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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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mehrere Marmorplatten mit Löwenreliefs eingelassen. Die Löwen sperren das Maul weit auf, und nun rate, was hineingeworfen wird! Anzeigen!«
    Befriedigt sah er, daß Richard verblüfft war. »Anzeigen, gegen wen denn?«
    Hänsle hob die Achseln. »Unter dem Löwenmaul steht geschrieben: De nontie secrete contro chi occulterà gratie et officii. O colluderá per nascon der la vera rendita d'essi .«
    Er hielt einen Moment lang inne. »Und damit du siehst, daß ich mein Venezianisch auch gelernt habe, hier die Übersetzung – Geheime Hinweise gegen jedermann wird er in Dankbarkeit und Pflicht verbergen oder er wird dazu beitragen, ihre wirklichen Zusammenhänge ans Licht zu bringen.«
    »Du bist ein Spielverderber, Hänsle«, sagte Richard. »Ich schwärme von Venedig, und du legst es darauf an, mir gleich alles im schwärzesten Licht zu zeigen. Ich glaube, du hast dich mit Meister Eberding verschworen.«
    Eberding hatte sich sofort auf Richard gestürzt. »Ah, da seid Ihr also endlich, junger Herr. Noch einen Tag und ich hätte Venedig verlassen. Glaubt Ihr vielleicht, ich will hier Wurzeln schlagen? Zum Donnerwetter, Ihr seid daran schuld, wenn die Florentiner glauben, das Unternehmen Fugger beschäftige langsame Angestellte. Warum habt Ihr so lange …«
    »Ja, er war ziemlich heftig, nicht wahr?« sagte Hänsle reuelos. »Nimm's nicht so schwer. So sehr verspätet warst du nicht. Aber ich kann schon verstehen, warum er gleich morgen wieder Weiterreisen will.«
    Richard nahm eines der Gläser auf, die auf dem nahegelegenen Tisch standen, und hielt es so, daß die Sonnenstrahlen sich darin brachen. Es war farbiges Glas, zartviolett und von einer Glätte und Makellosigkeit, die in deutschen Landen nicht ihresgleichen hatte.
    »Schön, nicht wahr?« kommentierte Hänsle. »Meister Eberding hat mir erzählt, die Glasbläserei sei eines der vielen venezianischen Monopole. Die Glasbläser arbeiten auf der Insel Murano, und er sagte, er kenne keinen einzigen Fremden und nur wenige Italiener, die je ihren Fuß auf diese Insel gesetzt hätten. Ich frage mich, warum Papa oder Onkel Jakob nie einen Glasbläser abgeworben haben, sie werden schon nicht daran hängen, ewig nur auf ihrer Insel zu hocken. Eine venezianische Glasbläserei in Augsburg müßte sich doch wirklich lohnen!«
    Richard zog die Augenbrauen hoch. »Vielleicht finden sie ihre Insel gar nicht so besonders schön, aber wehe dem Glasbläser, der auswandert! Seine Familie landet im Gefängnis, und wenn er darauf nicht zurückkommt, befiehlt das venezianische Gesetz, Maßnahmen zu ergreifen, ihn aus dem Weg zu räumen.«
    In gespielter Verärgerung entgegnete Hänsle: »Richard, du bist ein wahres Kreuz. Anstatt mich wegen meiner Kenntnisse über Venedig zu beglückwünschen, legst du es darauf an, mir zu beweisen, daß du noch mehr weißt.«
    Richard setzte das Glas ab. »Glaubst du wirklich, dein Onkel hätte noch nicht versucht, einen Glasbläser zu bekommen?«
    Die Geschichte eines solchen mißglückten Unternehmens hatte er im Kontor erfahren. Seltsam – Venedig war dieses beneidenswerte Etwas, das es nur in Italien gab, eine freie Republik, deren Gesetze zur Überwachung der Einwohner strenger waren als in jedem deutschen Fürstentum.
    »Komm«, sagte er und riß sich von dem Anblick des Canal Grande los, »ich will meinen einen Tag in Venedig nützen.«
    »Was ist mit dem Ausgangsverbot für andere als geschäftliche Besuche?«
    Richard faltete fromm die Hände. »Wir gehen natürlich zur Messe«, sagte er tiefernst, »um Gott für meine glückliche Reise zu danken.«
    Der Fondaco mit seinen sechsundfünfzig Räumen, die alle hoffnungslos überbelegt waren, glich tatsächlich einem Bienenstock. Richard und Hänsle brauchten ziemlich lange, um sich ihren Weg hinauszubahnen.
    »Sie könnten euch Tedeschi leicht noch mehr Gebäude zur Verfügung stellen«, bemerkte der venezianische Fuggerangestellte, der sich ihnen wie selbstverständlich angeschlossen hatte, »aber die ließen sich nicht so gut überwachen. Unser Doge, il serenissimo principe , schätzt den Fondaco über alles.«
    »Kein Wunder«, gab Richard zurück. »Der Fondaco macht einen Umsatz von über einer Million Dukaten, nicht wahr?«
    Der Mann war ein wenig überrascht, doch er lächelte freundlich und breitete die Hände aus. »Wer bin ich, um Euch zu widersprechen, Messer?«
    In einer Gondel zu fahren, war unerwartet reizvoll, wenngleich Richard nicht mit der gleichen achtlosen

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