Die Puppenspieler
Völkergemisch von Rom war dies eine Seltenheit. Wir werden sehen, dachte er, während er zähneknirschend an Vittorio schrieb. Wir werden sehen.
Als er fertig war, teilte man ihm mit, daß man ihn erst freilassen könne, wenn Messer Pazzi der Einladung gefolgt sei und ihnen seinerseits einen kleinen Gefallen erwiesen habe.
»Ich hoffe, ihr laßt mich bis dahin nicht in diesen stinkenden Lumpen stecken«, sagte Fabio säuerlich. Seine Angst war fast völlig verschwunden.
Zum ersten Mal sprach der Mann, der neben dem Mädchen mit den grünen Augen stand, und seine Stimme kam Fabio Orsini bekannt vor. »Ich fürchte doch. Wir haben leider keine angemessene fürstliche Kleidung für Euch.«
Vittorio de'Pazzi hielt im allgemeinen nichts von plötzlichen Entschlüssen, doch Fabios Bitte haftete nichts Außergewöhnliches an. Der Junge befand sich einmal wieder in Geldschwierigkeiten, und daß es diesmal um eine politische Angelegenheit und nicht wie üblich um Spielschulden ging, bewies nur, wie sehr sich die Orsini in die Angst vor dem Emporkömmling Borgia schon hineingesteigert hatten. Jetzt griffen sie sogar auf Klatsch zurück, den Kurtisanen anboten!
Dennoch, erstens waren Fabio und die Orsini nützlich, und zweitens konnte es nie schaden, etwas über den Papst zu erfahren. Wer weiß, vielleicht erwies es sich eines Tages als nützlich. Vittorio war nicht der Mann, derartige Möglichkeiten ungenutzt verstreichen zu lassen. Außerdem lockte ihn die Aussicht, die begehrte Fiammetta kennenzulernen.
Sein Mannesstolz war noch immer gekränkt, weil es dem sterbenden Lorenzo noch gelungen war, Caterina Sforza dazu zu bringen, einem Medici vor Vittorio de'Pazzi den Vorzug zu geben. Mit Caterina hatte er auch noch eine Rechnung zu begleichen, o ja. Aber keine Kurtisane in Rom würde ihn abweisen. Sie wußten, wo ihre Vorteile lagen.
Also kam er mit einer kleinen Leibwache zu Fiammettas Haus, und in der Tat, die Schönheit aus Venedig empfing ihn wirklich sehr zuvorkommend.
»Leider müssen wir noch auf den Cavaliere Orsini warten«, erklärte sie, anmutig lächelnd. »Er befindet sich zur Zeit in einem der oberen Gemächer, um mit meinem Pagen Rinaldo die Aussicht zu bewundern. Man sieht von hier bis zum Kapitol, müßt Ihr wissen.«
Das sah Fabio ähnlich, dachte Vittorio de'Pazzi weit weniger ärgerlich, als er gewesen wäre, hätte ihm Fiammetta nicht wie zufällig einen tiefen Blick in ihr weit ausgeschnittenes Kleid gewährt. Fabio hatte nie Prioritäten zu setzen gewußt.
Fiammetta kredenzte ihm einen köstlichen Wein (den sie, wie es in Rom als Geste der Höflichkeit üblich war, zuerst kostete), und schließlich schickte er seine Leibwache in den nächsten Raum. Der Himmel mochte wissen, wie lange Fabio noch brauchte, und es gab angenehmere Dinge als Konversation, um die Wartezeit zu verkürzen.
»Ihr wißt nicht, was es für mich bedeutet«, flüsterte ihm Fiammetta mit heiserer Stimme ins Ohr, »nach all den weichlichen Priestern wieder einen richtigen Mann zu spüren.«
Beim Anblick des einladenden Bettes hatte er ohne langes Zögern Kleidung und Waffen abgelegt. Er wollte den Unterschied zwischen einem Kardinal und einem Pazzi unter Beweis stellen. Doch da spürte er kaltes Eisen an seiner Kehle.
»Das ist ein Scherz«, zischte Vittorio de'Pazzi ungläubig.
»Das ist mein Ernst«, erwiderte Fiammetta kalt, und alles Verführerische fiel plötzlich von ihr ab. »Ich würde dir mit Vergnügen die Kehle durchschneiden, du Schwein, wenn du nicht genau tust, was ich dir sage. Ein Hilferuf, und ich stoße zu. Und jetzt steh auf.«
Während Vittorio von Fiammetta über eine Geheimtreppe in den Keller geführt wurde, loderte in ihm nur eiskalter Zorn. Bei Gott, das würde die kleine Hure büßen!
Er überlegte, ob er nicht dennoch versuchen sollte, zu schreien und Fiammetta dabei den Dolch aus der Hand zu schlagen, doch im Keller erwarteten ihn eine Reihe maskierter und bewaffneter Gestalten.
»Unser Auftraggeber war so zuvorkommend, Eure Leibwächter fortzuschicken«, meinte ein Mann mit gefährlich sanfter Stimme. »Es klingt doch recht plausibel, daß Ihr mit Eurem Freund nach Hause gehen werdet, oder?«
»Wollt Ihr damit behaupten«, stieß Vittorio hervor, »Fabio Orsini wäre …«
»Das habt Ihr gesagt, nicht ich«, schnitt der andere ihm das Wort ab. »Denkt besser darüber nach, falls Euch Euer Leben lieb ist. Alles, was wir von Euch wollen, ist Geld. Nicht das wenige, was Ihr da bei Euch
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