Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
zusammengekrümmt auf dem Boden. Ihr Gesicht war noch weißer als sonst. Auch ihm wurde mulmig in der Magengegend. Callum und Rhodon standen am Bug des Schiffes und balancierten scheinbar mühelos die Auf- und Abbewegungen des Bootes aus. Doch bei näherem Hinsehen sah Jason, dass Callum seine Augen halb geschlossen hielt, bei ihm ein Zeichen höchster Konzentration. Wahrscheinlich musste er das Geschaukel mit einer Limartentechnik von seinem Magen fernhalten.
„Bindet euch die Leinen um die Wänste.“ Rangni schrie gegen das Tosen des Windes an und deutete auf mehrere, am Mast säuberlich aufgewickelte Stricke. „Der Sturm wird stärker, wird wohl nichts mit der sanften Überfahrt heute.“ Er lachte dreckig.
Jason sah ihn beklommen an, wankte aber sofort zu den Tauen hinüber und band sich fest. Shalyna, Nickala und Callum folgten seinem Beispiel. Rhodon schnürte sich als Letzter ein Seil um. Seine Augen funkelten vor Abenteuerlust, als er sagte: „Uns wurde schon langweilig, Einbein!“ Mit einem Ruck zog er seinen Knoten stramm.
Keinen Moment zu früh. Jason wollte gerade ihren Steuermann fragen, ob sein Strick so richtig säße. „Kapitän, ist es so ...“ Da verzog sich das Gesicht von Rangni zu grimmiger Entschlossenheit. Wild drehte er das Ruder rechtsherum. Jason wendete sich, um zu sehen, was den Kapitän so beeindruckt hatte. Er erfasste nur noch, wie eine Welle, doppelt so hoch wie das Schiff, über ihnen zusammenbrach.
Jason versuchte, nach der Reling zu greifen, wurde aber von den herabstürzenden Wassermassen von den Füßen geschleudert. Die Flasche mit Goldwasser an seinem Gürtel bohrte sich stechend in seine Nieren. Er schlidderte in Richtung des Hecks. Sein Sturzflug wurde jäh durch das Seil gestoppt. Schmerzhaft zog es sich in Jasons Taille zusammen. Die Frage nach seinem Knoten hatte sich damit erübrigt.
Die anderen hatten sich festhalten können. Callum umklammerte die Bugumrandung und zeigte brüllend auf eine weitere Wellenfront, die auf das Boot zurollte. Shalyna klammerte sich an den Mast und drehte ihr Gesicht aus der Wellengischt.
Rangni schien seine Ruhe wiedergefunden zu haben. Schnell, aber nicht hektisch kurbelte er das Ruder mal in die eine, mal in die andere Richtung. Sein gesundes Auge hielt er jetzt die ganze Zeit geschlossen.
Jason rappelte sich auf und beobachtete gebannt, wie es dem einäugigen Schiffsführer stets von Neuem gelang, den größten Brechern auszuweichen. Manches Mal tanzte ihr Boot regelrecht auf einem Wellenkamm, verharrte dort, bis eine hohe Welle an ihrer Seite vorbeizog, und glitt dahinter zurück in die Fluten.
Doch das Auf und Ab verhinderte weitere Würdigungen der Leistungen ihres Schiffsführers. Jason spürte, wie ihm der Mageninhalt die Speiseröhre nach oben wanderte. Nur mit Mühe konnte er den Inhalt wieder herunterschlucken. Er hätte am Mittag nicht so viel essen sollen.
In diesem Moment hob das Boot ab. Für einen Augenblick empfand Jason sich schwerelos. Dann krachte der Einmaster auf der harten Wasseroberfläche auf. Jasons Wirbelsäule wurde zusammengestaucht, ein stechendes Ziehen breitete sich in seinem Rücken aus.
Unter Aufbietung aller Kräfte zog er sich an seinem Tau in Richtung Shalyna, die immer noch den Mast umklammert hielt. Bei ihr angekommen, fühlte er sich schon weniger schlecht. Sie schauten einander für einen Moment tief in die Augen und aller Schrecken wich aus Jasons Körper. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass der Tod nur halb so schlimm wäre, wenn er mit Shalyna gemeinsam die letzte Reise beging.
Doch das gefühlte Glück währte nur kurz. Wieder bäumte sich das Boot vorne auf, verharrte einige Sekunden in der Luft und raste mehrere Meter nach unten. Der Bug tauchte unter Wasser und schaufelte Wassermassen über die Besatzung hinweg.
Der Sturm schien den ganzen Nachmittag anzudauern, aber in Wahrheit verging nur eine gute Stunde. Dann wurden die Wellen kleiner, der peitschende Wind beruhigte sich und Jason konnte seinen Kopf wieder so weit heben, um auf den Einbeinigen am Ruder zu schauen.
Selig lächelnd drehte Rangni dort das Steuerrad nur noch leicht hin und her. Als er Jasons Blick bemerkte, reckte er triumphierend den Daumen hoch. „Na Landratte, da ging dir die Düse, was.“
Grinsend half Jason Nickala, die sich mit ihren Beinen sitzend um den Mast geklammert hielt, zurück auf die Füße.
„Land! Land in Sicht!“, schrie Callum von vorne und deutete auf den Horizont. „Wir haben
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