferd für einen anderen zu taufen, war eine große Verantwortung. Er schaute Bramble an, ihre dunklen Augen und ihr lockiges, schwarzes Haar, ihre braungebrannte Haut und ihr schiefes Lächeln.
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Wie wär’s mit Thorn?«, sagte
er. Sie brach in Lachen aus und wollte gar nicht mehr damit aufhören.
    »Bramble, der Brombeerstrauch, auf Thorn, dem Dorn«, stimmte sie ihm zu, immer noch kichernd, während sie zu dem Cottage zurückkehrten. An der Tür blieb sie stehen. »Aber sein richtiger Name ist das nicht.«
    Gorham nickte. »Nicht hier auf diesem Grund«, sagte er, und sie nickte ihm in stummer Übereinkunft zu.
    Sie hatte nie das Gefühl gehabt, dem Rotschimmel einen Namen geben zu dürfen. Vielleicht lag dies daran, dass er durch Tod zu ihr gekommen war oder weil sie ihm ihr Leben verdankte. Wahrscheinlicher aber war es deshalb, weil er in ihrer Vorstellung keinen Namen benötigte. Er war das Pferd, und die anderen brauchten Namen, weil sie es nicht waren. Außerdem hatte es etwas mit seinem Naturell zu tun, seinem Feingefühl gegenüber ihren Gedanken und mit seinem Mut. Es hatte mit all den Gründen zu tun, weshalb sie davon überzeugt war, dass sie gewinnen würden.

    Sie reisten zwei Tage vor dem Rennen an, um dem Rotschimmel Zeit zum Ausruhen zu geben. Gorham hatte das Pferd für das erste mögliche Jagdrennen der Saison angemeldet. Bei einem der wichtigen Rennen würde er erst starten dürfen, wenn er mindestens eines gewonnen hatte. Es fand in Sendat statt, weiter nördlich in der Central Domain.
    Auch Maude, Gorhams Geliebte, kam mit. Die Tatsache, dass er eine Geliebte hatte, war das Einzige, was Bramble an Gorham missfiel. Nicht, dass er versuchte, es zu verbergen - die ganze Stadt wusste davon. Aber nachdem sie es mit Osyth zu tun bekommen hatte, war Bramble ein wenig versöhnlicher mit Gorham, als sie es andernfalls gewesen wäre.

    Maude kam zu Beginn der Reise nach Sendat auf Bramble zu und meinte, sie sei nicht geneigt, Gorham allein gehen zu lassen. »Nicht, weil ich misstrauisch wäre, Mädchen«, sagte sie fröhlich. »Ich mag einfach den Ausflug.«
    Bramble lächelte sie an. Man musste Maude einfach mögen, der ihr großzügiges Wesen so ins Gesicht geschrieben stand, wie Osyth ihren Geiz pflegte. Trotzdem, dachte Bramble, ich würde mir das nicht bieten lassen. Bei mir würde kein Mann mit einer Geliebten davonziehen und trotzdem mich haben, zu der er nach Hause kommen kann.
    Sie übernachteten in einem komfortablen Gasthof in der Stadtmitte. Die Zimmer waren hell und dufteten nach Zitrone, dennoch beschloss Bramble, im Stall zu schlafen. Am Nachmittag ging sie durch die Stadt zum Rennplatz. Sendat lag an einen hohen Hügel geschmiegt, der wie gewöhnlich von der Festung des einheimischen Kriegsherrn überragt wurde. Am Fuß des Hügels, wo der Gestank keinen Anstoß bei den Bewohnern der Festung erregen würde, befand sich der Richtplatz. Statt nur eines Galgens hatte dieser Kriegsherr gleich drei errichten lassen, daneben das Schafott und die Steinpresse. Sie waren alle belegt und die Leichen erst ein paar Tage alt. Sie wiesen die offenkundigen Merkmale von Folter auf, Verbrennungen, Knochenbrüche, Verletzungen, die nicht mehr hatten heilen können. Bramble fragte sich, ob der Kriegsherr das Frühlingsrennen dazu benutzte, um Stärke zu demonstrieren; die Galgen legten Zeugnis ab von Macht und Kontrolle.
    Der Kriegsherr hieß Thegan, wie Actons Sohn geheißen hatte. Ob es sich um seinen richtigen Namen handelte oder um einen, den er angenommen hatte, vermochte niemand zu sagen. Thegan war ein neuer Kriegsherr, stammte aus dem kalten Norden und hatte, wie ein Einheimischer ihnen

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