Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
Jungs.«
»Und ihr wart befreundet?«
»Na ja, nicht so richtig, ach, ich weiß nicht …« Johann stockte.
Wie konnte man nicht wissen, ob man mit jemand befreundet ist? Schönlieb dachte an Mitch, auch beim ihm wusste er nicht so richtig, ob sie Freunde waren.
»Was meinst du mit nicht so richtig ?«, hakte Schönlieb nach.
Wallner war inzwischen dazu übergegangen, die Küchengeräte, von denen in dieser großen Küche einige herumstanden, zu inspizieren, und schien völlig desinteressiert am weiteren Verlauf des Gesprächs.
»Er kam halt …« Johann machte eine kurze Pause und schien darüber nachzudenken, ob er das, was er dachte, wirklich aussprechen sollte, und entschied sich dann dafür. »… aus einem anderen Gesellschaftskreis.«
»Aus einem anderen …« Schönlieb stockte kurz. »Du meinst, weil er nicht so viel Geld hatte?«
»Geld hatte er immer, aber seine Familie halt nicht.«
»Und das machte ihn zum nicht so richtigen Freund?« Schönlieb sah Johann direkt in die Augen.
»Ich würde nicht sagen, dass er ein guter Freund war. Er war anders.« Johann stand auf und ging zu einer Espressomaschine aus glänzendem Chrom. »Will noch jemand einen Kaffee?« Er schien sich gefangen zu haben. Seine Stimme klang jetzt wesentlich fester als noch vor wenigen Augenblicken.
Schönlieb schüttelte den Kopf. Wallner nickte eifrig.
»Sehr gern.«
Es ratterte laut, bis schließlich aus der großen Maschine Espresso in zwei kleine Tassen lief. Johann reichte Wallner eine der Tassen, nahm die andere und setzte sich dann wieder. Schönlieb ärgerte sich über diese Unterbrechung, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
»Erklär mir bitte noch einmal, warum Huynh anders war.« Schönlieb setzte sich zu Johann.
Statt zu antworten, nippte Johann an seinem Espresso, zuckte kurz zusammen und stellte die Tasse ab.
»Mist, noch viel zu heiß!«, zischte er.
»Verdammt, warum war Huynh anders ?«, brüllte Schönlieb und haute auf den Tisch.
Johann und Wallner blickten ihn erschrocken an. Wallner wäre fast die Tasse aus der Hand gefallen, und auch Schönlieb war überrascht, wie laut der Schlag auf den Tisch gewesen war. Er zeigte jedoch Wirkung.
»Habe ich doch gesagt: Er kam aus anderen Verhältnissen. Er … konnte manches einfach nicht verstehen oder mitmachen. Außerdem hatte er eine ganz andere Einstellung. Er nahm immer gleich alles so wichtig und so ernst …«
»Was nahm er wichtig?«
»Na, das Studium … und Beziehungen. Er war so altmodisch und hat uns ständig Vorwürfe gemacht, wenn wir uns mit Frauen amüsiert haben.«
»Gab es irgendwann mal Ärger, weil Huynh dir oder einem eurer Freunde Vorwürfe aufgrund häufig wechselnder Sexualpartner gemacht hat?«
»Nein, eigentlich nicht.« Johann nippte wieder an seinem Espresso.
Plötzlich stand wieder Anna in der Tür. Diesmal war sie vollständig angezogen.
»Ich gehe jetzt. Rufst du mich an?«, fragte sie in Johanns Richtung.
»Ja, ja«, fertigte Johann sie schnell ab und schaute wieder zu Schönlieb. Schönlieb konnte Huynh ein wenig verstehen, obwohl er sich selbst in dieser Hinsicht nicht gerade als sehr moralisch einschätzte.
Anna zeigte Schönlieb den Fuck-Finger, drehte sich um und ging. Es knallte laut, als sie die Tür hinter sich zudonnerte.
»Vor zwei, drei Wochen haben Huynh und Alexander sich mal in die Haare bekommen, weil Alex so einen doofen Spruch abgelassen hat. Aber das war eigentlich belanglos«, erzählte Johann plötzlich und schaute dabei auf den Küchentisch.
»Das weiß ich doch längst, allerdings schien das nicht nur ein Spruch zu sein, den Alex abgelassen hat. Er soll Marie auch angegrapscht haben«, sagte Schönlieb.
Johann schaute ihn irritiert an. Er schien nicht damit gerechnet zu haben, dass Schönlieb mehr Informationen über den Streit hatte.
»Was war genau los? Erzähl es mir«, setzte Schönlieb nach.
»Ich weiß es nicht genau. Ich war ziemlich betrunken und habe nur mitbekommen, dass Alex wohl so etwas gesagt hat wie, Huynh solle auch mal eine andere ficken, nicht nur Marie, das würde ihm ganz guttun. Huynh hat ihn daraufhin angemacht, was so ein Spruch soll. Das hat sich dann so hochgeschaukelt, bis die beiden sich richtig geprügelt haben. War schon ziemlich heftig. Am Ende hat Alex aber den Kürzeren gezogen. Huynh hat ihn richtig ausgeknockt und ist dann mit Marie zusammen gleich abgehauen, aber ein paar Tage später hatten sie sich wieder vertragen, ehrlich. Huynh hat
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