Die Psychonauten
Magie…«
Da war ich schon bei ihr. Das Dreieck gab auch mir noch den Platz, den ich brauchte. Als ich hineinsprang und Fatimas Körper spürte, berührte ich sie auch mit dem Kreuz.
Noch in derselben Sekunde zischten die Seiten des Dreiecks um uns herum auf. Wir kamen uns vor, als befänden wir uns inmitten eines Funkenregens.
Das Allsehende Auge auf meinem Kreuz kämpfte mit einer elementaren Wucht gegen die anderen Kräfte an, über die ich mir plötzlich klar wurde. Es waren nicht mehr die Mächte des Guten, die Fatima beschützten, auch wenn das Allsehende Auge sie umschlungen hielt. Es mußte manipuliert worden sein.
Sehen konnte ich nichts. Ich spürte nur, daß sich das Mädchen an mich klammerte, dann wurde die Gravur auf meinem Kreuz zu einem blendenden Stern, der mit der anderen Magie in dieser Pyramide fürchterlich aufräum te.
Von überall her hörten wir das hohl klingende Pfeifen. Es erinnerte mich an schräge Musik, schon mehr eine Folter für das Gehör. Wie lange wir beide so gestanden hatten, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls brach der andere Zauber zusammen.
Damit verbunden war die Rückkehr in die Normalität. Plötzlich standen wir da wie Vater und Tochter. Ich hielt Fatima fest, ihr Zittern wollte nicht aufhören, und ich starrte auf einen leeren Fußboden, wo nur mehr der graue Beton zu sehen war.
»Laß mich nicht los — bitte!«
»Keine Sorge, Fatima, ich bleibe bei dir. Das bin ich deinem Vater schuldig, ich habe es ihm versprochen. Die anderen waren schneller.«
»Sie sind weg…«
Die drei Worte rissen mich aus meinen Gedanken. Ich drehte mich um und schaute tatsächlich in eine Pyramide, die von den Psychonauten verlassen worden war.
Betreten wischte ich über mein Gesicht. Hatte ich gewonnen oder eine Niederlage erlitten? Ich wußte es nicht.
Mit zitternden Knien schritt ich tiefer in die Pyramide hinein. Was erinnerte überhaupt noch an sie? Nichts mehr, gar nichts. Und wie konnten sie sich so plötzlich auflösen? Der Gedanke daran flößte mir Unbehagen ein.
»Hast du eine Erklärung?« fragte ich Fatima, die dabei war, die Kutte über den Kopf zu streifen.
»Nein, ich weiß nichts. Oder fast nichts.«
»Sag mir das wenige.«
»Es sind Menschen«, flüsterte sie, »die längst hätten tot sein müssen. Ich sehe sie als lebende Tote an. Oder einfach als Wesen, die zurückgekehrt sind.«
»Woher zurückgekehrt?«
»Vielleicht aus der Vergangenheit, in der sie eigentlich hätten bleiben müssen.«
Ich war mit einem langen Schritt bei ihr und legte ihr meine Hand auf die Schulter. »Weißt du eigentlich, was du da gesagt hast? Aus der Vergangenheit?« Sie nickte.
»Woher hast du das Wissen, Mädchen?« Meine Stimme klang drängend.
Längst hatte ich erkannt, daß Fatima der Schlüssel zum Geheimnis war. Nur flüchtig dachte ich daran, daß ich von Suko bisher noch nichts gesehen hatte, aber ich wollte Fatimas Zustand ausnutzen und Informationen erhalten, bevor sie es sich anders überlegte.
Dann sagte sie einen Satz, der mich fast umhaute. »Du mußt mich als Prinzessin ansprechen…«
»Wie bitte?«
»Ja, ich bin die Prinzessin Nechbeth, und Cheops, der große Pharao, war mein Vater. Er hat viele Kinder gezeugt, ich war ihm eines der liebsten, und er muß meine Mutter, eine dunkelhäutige Sklavin, sehr geliebt haben.«
Ich war es gewohnt, Überraschungen präsentiert zu bekommen. Auch diese hatte ich rasch überwunden. »Und du bist sicher, dich nicht getäuscht zu haben?«
»Sie hat es mir gesagt.«
»Wieso? Sie und du…«
»Sie ist in mir wiedergeboren. Ich habe mich mit ihr unterhalten können, als mich das Allsehende Auge umgab. Das ist es, das ich dir auch noch sagen wollte.« Sie lächelte schmal, was ihrem feingeschnittenen Gesicht etwas Zerbrechliches gab. »Jetzt hältst du mich für übergeschnappt, wie?«
Ich strich etwas verlegen durch mein Haar. »Nein, Fatima, ich halte dich nicht für übergeschnappt, weil ich nämlich weiß, daß es so etwas gibt. Ich selbst habe es erlebt.«
Jetzt wunderte sie sich. »Du… du bist auch wiedergeboren worden?«
»Sicher. Wahrscheinlich sogar mehrere Male. Die Namen möchte ich mal aus dem Spiel lassen, ich würde dich nur irritieren, aber es stimmt, und deshalb glaube ich dir auch. Du hast also mit Nechbeth gesprochen, nicht wahr?«
»Auf geistigem Weg. Nicht nur gesprochen«, erzählte sie sehr leise. »Ich habe sie sogar gesehen. Ja, ich konnte in die damalige Zeit hineinschauen. Mein Blick floß in
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