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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Habt Ihr bei mir nicht das beste Gericht Eures Lebens gekostet? Ich sage Euch, selbst die Bentivoglio von Bologna haben versucht, mich für ihre Küche zu gewinnen! Habt Ihr jemals bessere Cappelletti gekostet? Und mein Wein, mein Lambrusco ist der beste und erlesenste Tropfen, den Ihr bekommen könnt!«
    »Ich habe«, schnitt Schmitz (und Richard fiel auf, daß er sich trotz seines entschlossenen Tons die Worte zusammensuchen mußte) den Redestrom ab, »in Bozen schon weit besseren getrunken.«
    »Besseren?« Die Wangen des Wirtes färbten sich rot vor Empörung. »Hier gibt es den besten Wein der Welt, und niemand sonst versteht überhaupt etwas davon! Wo rühmt man nicht seine Samtigkeit, seinen lieblichen Geschmack, seine …«
    »Zu lieblich.« Die anderen Gehilfen hatten mittlerweile alle ihr Mahl beendet und verfolgten den Disput mit wachsendem Vergnügen.
    »Ihr glaubt doch wohl nicht«, fuhr Schmitz fort, »daß wir für dieses … dieses …«
    »Süße Gesöff«, half ihm Richard hilfsbereit aus, und Schmitz griff das Wort mit einem zustimmenden Kopfnicken auf, »dieses süße Gesöff auch nur einen Scudo über den vereinbarten Preis hinaus bezahlen? Im Gegenteil, Ihr solltet uns einen Nachlaß gewähren für diese Vergiftung …«
    So wäre es zum Gaudium der Gehilfen noch lange weitergegangen, doch leider kam in diesem Moment Eberding dazu und setzte der Angelegenheit ein Ende, indem er dem Wirt kurzerhand das versprochene Geld aushändigte und sich allen Protesten gegenüber taub stellte.
    Während sie dem Apennin immer näher kamen, begann das ständig gute Wetter, über das sie sich anfangs gefreut hatten, beschwerlich zu werden. Als die Hitze von etwas Regen abgemildert wurde, war die Reisegruppe eher erleichtert, und Eberding befahl, trotz des Niederschlags weiterzureiten. Richard schmeckte die zerplatzenden silbrigen Regentropfen auf seinen Lippen, spürte, wie sie ihm das Gesicht kühlten und beobachtete gerade, wie das Ockergelb der Straße sich unter dem Wasserschleier verdunkelte, als Wolfgang Schmitz sein Pferd nähertrieb.
    »Ist das nicht ein verrücktes Land?« meinte er mit zuckenden Mundwinkeln. »Bei uns daheim flucht man über Regen, und hier sind wir dankbar!«
    Sie kamen ins Gespräch, und Schmitz bekannte, er mache sich Sorgen wegen seiner Sprachkenntnisse. »Ich habe in Augsburg etwas Venezianisch gelernt, doch seit wir in die Toskana gekommen sind, merke ich, daß sie hier ganz anders sprechen. Und außerdem habe ich das Gefühl, ich weiß zu wenig über Florenz.«
    »Wie habt Ihr dann diese Stelle bekommen?« fragte Richard interessiert.
    »Durch Hochstapelei.« Schmitz grinste. »Ich habe getan, als wüßte ich alles, und Meister Eberding hat es mir abgenommen – oder sagen wir, er hat wohl geglaubt, ich wüßte mindestens die Hälfte.«
    »Und jetzt …«
    »Jetzt wird mir etwas mulmig. Ich verstehe zum Beispiel diese ganze Herrschaftssache nicht – wir haben unsere freien Reichsstädte, gut und schön, aber die sind letztlich doch dem Kaiser untergeordnet. Bei diesen verrückten Welschen hingegen ist sogar der Kirchenstaat nicht wirklich in der Hand der Kirche, sondern in der Hand der Barone, die dort ihre Soldaten haben, und dann haben sie neben ihren Herzogtümern auch noch Republiken, die sich selbst regieren und niemandem untergeordnet sind. Und um alles noch schwieriger zu machen, ist Florenz dann doch keine Republik, denn es regiert ein einziger Mann dort, oder? Warum nennt er sich nicht Herzog und vereinfacht die Sache etwas für uns arme Fremde?«
    Richard erinnerte sich, vor Jahren eine ähnliche Frage selbst gestellt zu haben. » Sicuro «, sagte er und benutzte das italienische Wort, »er herrscht, aber ich glaube, er herrscht mit Billigung des Volkes. Der gelehrte Doctorus Pantinger sagte mir einmal, wenn Lorenzo de'Medici sich vom Papst oder irgendwem in den Herzogstand erheben ließe, würden die Florentiner, die sehr stolz darauf sind, eine Republik zu sein, sich sofort gegen ihn erheben. Abgesehen davon sind die Beziehungen zwischen Lorenzo und dem Vatikan seit jeher nicht gerade glänzend.«
    Wolfgang Schmitz legte die Stirn in Falten. »Nein? Warum nicht?«
    »Ach, das hängt noch mit dem letzten Papst zusammen.«
    Schmitz klopfte seinem Pferd auf den Hals. »Erzählt mir doch davon. Wir haben noch eine weite Strecke vor uns, und die Reise könnte etwas Abwechslung gebrauchen.«
    Richard war insgeheim der Meinung, die Reise sei schon Abwechslung genug. Die

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