Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
ihre Beine an den Oberkörper und umschloss sie mit ihren Händen. Peinlich berührt blickte Jason zur Seite. Hatten sie seine Blicke gestört? Doch Shalyna legte ihren Kopf auf die Knie und schien ihre Umgebung gar nicht zu bemerken.
Jason sah zu Rhodon hinüber. Der Zwerg beobachtete Callum und Nickala, die sich mit Hauptmann Meilon absprachen. Callum bot Nickala gerade seine Glückspastillen an und lächelte dabei wieder mal übers ganze Gesicht. Rhodon verzog abschätzig seinen Mund und schrieb kopfschüttelnd etwas in sein kleines Büchlein, das er dafür halb schräg in das Licht des Lagerfeuers halten musste.
„Vor rund 500 Jahren nutzte König Dervenon von Taman einen Lichtersturm für einen Überfall auf das Nachbarkönigreich Ruen“, begann Shalyna. Das Licht der Flammen tanzte auf ihren Lippen. „In blindem Hass suchte er Vergeltung für den Tod seines geliebten, nur fünf Jahre alt gewordenen Sohnes Ridan. Dieser war einige Tage zuvor bei einem Freundschaftsbesuch seiner Familie im Land Ruen von einer Burgmauer in einen Krokodilgraben gefallen. Ein Täter konnte zunächst nicht ermittelt werden.
Der König von Ruen, Treuvon, wollte zuerst die Angelegenheit unter den Tisch fallen lassen. Der Verdacht fiel nämlich auf dessen eigenen Sohn Raspatin, der den ganzen Tag über mit dem kleinen Ridan herumgetollt hatte. König Dervenon war außer sich vor Wut und Schmerz, als er von diesem Vertuschungsversuch hörte.“ Ihre Worte plätscherten in Jasons Ohren wie der quirlige Lauf eines Baches über Felsgestein.
Shalynas Augen schlossen sich etwas, als sie mit trauriger Stimme weitererzählte. „Es kam, wie es bei Blutsrache immer kommt. König Dervenon nutzte den Schutz des Lichtersturms, um unbehelligt in die Hauptstadt von Ruen einzufallen. Auf seinem Weg zur Königsburg schossen seine Männer Brandpfeile in alle Häuser, an denen sie vorüberritten. Sie trafen auf keinen Widerstand, da sich in dem Sturm alle Soldaten und Wächter in ihre Aufenthaltsräume zurückgezogen hatten. Erst vor der Burg stieß der wütende König auf Gegenwehr und musste seinen Rachefeldzug abbrechen. Sein eigentliches Ziel, den Tod des vermeintlichen Mörders Raspatin, erreichte er nicht. Stattdessen brannte er die halbe Hauptstadt von Ruen trotz des prasselnden Regens bis auf die Sinithmauern nieder. Nur um der Rache wegen.“ Shalyna richtete ihre schwarzen Augen auf Jason. „Wir kennen viele Geschichten über den Lichtersturm, eine ist schlimmer als die andere.“
Jason erwiderte den Blick und fühlte sich mit Shalyna verbunden. Würde es nach ihm gehen, hätte das Gewitter dort draußen noch tagelang weitertoben können. Er wäre hier sitzen geblieben, hätte weiter ihren Erzählungen gelauscht und genossen, wie sich der Feuerschein im Glanz ihrer Haare spiegelte.
Doch leider setzte sich Nickala zu ihnen. „Na, erzählt Shaly wieder eine ihrer Geschichten? Du scheinst ja völlig in Trance zu sein, Jason.“
Shalyna richtete sich auf. „Hi Nick. Schön, dass du dich auch mal von Callum lösen kannst.“ Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: „Läuft da was?“
Jetzt stocherte Jason im Feuer herum und tat so, als wäre er ganz woanders.
Nickala winkte ab. „Ich bin immer noch mitIsut zusammen.“
„Ja, aber nicht glücklich“, beharrte Shalyna.
„Ach Shalyna, was weißt du schon. Man kann nicht immer superglücklich in einer Beziehung sein. Man muss ...“
Callum trat zu ihnen und Nickala verstummte. Er hatte seine Besprechung mit dem Anführer der Soldaten beendet. Der Meisterschüler verkündete: „Wir bereiten unser Lager und übernachten hier. Die Wachen werden von Hauptmann Meilon eingeteilt. Es macht keinen Sinn, heute weiterzureiten. Wir starten morgen in aller Frühe.“
Shalyna nickte abwesend und holte ihre Sachen vom Pferd. Jason blickte ihr hinterher und hätte zu gerne gewusst, was sie daran hinderte, Lehrerin zu werden. Oder was mit Nickala und Callum lief. Schulterzuckend wendete er sich zu seinen Satteltaschen und nahm seine tägliche Ration Goldwasser zu sich. Er leerte dabei die zweite Flasche seines knappen Vorrates. Zwei weitere Flaschen blieben noch übrig.
***
Am nächsten Morgen fühlte sich Jason wie gerädert. Seine Decke hatte die Härte des Felsgesteins unter ihm kaum gemildert. Er war sich sicher, dass sein Körper voller blauer Flecke sein musste. Doch er wollte es hier nicht vor allen überprüfen.
Noch halb in Schlafstellung sah er vor sich ein Häufchen Steine
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