Die Prophezeiung von Umbria
mich Anulf. Wenn wir dein Kraut finden und es wirkt, wie du sagst, kannst du mit mir rechnen.”
“Wohin wollt Ihr gehen? Was wollt Ihr tun?” Der größte der Männer, die sich im Keller um Maura im “Falke und Hund” scharten, schüttelte den Kopf, als hätte er sich verhört. “Liebe Dame, Ihr wisst wohl, dass das Wahnsinn ist! Kein Umbrianer steigt freiwillig in die Blutmond-Berge hinauf.”
Maura hatte gehofft, dass die Unterstützung der
Twarith
sie in ihrer Entschlossenheit stärken und ihr vielleicht auch den Willen des Allgebers zeigen würde. Eigenartigerweise hatte ihr Widerstand ihre Entschlossenheit gefestigt, und sie glaubte umso fester daran, dass die leise, eigensinnige Stimme in ihrem Herzen im Namen des Allgebers sprach.
“Diese Umbrianerin geht auf
eigenen
Entschluss”, erklärte sie. “Mit oder ohne Eure Hilfe, auch wenn sie mir willkommen wäre.”
Eine junge, hübsche Frau mit ausdrucksvollen Augen meldete sich zu Wort. “Ich bewundere Ihren Mut, Mistress, doch was Ihr fordert, entsprach noch nie der Art der
Twarith.
Wir bieten Hilfe an – Essen, Schutz, Heilkunst, ein Versteck für die, welche in Not sind. So leben wir unseren Glauben an die Gebote des Allgebers und sind bestrebt, sie weiterzugeben, zusammen mit den materiellen Gütern, die wir im Namen des Allgebers verteilen.”
Maura machte die Achtungsgeste. “Ich ehre Euren Glauben an den Allgeber in diesen dunklen Zeiten. Andere wären versucht gewesen, an der Existenz eines großmütigen Schöpfergeistes zu zweifeln. Oder für sich und die ihren zu horten, was sie an wenigem ihr Eigen nennen.”
Auch wenn die Frau Mauras Lob zur Kenntnis nahm, konnte man an ihren fest aufeinander gepressten Lippen sehen, dass sie nicht mit Mauras Entschluss einverstanden war. “Die Han verfolgen uns bereits wegen dem, was wir tun, wenn auch nicht so sehr, wie sie es könnten. Wir haben von Han-Frauen in Venard gehört, die sich heimlich an die
Twarith
gewandt haben, damit sie ihre Kinder heilen. Unser stilles, unbeirrtes Beispiel wird sie eines Tages überzeugen.”
“Wahr gesprochen, Delith, sehr wahr.” Einige, die neben der jungen Frau standen, murmelten ihre Zustimmung.
Delith hob die Hand, um anzuzeigen, dass sie noch nicht zu Ende gesprochen hatte. “Die Han tolerieren uns, weil wir nicht offen gegen sie rebellieren. Wenn wir uns an dem, was Ihr da vorschlagt, beteiligen, werden sie alles daransetzen, uns auszutilgen. Was wird dann aus den unschuldigen Opfern ihrer Tyrannei?”
Vor noch nicht langer Zeit hätte Deliths Offenheit Maura verunsichert. Aber nach all dem, was sie erlebt hatte und auch weil Raths Leben auf dem Spiel stand, durfte sie jetzt nicht den Glauben an ihre Bestimmung verlieren.
“Wenn die Han vertrieben sind, wird es keine Tyrannei mehr geben. Die
Twarith
werden dann in Freiheit ihre Werke tun können. Auch wenn es mit des Allgebers Segen dann vielleicht nicht mehr nötig sein wird – oder es werden andere Werke sein.”
“Wer sagt denn, dass die Han vertrieben werden sollen?”, fragte der große Mann.
“Ich sage es”, erwiderte Maura. “Der Wartende König wird keine Zeit verlieren. Der Tag seiner Rückkehr steht bevor, und wenn er sich erhebt, dann muss sich Umbria mit ihm erheben. Es nicht zu tun hieße, ein großzügiges Geschenk mit Füßen zu treten.”
“Der Wartende König?”, schrie der große Mann. “Und wer seid Ihr? Sein Herold?”
“In gewisser Weise, vielleicht.” Maura verzagte angesichts des Unglaubens, den sie in ihren Augen lesen konnte. War das vielleicht eine Art Strafe für ihre eigenen Zweifel?
“Ihr müsst der Stimme des Allgebers folgen, so wie Ihr sie vernehmt.” Sie wandte sich seufzend ab. “Und ich muss es auch.”
“Wartet, Mistress.” Zum ersten Mal, seitdem die anderen sich um sie versammelt hatten, um sich ihre Bitte anzuhören, ergriff der Zauberer Clavance das Wort. “Ich bin alt und vielleicht eine größere Belastung für Euch, denn eine Hilfe bei einem solchen Unternehmen. Aber ich kannte die Blutmond-Berge, bevor die Han dort mit ihrem verfluchten Graben begonnen haben. Wenn Euch ein Führer von Nutzen sein kann, dann komme ich mit.”
Einen Augenblick lang wagte Maura nicht zu sprechen, noch sich zu ihm umzudrehen. Eine der schwersten Bürden, die ihr das Schicksal auferlegt hatte, war das Wissen, was für einen hohen Preis viele Menschen bereits gezahlt hatten, um ihr zu helfen, und wie viele ihn noch zahlen würden, bis sie schließlich am
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