Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
vorstellen, was der alte Sack denkt, wenn er da vorne steht und die Mädels in den ersten Reihen angafft.«
»Gibt es Gerüchte in der Richtung?«, fragte Schönlieb nach.
»Klar. Jede Menge sogar. Er soll immer mal wieder was mit Studentinnen haben, und angeblich bekommen die Studentinnen, die besonders nett zu ihm sind, auch besonders nette Noten von ihm.«
»Und ist an den Gerüchten etwas dran?«
»Gerüchte gibt es immer, aber ehrlich gesagt sind die alle Bullshit.«
»Alle?«
»Ach, keine Ahnung. Es gibt genug bekloppte Studentinnen, die auf ihre Professoren abfahren. Vaterkomplex und so. Das tut doch auch nichts zur Sache.« Jetzt wäre es Johann wohl langsam doch unangenehm, wenn Meininger von diesem Gespräch erfahren würde. »Man redet halt viel in der Uni. Besser, du sagst Meininger doch nicht, was ich hier so erzählt habe. Nachher merkt er sich doch mal einen Namen.« Johann grinste etwas gezwungen.
»Na gut, Gerüchte«, murmelte Schönlieb und räusperte sich. »Vielen Dank, Johann, wir werden uns bestimmt noch einmal bei dir melden. Bitte halte dich zur Verfügung.«
Kapitel 20
Seit zwei Stunden waren sie wieder im Büro. Wallner versuchte, die Identität von Max herauszubekommen. Mit mäßigem Erfolg. Er hatte die Eltern von Huynh angerufen, doch die kannten keinen Max. Außerdem rief er bei Marie an. Hatte jedoch nur ihren Vater am Telefon, der ihm mitteilte, dass sich Marie in der Uni befand.
»An ihr Handy geht sie auch nicht«, sagte Wallner und knallte den Hörer auf.
Schönlieb schreckte hoch. Er saß über einem neuen Bericht der Kriminaltechniker, der, als sie zurück ins Büro gekommen waren, auf seinem Schreibtisch gelegen hatte. Es ging um die Faserspuren, die man am Mantel des Toten hatte sicherstellen können. Dem Bericht lagen ein paar Kopien bei, auf denen Wollhandschuhe zu sehen waren, mit kleinen Notizen drunter, dass es sich um ein solches Modell handeln könnte. Auf der letzten Seite fand sich die Information, dass man an den Fasern eine besonders hohe Konzentration von Alkohol, Natriumlaurylethersulfat und D-Limonen feststellen konnte, was die Bestandteile von vielen Kosmetikartikeln oder Reinigungsmitteln waren. Schönlieb lehnte sich weit zurück und seufzte einmal laut auf. Handschuhe, an denen Kosmetik oder Reinigungsmittel gefunden worden waren. Im Moment konnte er damit leider nicht viel anfangen.
»Na, läuft’s nicht?« Birte Coskun stand in der Tür und sah ihn mit einem müden Blick an.
»Ich muss die ganze Zeit so einen blöden Papierkram machen. Das nervt vielleicht«, sagte sie. »Damals, bevor ich angefangen habe, hatte ich mir immer vorgestellt, dass man viel mehr draußen ist. Stattdessen sitze ich ständig an dem verfluchten Schreibtisch.«
Sie trat ein. Schönlieb nickte. Ja, da hatte sie recht. Manche Tage konnten ziemlich ätzend sein. Immerhin durfte er heute schon mal raus. Er dachte wieder an den Besuch bei Johann.
»Kommst du mit raus, eine rauchen?«, fragte Birte.
»Ne, ich habe aufgehört«, antwortete Schönlieb.
»Echt? Seit wann?«
»Drei Wochen«
»Und?«
»Bis jetzt geht es. Aber ganz sicher bin ich noch nicht, dass ich übern Berg bin.«
»Na dann.« Sie hob den Arm zum Abschied und verließ das Büro.
Wallner saß still vor seinem Telefon und starrte es böse an. Schönlieb starrte auf seinen Bildschirm.
»Hast du es schon mit Facebook versucht?«
»Mit was?«
Schönlieb versuchte Wallner in wenigen Sätzen zu erklären, was Facebook ist, und berichtete ihm von seinen bisherigen Erfolgen, als er das soziale Netzwerk zum Recherchieren benutzte. Er holte sogar sein iPhone heraus und zeigte Wallner die Bilder, die er sich aus den Profilen gespeichert hatte.
»Das gibt es dort alles so zu sehen? Ohne Schutz?«, fragte Wallner erstaunt.
Schönlieb erklärte ihm, dass es verschiedene Sicherheitseinstellungen gab und dass man natürlich in erster Linie selbst dafür verantwortlich war, was man online stellte, dass es aber durchaus häufig vorkam, dass Leute mehr von sich preisgaben, als sie vermuteten.
»Und man kann sich befreunden ?«, fragte Wallner nach, und man merkte, dass er bisher nicht viel verstanden hatte von dem, was Schönlieb ihm erklärt hatte. Von Facebook schien er vorher tatsächlich noch nie etwas gehört zu haben, was Schönlieb kaum glauben konnte. Das Prinzip, dass man sich virtuell befreunden konnte, verstand er auch nach der zweiten Erklärung nicht, was Schönlieb bei einem Menschen, der das Prinzip
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