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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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»zusammen mit einem Freund, und ich wollte mich bei Euch nach den Kosten für eine Veröffentlichung erkundigen.«
    Der Meister wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Nun, das kommt darauf an – auf den Umfang, und vor allem, wie gut sich Euer Buch verkauft. Ich möchte Euch nicht enttäuschen, aber philosophische Abhandlungen finden zur Zeit wenig Absatz.«
    »Es handelt sich nicht um eine philosophische Abhandlung. Es geht um Hexen –«
    »Das ist etwas anderes!« Der kleine Mann strahlte. Es war ihm angenehm, einem Verwandten seines wichtigsten Kunden behilflich sein zu können, der überdies dank seines neuen Reichtums selbst zu einem guten Kunden werden mochte.
    »Seit die guten Patres von der Inquisition den ›Malleus Maleficarum‹ veröffentlicht haben, reißen sich die Leute um Bücher über Hexen. Da sehe ich überhaupt keine Schwierigkeiten.«
    In Richard kämpfte der Ehrgeiz, sein Buch gedruckt zu sehen, mit dem schlechten Gewissen. Er konnte jetzt darauf verzichten, den Drucker über den wahren Charakter seines Werkes aufzuklären, doch erstens würde es der Mann, der wie jeder seines Handwerks etwas Latein verstand, spätestens beim Setzen herausfinden, und zweitens wollte er niemanden ohne Warnung in Schwierigkeiten mit der Kirche verwickeln.
    Der Drucker griff bereits nach dem Papierbündel, das Richard unter dem Arm trug. »Ricardus Medicus et Marius Volterra, Processus Inquisitorii contra Maleficas, hm … Wie wäre es mit einem deutlicheren Titel? Ihr müßt wissen, der Titel ist sehr wichtig. Etwa ›De Crimene Sagarum‹ oder ›De Crimene Mague‹. Wie wäre es damit?«
    Verlegen gab Richard vor, die Gehilfen des Druckers zu beobachten, während er antwortete: »Das ist unmöglich, Meister Eginhard, und zwar deswegen, weil es nicht eigentlich um das Verbrechen der Zauberei, sondern eben um die Prozesse gegen Hexen geht. Ich vertrete in diesem Buch die These, daß es bei der von der Inquisition angewandten Prozeßform nicht nur möglich, sondern auch sehr wahrscheinlich ist, daß Unschuldige verurteilt werden.«
    Er hatte es mit Absicht so vorsichtig wie möglich formuliert – in der Tat endete das Buch mit der Feststellung, daß bisher wohl nur Unschuldige verurteilt worden waren –, doch es genügte, um den Drucker bleich werden zu lassen. »Aber … aber der Heilige Vater selbst hatte verboten, an der Existenz von Hexen zu zweifeln!« stieß der Mann entsetzt hervor.
    »Ich weiß, und das tue ich in dem Buch auch nicht«, sagte Richard beruhigend. Ursprünglich war eben dies seine Ausgangsthese gewesen, doch Mario hatte ihn immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß er, wenn er das Buch veröffentlicht sehen wollte, nur die Prozeßpraktiken angreifen durfte, nicht die Existenz von Hexen an sich.
    Seine Versicherung überzeugte den Drucker jedoch nicht. »Wollt Ihr mich bei der heiligen Inquisition in Verruf bringen? Nein, Herr Artzt, diese Art von Drucker bin ich nicht.«
    »Es handelt sich doch nur um einige theoretische Überlegungen, die …«
    »Nein!« Kleine Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn des Mannes. »Niemals. Ich bin doch nicht wahnsinnig geworden!«
    Veronika Fugger gestand es sich nur ungern ein, doch wenn sie darüber nachdachte, dann mußte sie es zugeben, daß sie Angst vor ihrem Schwager Jakob hatte. Umsonst sagte sie sich immer wieder, daß es keinen Grund dafür gab. Nicht nur war sie die Frau seines Bruders, sondern noch dazu die Frau seines ältesten Bruders, und er war dazu verpflichtet, ihr stets mit Ehrerbietung zu begegnen; sollte Ulrich vor ihm sterben, würde Jakob bis an sein Lebensende für Veronika sorgen müssen, so war es in Ulrichs Testament festgelegt. Außerdem würde es Ulrich, der schließlich laut Gesellschaftsvertrag das Oberhaupt des Unternehmens war, gewiß nicht zulassen, daß Jakob Veronika je in irgendeiner Form etwas zuleide tat.
    Nein, es gab keinen Grund, Jakob zu fürchten, und daher hatte sie sich auch all die Jahre Sybille gegenüber sicher gefühlt; doch sie dachte nicht sehr gerne an Annas Verlobung zurück, als Jakob sie so sehr eingeschüchtert hatte, daß sie sich noch wochenlang bemühte, ihm auszuweichen. Das war nun lange her, aber als Jakob sie jetzt am frühen Abend besuchte, bemühte sie sich, nicht zusammenzuzucken.
    »Ich nehme an«, sagte sie, und das heimliche Beben machte ihre Stimme schrill, »du kommst, weil sich deine Gemahlin über mich beschwert hat. Wirklich, Jakob, du hättest kein so junges Ding

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