Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
gingen mit schnellen Schritten vor, und Schönlieb musste sich anstrengen, mit ihnen Schritt zu halten. Er bekam mit, dass sie sich über Huynh unterhielten. Anscheinend wunderten sie sich, dass sie so lange nichts von ihm gehört hatten.
»Marie habe ich die letzten Tage auch nicht gesehen«, sagte Alexander zu Johann. Es war anscheinend immer noch nicht durchgesickert, wer der Tote war, der auf dem Campus gefunden worden war.
»Wer ist dieser Huynh eigentlich? Immer wieder fällt sein Name.«
»Ach, niemand«, sagte Johann nur schnell, und die beiden beachteten Schönlieb nicht weiter.
Beim Essen in der Mensa unterhielten sie sich über belanglose Themen. Schönlieb saß daneben und wirkte wie ein Fremdkörper.
Plötzlich vibrierte sein Handy. Er zog es aus der Hosentasche und erkannte auf dem Display, dass es Holding war, der anrief. Schönlieb stand vom Tisch auf und verließ schnell die Mensa. Als er draußen in der Kälte stand, konnte er endlich in Ruhe sprechen.
»Moin, was gibt es?«, meldete er sich.
Holding hielt sich nicht lange mit unnötigen Floskeln auf und legte sofort los.
»Schönlieb, ich mache es kurz. Ich habe ein Problem. Wallner ist ein paar Tage … ja, äh, krankgeschrieben …« Wallner war krank? Sie hatten einen Mord aufzuklären, da hatte niemand krank zu sein. Nicht einmal Wallner. »Wir haben den Namen der Freundin und ihre Adresse, aber niemanden, der hinfährt. Machst du das bitte? Samson und Coskun haben gerade genug zu tun, und ehrlich gesagt will ich niemanden hinschicken, der in den Fall nicht richtig involviert ist«, fuhr Holding fort.
Schönlieb glaubte es kaum, das konnte doch nicht Holdings Ernst sein. Wallner machte einen auf krank, und jetzt sollte alles an ihm hängen bleiben? Er blieb stumm vor Ärger.
»Bist du noch dran, Schönlieb?«
»Ja … Aber wie soll das funktionieren? Wenn ich zu ihr hinfahre und sie mich danach hier in der Uni trifft, ist meine verdeckte Ermittlung dahin. Dann fliege ich auf«, antwortete Schönlieb.
»Da magst du recht haben, aber ich denke nicht, dass sie in den nächsten Tagen in die Uni gehen wird. Ihr Freund wurde ermordet. Die studiert doch dann nicht gleich munter weiter.« Vermutlich hatte Holding recht.
»Was ist überhaupt mit Wallner?«, fragte Schönlieb. »Er kann doch nicht einfach krankmachen.«
Kurz herrschte Stille am anderen Ende. Schönlieb hörte Holdings Atem.
»Ach, Schönlieb, lass mal«, sagte Holding nur. »Ich schicke dir die Adresse per SMS. Bitte mach das.«
Schönlieb wollte gerade fragen, was das alles zu bedeuten hatte, und von der Prügelei erzählen, die Alexander und Huynh offenbar gehabt hatten, doch Holding hatte bereits aufgelegt. In bester Wallner-Manier hatte er gar nicht mehr abgewartet, ob Schönlieb noch etwas zu sagen hatte. Am liebsten hätte Schönlieb sein iPhone in den Schnee geworfen und lauthals geschrien, doch sein iPhone war ihm zu kostbar, und Schreien war noch nie seine Sache gewesen. Also ließ er beides. Stattdessen ballte er die Hand kräftig zu einer Faust und atmete einmal tief ein. Dann lag es halt an ihm, diesen Fall aufzuklären.
Als Schönlieb zurück in die Mensa kam, waren Alexander und Johann schon weg. Hastig blickte Schönlieb sich um, tatsächlich entdeckte er Johann durch die beschlagenen Scheiben der Fensterwand hindurch, wie er gerade den Weg zum Rechtshaus zurückging. Schönlieb beschloss, ihm zu folgen. Durch Johann hatte er herausgefunden, dass es vermutlich Alexander war, der sich mit Huynh geprügelt hatte, vielleicht gab es noch mehr, was er mit Johanns Hilfe erfahren konnte.
Schönlieb ging mit schnellen Schritten zum Ausgang und folgte Johann. Als er sich draußen vor der Mensa befand, war Johann schon am Eingang des Rechtshauses angekommen. Schönlieb konnte beobachten, wie Johann sich dort mit einem weiteren Studenten unterhielt. Schönlieb ging weiter in die Richtung der beiden. Da sah er, wie Johann sich einmal flüchtig umblickte, in seine Tasche griff und dem anderen Studenten etwas in die Hand drückte. Dieser zog daraufhin seinerseits etwas aus der hinteren Hosentasche, klappte es auf und holte etwas heraus, was er Johann in die Hand drückte. Geld! Schönlieb war sich sicher, dass es sich dabei um Geld handelte, das der Student aus seinem Portemonnaie gezogen hatte.
Hatte er gerade Johann dabei beobachtet, wie er Drogen verkaufte? Schönlieb stoppte ab und blieb im Schutz einer Litfasssäule stehen, die sich kurz hinter einer ganzen
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