Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
durfte. Sie würden beim Erstellen der Berichte auf jeden Fall ein bisschen tricksen müssen.
»Das ist super«, sagte der Student, den Schönlieb als Sebastian Stengelmann identifiziert hatte. »Meistens sind wir auch ein paar mehr«, fügte er entschuldigend hinzu. In der Tat hatte Schönlieb mit mehr Studenten gerechnet, allerdings war er hier genau auf die getroffen, die er gesucht hatte, allen voran Johann Sattler, den er während seiner Facebook-Recherche als Freund von Huynh identifiziert hatte.
»Willst du ein Stück Kuchen? Schließlich werben wir damit«, sagte Johann mit einem leichten Schmunzeln und zeigte auf einen Tisch, auf dem ein paar Stück Butterkuchen auf einem Pappteller standen. »Meistens essen wir den am Ende selbst. Ehrlich gesagt kommen nicht so viele zu unseren Treffen, wie Sebastian behauptet, deswegen waren wir eben auch ein bisschen überrascht. Es gibt halt keine Scheine oder so dafür.«
»Dennoch ist es wichtig, dass wir uns hier treffen und gemeinsam überlegen, was wir alles verbessern können«, mischte sich jetzt Gaye Yakin ein.
Johann schaute zu Schönlieb und verdrehte leicht die Augen.
Das Treffen begann, und Schönlieb versuchte zwar, aufmerksam auszusehen, in Wirklichkeit fragte er sich allerdings schon nach wenigen Minuten, ob seine Idee wirklich so gut gewesen war. Wahrscheinlich hatte Wallner recht gehabt, und das Ganze hatte mit seriöser Polizeiarbeit nichts zu tun. Unauffällig betrachtete er einen Anwesenden nach dem anderen. Sie sahen wie rechtschaffene, engagierte Studenten aus. Konnte es sein, dass einer von ihnen mit dem Tod von Huynh zu tun hat?
Plötzlich fiel Huynhs Name, und Schönlieb wurde hellhörig. Es ging um die Anwesenheitsliste für das Protokoll.
»Jo, du weißt doch sonst immer, wo er steckt«, sagte Martin.
»Keine Ahnung. Er geht nicht an sein Handy«, sagte Johann nur und zuckte mit den Schultern.
Schönlieb beobachtete ihn dabei genau. War da etwas in Johanns Mimik zu erkennen, als er das sagte? Wusste er in Wirklichkeit, was mit Huynh geschehen war? Er war sich nicht sicher, aber immerhin bestätigte sich durch diese Aussage, dass er sich vor allem an Johann halten musste, wenn er mehr über Huynh herausfinden wollte.
Danach diskutierte die kleine Gruppe kurz einige Ideen. Sie wollten zum Beispiel für interessierte Studenten einen Besuch bei der Hamburger Polizei organisieren, um eine andere Seite des Strafrechtes kennenzulernen. Schönlieb schwieg dazu.
Eine halbe Stunde dauerte das Treffen bisher, als Johann sagte, dass er jetzt zu seiner Vorlesung müsse. Schönlieb blickte auf.
»Da wollte ich auch hin«, sagte er schnell. An Johann musste er schließlich dranbleiben. Johann schaute ihn kurz misstrauisch an.
»Dann komm doch einfach mit«, sagte er dann aber und grinste.
Zusammen verließen sie den Raum. Als sie ein paar Schritte gegangen waren und den Infotresen passiert hatten, drehte sich Johann zu Schönlieb.
»Hattest auch keine Lust mehr, oder?«
Schönlieb verstand nicht ganz, was Johann meinte. Zum Glück schien Johann das nicht weiter zu bemerken, sondern sprach weiter.
»Die Vorlesung fängt erst in einer halben Stunde an, wusstest du doch, oder? Wollen wir was in der Mensa trinken?«
»Klar«, sagte Schönlieb und nickte.
»Ich weiß gar nicht, wieso ich da überhaupt noch hingehe. Huynh hat mich mal überredet, seitdem hänge ich da herum. Jetzt kommt er nicht mal mehr selbst, dem werde ich was erzählen …«
In der Mensa herrschte ein reges Treiben. An allen Tischen wurde gegessen, gelacht und diskutiert. Johann und Schönlieb kauften sich einen Kaffee und setzten sich zu zwei anderen Studenten an den Tisch.
»Erzähl mal was über dich, was hast du so bisher gemacht?«, fragte Johann plötzlich.
Schönlieb wich kurz zurück. Das kam überraschend. Er hatte das Gefühl, rot zu werden. Sein Kopf wurde heiß.
»Ach, da gibt es gar nichts, alles ganz normal. Abi, studiert und jetzt halt gewechselt«, wich er aus.
»Ah ja, cool«, sagte Johann.
Schönlieb atmete erleichtert aus. Die Art, wie Johann auf seine Antwort reagiert hatte, hatte ihm verraten, dass der kein wirkliches Interesse daran gehabt hatte. Es war wohl vielmehr eine Frage aus Höflichkeit gewesen. Schönlieb hätte wahrscheinlich sagen können, was er wollte. Er entspannte sich und beschloss, ein bisschen in die Offensive zu gehen.
»Ich wollte mal etwas Neues. Eine neue Umgebung und so, einen Tapetenwechsel. Vielleicht bringt das was.
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