Die Prophezeiung von Umbria
Maura hatte es zum ersten Mal gespürt, als sie sah, wie er im Betchwood versucht hatte, seine Kameraden um sich zu scharen.
“Ich habe immer noch etwas Hundertblume.” Maura versuchte, keine Verzagtheit aufkommen zu lassen. “Und ich werde schauen, dass ich hier noch welche finden kann. Allerdings weiß ich nicht, ob sie auf dieser Seite des Gebirges überhaupt wachsen. Noch etwas: Wir müssen diesen Kupferstab loswerden, solange wir noch Gelegenheit dazu haben. Wenn die Han dieses Ding bei dir finden, sind wir beide so gut wie tot.”
Rath blieb jäh stehen. “Bei Bror, du hast Recht!”
“Habe ich?” Maura blieb auch stehen. Sie zweifelte nicht daran, dass sie Recht hatte, aber es wunderte sie doch, dass Rath dieser Meinung war.
“In der Tat.” Er löste den Kupferstab von seinem Gürtel.
Es genügte, dass sie einen Blick darauf warf, und sofort legte sich ein Schatten über ihren Geist.
Dank dem Allgeber, dass Rath dieses scheußliche Ding endlich wegwerfen würde.
Rath ließ sein Bündel von der Schulter gleiten.
Wahrscheinlich, damit er ungehindert den Stab weit fortschleudern konnte. Maura fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, jemand könnte darüber stolpern. Sie öffnete schon den Mund, um den Vorschlag zu machen, das Ding doch besser zu vergraben. Aber als sie sah, wie Rath das Bündel aufschnürte und den Stab in seinem Innern versteckte, platzte sie erschrocken heraus: “Was machst du denn da?”
Er schaute auf. “Das, was du vorgeschlagen hast. Ich sorge dafür, dass die Han mich nicht damit erwischen. Zumindest nicht, ohne mein Gepäck zu durchsuchen.”
“Bist du verrückt geworden?” Wenn sie sich dazu hätte überwinden können, den Stab noch einmal zu berühren, hätte sie ihn ihm aus den Händen gerissen. “Hast du nicht gesehen, wie gefährlich dieses Ding ist?”
“Ich habe
gefühlt
, wie gefährlich es ist.” Rath biss die Zähne aufeinander und zerrte wild an dem Bündel, um es wieder zu schließen. “Ich habe gesehen, was es in den Händen meiner Feinde tun kann. Und ich habe gesehen, wie dieser Stab hier einen Angriff abgewehrt hat. Ich werde ihn genauso wenig fortwerfen, wie ich mein Schwert vor einem Kampf fortwerfen würde.”
“Nimm dich in Acht, Rath Talward. Das hier ist eine zweischneidige Waffe. Wundere dich nicht, wenn der Echtroi es gegen dich wendet.”
“Lieber gehe ich dieses Risiko ein, bevor ich unbewaffnet in den Kampf ziehe.”
Für die nächsten Stunden herrschte ein gespanntes Schweigen zwischen ihnen, während sie sich ihren Weg über die bewaldeten Hügel hinunter in die Ebene suchten. Es ärgerte Maura, auf einen so sturen Mann angewiesen zu sein, der alles verachtete, woran sie glaubte.
Und doch – sie konnte nicht leugnen, dass es ihnen gelungen war, trotz des großen Unterschieds zwischen ihnen, eine wunderbare Kameradschaft aufzubauen.
Das Tageslicht war schon im Schwinden, als sie auf einen kleinen Bauernhof stießen, der geduckt in einem kleinen Tal lag. Dünner Rauch stieg aus dem Kamin. Einige Hühner scharrten neben der Haustür. Aus dem Innern des Hauses drang das klägliche Weinen eines Kindes. Auf einem nahen Feld wendeten ein drahtiger Mann und ein schlanker Junge mit hölzernen Gabeln Heu.
Auch wenn dieser Ort viel ärmlicher wirkte als die bescheidenen Wohlstand ausstrahlende Hoghill-Farm, erweckte sein Anblick wehmütige Sehnsucht in Maura. In ein paar Wochen würden Newlyn und Sorsha ihr Heu mähen. Wo würde sie selbst dann wohl sein?
Je mehr Dinge sie auf ihrer langen Reise gesehen hatte, desto größer war ihr Verlangen geworden, den Wartenden König zu erwecken. Und umso mehr erkannte sie, was für eine riesige Herausforderung vor ihnen lag.
“Heil Euch, Freunde!”, rief Rath auf Comtung. Er blieb stehen und streckte die leeren Hände aus, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war.
Maura folgte seinem Beispiel.
Der Mann auf dem Feld hob drohend die Gabel. Er sagte etwas zu dem Jungen, der daraufhin zum Feldrand lief. Einen Augenblick später kam er mit einer Handsichel zurück. Der Mann rief ihnen anscheinend eine Drohung zu.
Rath versuchte ihn zu beruhigen, sprach von ihren guten Absichten und dass sie ihm nichts Böses wollten.
Während die beiden Männer auf Comtung miteinander redeten, schien der Bauer langsam seine feindliche Haltung aufzugeben. Wenn Rath wollte, konnte er im Handumdrehen das Vertrauen von Menschen gewinnen.
Der Junge schaute sie mit unverhohlener Neugier an und Maura lächelte ihm
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