Die Prophezeiung von Umbria
grausame Griff, und Maura konnte den Arm wegziehen.
“Dafür wirst du bezahlen”, knurrte Vang.
Rath schob sich zwischen ihn und Maura. “Da du sie nicht freigeben willst, werde ich um sie kämpfen.”
“Du? Willst mich herausfordern?” Vang lachte. “Na gut, ich habe in der letzten Zeit nicht viel Bewegung gehabt. In einer Stunde?”
Bevor Rath noch antworten konnte, schrie Maura: “Nein!”
“Halt den Mund, Hexe!” Vang starrte sie mit seinem einen Auge so wild an, dass er damit wahrscheinlich jeden Mann im Saal zum Verstummen gebracht hätte. “Das geht dich gar nichts an.”
Maura übersah Raths flehenden Blick. “Da ich diejenige bin, um die gekämpft wird, wüsste ich nicht, wen es mehr angehen sollte. Was für eine Befriedigung gibt es Euch, einen Feind zu besiegen, der unter schlechten Bedingungen kämpft? Oder fürchtet Ihr einen fairen Kampf mit Rath dem Wolf?”
Außer sich vor Wut schüttelte Vang die Faust und brüllte, dass es im ganzen Saal widerhallte: “Vang der Himmelsspeer fürchtet
keinen
Feind.”
Rath wich nicht einen Schritt vor dem tobenden Vang zurück.
Maura ebenfalls nicht. “Dann werdet Ihr also Eurem Herausforderer eine Nacht voll Schlaf und einen vollen Bauch gönnen, bevor Ihr mit ihm kämpft?”
“Ja! Niemand soll sagen, dass Vang der Himmelsspeer seine Gegner hungern lässt, um sie besiegen zu können.”
Erleichtert atmete Maura auf. Wenn es tatsächlich zum Kampf mit dem Anführer der Gesetzlosen kommen sollte, war Rath wenigstens nicht mehr gar zu sehr im Nachteil. Wichtiger aber war, dass ihr Appell an Vangs Verfemtenehre ihr kostbare Zeit verschafft hatte.
Vielleicht genug Zeit, Rath davon abzubringen, sein Leben für sie zu riskieren.
Wenn es ihr auch warm uns Herz wurde, dass er dazu bereit war, sie konnte dieses Opfer nicht zulassen. Langbards Tod bedeutete Kummer genug.
“Was meint Ihr damit, nicht mit Vang kämpfen?” Rath versuchte so leise wie möglich zu flüstern, während er auf dem regennassen Gras am Fuß der Burgruine lag und das Gesicht an das winzige Fenster von Mauras Verlies presste. “Ich habe doch gar keine andere Wahl, wenn Ihr hier raus wollt.”
“Natürlich will ich hier raus!”, drang Mauras leise Stimme an sein Ohr. “Aber nicht wenn Euer Leben der Preis dafür ist. Es muss doch noch einen anderen Weg geben.”
“Ich habe versucht, einen anderen zu finden. Habt Ihr es denn nicht gehört? Ich versuchte Vang an unsere frühere Bekanntschaft zu erinnern. Versuchte ihn zu überzeugen, dass Ihr ihm nur Unannehmlichkeiten bringen würdet. Wir hatten Glück, dass er meine Herausforderung angenommen und mich nicht kurzerhand in eins der Verliese geworfen hat, um dann mit Euch zu verfahren, wie es ihm gefällt.”
“Warum tut Ihr das? Was ist aus Eurem Vorsatz, nur für Euch selbst zu sorgen, geworden?”
Ja, was war aus dem geworden?
“Ihr wart es doch, die mir gesagt hat, dass ein solches Leben nicht lebenswert sei.”
“Nein. Ich habe Euch aufgefordert, Euch selbst zu fragen, ob es lebenswert sei.”
Rath antwortete nicht gleich. Regungslos lag er da und lauschte auf die Schritte der Wache. Doch alles, was er hörte, war das Prasseln des Regens und das schaurige Heulen des Windes hoch oben in den uralten Tannen.
“Ich bin nicht hergekommen, um mit Euch zu streiten”, sagte er schließlich. “Dafür haben wir jetzt keine Zeit.”
Etwas zwang ihn, den Arm durch den Fensterschlitz zu strecken. “Ihr habt damals im Betchwood-Wald Euer Leben für mich riskiert. Also stehe ich in Eurer Schuld. Letzte Nacht habe ich Euch im Stich gelassen. Deswegen seid Ihr jetzt hier in diesem Verlies. Das muss ich wieder in Ordnung bringen.”
Maura musste bemerkt haben, dass er ihr die Hand entgegenstreckte, denn sie umfasste sie. “Ihr habt damals nicht um meine Hilfe gebeten. Und Ihr habt mich zwei Mal aufgefordert, Euch zu verlassen. Es ist mir nichts Schlimmes geschehen, weil ich Euch geholfen habe, jedenfalls nichts Schlimmeres als ein schmerzender Rücken. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, an Eurem Tod schuld zu sein.”
“Aber …”
“Ich weiß, dass Ihr einen anderen Weg finden könnt, wenn Ihr es nur versucht.” Sie klammerte sich an seine Hand, all ihr Flehen und Vertrauen lag in diesem Griff. “Selbst wenn Ihr ihn besiegt, wie könnt Ihr sicher sein, dass er sein Versprechen halten wird? Euer Verstand ist stärker als Eure Klinge. Um Euret- und meinetwillen, benutzt ihn!”
Er suchte nach einem halbwegs
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