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Die Psychonauten

Die Psychonauten

Titel: Die Psychonauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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den Teller. Einmal hatte sie das Wasser verschüttet und kein frisches bekommen. So hatte sie bis zur nächsten Mahlzeit warten müssen, und jede war ihr vorgekommen wie die letzte, die Henkersmahlzeit.
    Irgendwann war auch die Zeit der Lethargie verstrichen. Dann kam die Angst. Jedesmal, wenn sie wieder getrunken und gegessen hatte und sich reaktivieren konnte.
    Schon allein das Einnehmen der Mahlzeiten glich einer Folter, weil die Gefühle eben hochgepeitscht wurden.
    Wieder hörte Fatima Schritte. Sie wußte genau, daß sie nach sechs Echos stoppten. So war es auch jetzt!
    Vor der Tür des Gefängnisses stand derjenige, der ihr die Nahrung brachte.
    Diesmal aber wollte Fatima es wissen. Sie befand sich in einem Zustand, der zwischen Angst und Erregung pendelte. Manchmal hatte sie auch daran gedacht, daß sie der Tod nicht schrecken konnte. Besser eine ewige Dunkelheit in Gewißheit als diese in Ungewißheit. Das Ende wird ein neuer Anfang sein! So hatte man es ihr gesagt, aber das sollte nicht stimmen. Sie wollte sich dagegen wehren. Ihr war das Zeremoniell geläufig. Kurz nach dem Verstummen der Schritte begann das Kratzen. Es entstand, wenn die Klappe in der Tür geöffnet wurde.
    Fatima hatte sich von der Liege erhoben. Zwischendurch war sie immer wieder gelaufen, damit die Glieder nicht zu steif wurden. Das machte sich jetzt bezahlt.
    Durch die Finsternis schlich sie in Richtung Tür, in der sich plötzlich ein Ausschnitt zeigte. Er lag in Gesichtshöhe, rechteckig gefüllt mit einem grau wirkenden Licht.
    Das Tablett erschien. Mehr lang als breit. Es paßte genau auf die in das Verlies gedrückte Klappe. Die Hand glitt darüber hinweg und stellte Wasser wie auch Brot ab.
    Bevor die Männerhand den Teller mit Brot losließ, hatte Fatima bereits zugepackt.
    Blitzschnell war sie gewesen. Neben der Tür im toten Winkel hatte sie gekauert und zugegriffen. Ein harter Griff, in den sie all ihre Kraft hineingelegt hatte.
    Dabei bohrte sie noch die Fingernägel in die dünne Haut. Die Spitzen mußten wirken wie kleine Messer.
    Der Mann schrie, dann fluchte er wütend, aber Fatima ließ nicht los. »Ich will wissen, wo ich bin, du verdammter Hund! Los, sag es mir!« Sie hielt das Gelenk fest, wie ein Ertrinkender die schwimmende Planke. Dabei bewegte sie es auch, stieß gegen das Glas mit Wasser, kippte es um, aber das machte ihr nichts mehr aus.
    Verbissen zerrte sie am Arm. Sie wollte den Mann durch die Luke ziehen, hängte sich ans Gelenk, machte sich noch schwerer, als sie war. Dann hörte sie den anderen stöhnen.
    Längst lag das Tablett am Boden, das Brot war ebenfalls von der Klappe gerutscht, und sie selbst hielt dem Druck nicht mehr stand. Mit einem knirschenden Geräusch brach sie ab.
    Daß sie dabei auf die Fußspitzen des Mädchens fiel, beachtete Fatima nicht. Für sie war der Arm das Wichtigste in ihrem Leben. Aber der Mann hinter der Tür besaß zwei Hände - und eine Waffe.
    Schlangengleich huschte auch die zweite Hand durch die Luke. Ihre Finger hielten einen Dolch fest.
    Er wollte zustoßen, sein verzerrtes Gesicht sprach Bände, und Fatima ließ im letzten Augenblick das Gelenk los. Die nach unten fahrende Klinke des in Panik geratenen Mannes hätte ihn beinahe noch selbst erwischt. Dicht neben dem Gelenk stieß sie ins Leere. Fatima taumelte keuchend zurück. Ihre Knie waren weich geworden, sie schüttelte sich und fiel auf das Bett. Dabei starrte sie aus nassen Augen auf die Tür, in der die Luke nun nicht mehr verschlossen werden konnte. Die Stimme wehte ihr entgegen. Ein böses Flüstern, voller Zorn und Haß. »Ich hätte dich töten können. Ich hätte dich…«
    »Warum hast du es nicht getan, verdammt!« rief sie. »Warum hast du mich nicht getötet?«
    »Wir brauchen dich, Prinzessin!«
    Fatima hatte eine Antwort geben wollen, nach dieser Bemerkung saß sie starr.
    Wie hatte der Mann sie genannt? Prinzessin? Wie war er darauf nur gekommen. Sie sah sich als Gefangene und nicht als Prinzessin. Irgend etwas mußte da schiefgelaufen sein.
    Das Mädchen wollte Fragen stellen. Es war zu spät, der andere hatte sich bereits mit hastigen Schritten zurückgezogen. Fatima blieb zitternd auf der Liege sitzen. Sie strich ihr Haar zurück. Die letzte Bemerkung wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf. Der Kerl mußte sich vertan haben. Sie war keine Prinzessin und auch nie eine gewesen. Etwas stieg heiß in ihr hoch, wühlte die Gefühle auf, dann kam ihr eine Idee. Sie war schlimm und furchtbar. Sollte

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