Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
von welcher Prüfung sprichst du?“
Auch Shalyna strahlte ihn an. „Callum spielt auf den Tramontest an. Früher, vor Beginn des ersten Krieges, 15 Jahre ist das jetzt her, gab es diesen Test gar nicht. Er prüft, ob ein Limartaspirant auch unter Gefahr seine Konzentration aufrecht erhalten und das Limar steuern kann. Man hatte nämlich feststellen müssen, dass viele Limarten unter dem Schrecken des Kampfes vollkommen kopflos wurden und die einfachsten Dinge nicht mehr zustande brachten.“
Callum ergänzte: „Normalerweise ist das ja auch nicht so wichtig für die Entwicklung eines Limarten.“ Er fiel ins Dozieren: „Unser großes Ziel liegt in der Befreiung von den Fesseln der Materie. Die Erkennung unseres wahren Selbst, was aus Sein, Bewusstsein und Glück besteht. ‘Sat Chit Ananda‘, wie die Yogis bei euch auf der Erde sagen. Dazu muss man nicht unter Gefahr seine innere Sammlung aufrechterhalten können. Ständige Achtsamkeit, regelmäßige Konzentration und körperliche Festigung sind da wesentlich hilfreicher. Von daher sahen die Prüfungen für Limarten vor dem Krieg ganz anders aus, zumindest für diejenigen, welche den Pfad zur Erleuchtung gehen wollten.“
„Wir scheinen gerade andere Sorgen zu haben, oder?“, bemerkte Rhodon trocken.
Callum grinste matt. „Ja, leider wahr. Nichtsdestotrotz ist es ein Grund zum Feiern. Das war echt stark, was du da eben vollbracht hast, Jason. In dir steckt wahrlich Talent. Deine jahrelangen Zirkusauftritte werden die Basis dafür gelegt haben. Vor vielen Menschen aufzutreten ist ja auch so etwas wie eine Gefahr.“
Jason kratzte sich verlegen am Ohr. Er freute sich sehr über das Lob.
„Aber nun zu dir, Shaly“, fing Callum an.
„Ja, was war das denn?“, ergänzte Nickala.
Jason hob erstaunt den Kopf.
Nickala klärte ihn auf: „Bisher brauchte Shaly immer irgendwas, das sie erhitzen konnte, ein Trägermedium. Eben konnte sie zum ersten Mal einfach so einen Feuerstrahl durch die Luft schießen.“
Shalyna strahlte voller Freude: „Ich weiß auch nicht.“ Sie grinste über das ganze Gesicht. „Auf einmal krieg ich´s hin.“
Sie drehte ihre Handfläche nach oben. Eine kleine Feuersäule hob sich senkrecht daraus empor.
Rhodon erhob sich: „Shalyna, du kannst bei mir in der Schmiede anfangen. Aber nun genug der Lobhudelei. Wir sollten zusehen, dass wir Tenia erreichen. Wenn es dunkel wird, möchte ich nicht im Ingadiland umherirren.“
Da stimmten ihm alle zu. Sie kraxelten die Dünen weiter zur Spitze und blickten sich um. Zu ihrer Freude entdeckten sie östlich, nicht weit entfernt, eine Turmspitze.
„Rangni hatte gut gezielt. Hinter dem alten Haudegen steckte ein großer Seemann.“ Rhodon wendete sich Richtung Meer und legte die Hand vor die Brust. Schweigend ließ er sich von der Meeresbrise den Bart um den Kopf wehen.
Alle taten es ihm gleich. Nickala flüsterte zu Jason: „Es ist bei uns üblich, dass wir den verstorbenen Seelen die Route weisen. Dazu führen wir sie im Geiste zum Himmel.“
Für einige Minuten standen sie still auf der Dünenkante und dankten Rangni in Gedanken für seinen Dienst.
Als Jason seine Augen öffnete, war Callum schon auf eine höher gelegene Düne geklettert. Er wies mit seinem Finger in Richtung Osten. „Tenia ist nicht weit, ich kann die Mauern der Stadt sehen.“
Sie eilten zu ihm hinauf. Jetzt konnte auch Jason Gebäude erkennen. Tenia war eine weiße Stadt. Die runden Mauern umschlossen die Ortschaft in einem ausgedehnten Kreis und glänzten hell in der Nachmittagssonne. In regelmäßigen Abständen erkannte Jason Türme, deren oberste Etagen mit Glas umrandet waren. Er vermutete, dass diese als Leuchttürme genutzt wurden.
Hinter den Mauern lagen einfache Häuser mit drei Stockwerken. Der Stil wirkte wesentlich bescheidener als die künstlerisch ausgearbeiteten Bauten in Sapienta.
Die Reisegruppe ging auf den Dünen in Richtung Stadt. Es wunderte Jason, dass sie keinem Menschen begegneten. Erst als die Schutzwälle von Tenia schon hoch vor ihnen aufragten, sahen sie die ersten Bewohner der Stadt. Sie standen im seichten Wasser und zogen Netze zwischen sich her. Es war eine körperlich anstrengende Arbeit. Keiner dort unten bemerkte die fünf auf dem Dünenweg.
In Tenia angekommen fragten sie sich zur örtlichen Limartenschule durch. Das flache, bestimmt 50 Meter lange Schulgebäude bestand wie alle Bauwerke hier aus grob gehauenen weißen Felssteinen. Callum erklärte, dass Tenia mit den
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