Die Puppenspieler
war jedoch nicht bereit, irgendwelche öffentlichen Erklärungen abzugeben außer der, daß er König Maximilian ein neues Darlehen gewährt habe, kaum eine unerwartete Neuigkeit. Zwei Tage brauchte er, um sich über die Geschäftsabläufe in den vergangenen Wochen zu informieren, dann bat er seine Brüder sowie einige der wichtigsten Angestellten zu einer Zusammenkunft in die goldene Stube.
»Wir werden«, begann er übergangslos, »unseren Seehandel von nun an nicht mehr nur über Venedig abwickeln müssen. Uns steht die gesamte spanische Küste zur Verfügung. Das Unternehmen wird daher verstärkt …«
»Aber dort herrscht Krieg«, unterbrach Ulrich ihn verblüfft. Unter den Angestellten brach erregtes Gemurmel aus. Jakob hob die Hand. »Ich weiß aus sicherer Quelle«, sagte er mit seiner leisen, präzisen Stimme, die jeden sofort zum Schweigen brachte, »daß die Kapitulation der Mauren in Granada unmittelbar bevorsteht. Damit haben die spanischen Könige freie Hand, um ihre Handelsflotte auszubauen, und der Weg nach Afrika ist frei. Das allein wäre schon ein guter Investitionsgrund, aber ich habe außerdem die Garantie, daß das Unternehmen frei über die spanischen Häfen liefern kann – ohne Zollgebühren.«
Diesmal starrten sie ihn alle nur stumm an. Jedem war klar, was das bedeutete, und auch, daß diese Unterredung absolut geheim bleiben mußte. Wieder war es Ulrich, der aussprach, was alle dachten.
»Jesus, wenn das einer von den verdammten Welsern erfährt, die hier in der letzten Zeit herumgelungert sind, ist der Teufel los. Aber wie bei allen Heiligen hast du das geschafft, Jakob?«
Georg, der bisher stumm geblieben war und seinen jüngsten Bruder beobachtete, wünschte plötzlich, Jakob wäre ein wenig mehr wie Ulrich mit seinen polternden Launen. Dann könnte man ihm auf den Rücken schlagen, ihn zu diesem außergewöhnlichen Geschäft beglückwünschen und sich anschließend einen kleinen Bierrausch gestatten. Statt dessen standen sie alle wie Lehrlinge, die auf das Wort des Meisters warteten, um den marmornen Schreibtisch herum.
»Der König«, sagte Jakob knapp, »hat für seinen Sohn um die Hand der Infantin angehalten. Da Ferdinand und Isabella durch den Krieg zur Zeit hohe Ausgaben haben, waren sie dankbar, zu hören, daß Maximilian keine Mitgift erwartet, sondern im Gegenteil eine zur Verfügung stellt. In Höhe von zehntausend Dukaten. Daher wäre ich dankbar für eine Überprüfung, wo uns eine solche Summe in Silber zur Verfügung steht, und zwar möglichst nahe dem Königreich Aragon. Ich möchte die Kosten für die Söldner, die den Transport bewachen müssen, nicht ins Unermeßliche wachsen lassen, aber die spanischen Könige bestehen nun einmal auf Silber.«
Georg Fugger fand seine Stimme wieder. »Also deswegen warst du so lange fort«, stellte er überflüssigerweise fest. »Um die Heirat zu vermitteln.«
»Beide Seiten hatten gewisse Vorurteile gegeneinander, die behoben werden mußten«, sagte Jakob.
Richard hatte ausreichend Zeit gehabt, sich auf seine Unterredung mit Jakob vorzubereiten, doch er war nicht darauf gefaßt gewesen, daß ihn Sybille vorher noch inmitten der Weihnachtsfeiern beiseite zog und ihm einen erstaunlichen Vorschlag unterbreitete. Er hatte gerade einen Tanz mit Ursula beendet, die wieder einmal von ihrer Mutter zu sich gerufen wurde, und meinte mit einer kleinen Grimasse zu Sybille: »Ist das nicht schade – und ich dachte schon, Frau Veronika hätte mich endlich in ihr Herz geschlossen!«
Statt zu lachen, wie er es erwartet hatte, musterte ihn Sybille ernst und fragte plötzlich: »Warum heiratest du sie nicht?«
»Wen – Veronika?« gab der völlig überrumpelte Richard zurück, was ihm doch noch ein Lächeln einbrachte.
»Du weißt genau, wen ich meine«, sagte Sybille dann. »Warum heiratest du nicht Ursula? Sie ist hübsch, klug, und ihr habt euch doch offensichtlich sehr gerne. Es kann dich auch niemand mehr als mittellosen Freier bezeichnen, im Gegenteil, die Männer, die Ulrich bisher für sie in Aussicht hatte, hatten außer klingenden Namen weit weniger zu bieten als du. Wenn du um ihre Hand anhieltest, ich glaube, du würdest sie bekommen.«
Zuerst wollte er Sybille fragen, ob das ein weiterer Weihnachtsscherz wäre, den er unmöglich ernst nehmen konnte. Selbst wenn er um Ursula anhielte, Veronika würde eher sterben, als ihm ihre Tochter zu geben. Doch dann wurde ihm klar, daß es keinesfalls so absurd war. Veronika hin oder
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