Die pure Versuchung
entschloss, Shannon auf die Insel zu schicken, um nach dir zu sehen, warst du lange genug in diesem selbstgrüblerischen Zustand. Du brauchtest eine Ablenkung. Natürlich war die Entführung zu viel des Guten, aber es trug auch dazu bei, dich von diesem Grübeln abzulenken.“
„Moment mal! Was war das gerade über Mandy? Sie hat Shannon auf die Insel geschickt?“
„Ja. Sie hat natürlich keine Ahnung, dass ich es herausgefunden habe. Shannon rief sie an dem Abend an, als sie dich gefunden hatte. Ich war zu Hause und konnte genug mithören, um zu begreifen, was vor sich ging. Aber ich ließ ihr ihren Spaß.“
Dan fing an zu lachen, und Rafe stimmte in sein Lachen ein. Schließlich stand Dan auf. „Ich hole mir noch ein Bier. Willst du auch noch eins?“
Rafe prüfte, wie voll seine Flasche noch war. „Klar, warum nicht. Das ist schließlich unsere Junggesellenparty, oder?“
Dan ging lachend in die Küche. Als er wieder im Sessel saß, sagte er: „Jetzt ergibt alles einen Sinn. Ich dachte, Shannon hätte sich in der Hoffnung auf einen Job auf die Suche nach mir gemacht.“
„So verzweifelt ist sie sicher nicht. Bei ihrem Lebenslauf und ihrer Erfahrung könnte sie bei einem halben Dutzend anderer Firmen in der Stadt anfangen.“
„Ich habe erfahren, dass sie während unserer Schulzeit in mich verliebt war.“
„Im Ernst? Hat sie dir das erzählt?“
„Natürlich nicht! Sie weiß nicht, dass ich es weiß. Buddy erwähnte es. Nachdem er mir einen Kinnhaken verpasst hatte, weil ich mit seiner kleinen Schwester geschlafen habe.“
„Das muss ja ein lustiger Urlaub gewesen sein. Da bin ich direkt froh, dass ich hiergeblieben bin und gearbeitet habe.“
„Wieso bist du der Ansicht, dass ich mich heute Abend selbst bemitleide?“
„Ich kenne Shannon nicht besonders gut, eigentlich überhaupt nicht. Aber sie kommt mir wie die moderne, unabhängige Frau aus deiner Beschreibung vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jemanden heiratet, nur um die Gefühle ihrer Großmutter nicht zu verletzen. Falls sie die Hochzeit also tatsächlich absagt, wird sie es nicht tun, ohne mit dir vorher darüber zu sprechen.“
„Das gebietet die Höflichkeit.“
„Absolut.“ Rafe lachte in sich hinein.
„Was ist denn so komisch?“
„Das klingt wie aus einem Buch für Benimmregeln.“ Er imitierte Dan: „Das gebietet die Höflichkeit.‘“
„Na ja, so ist es aber.“
„Mandy hatte recht.“
„Inwiefern?“
„Du solltest heute Abend nicht allein sein. Du bist nervös wegen der bevorstehenden Hochzeit. Weißt du noch, wie gnadenlos du am Abend vor meiner Hochzeit warst?“
„Ich und gnadenlos? Das soll wohl ein Witz sein. Ich habe dir eine nette Party organisiert.“
„Oh ja, und dann hast du mir alle Boshaftigkeiten aufgezählt, die Mandy dir seit ihrer Geburt angetan hat.“
Dan grinste. „Ah, ja. Wie konnte ich das vergessen?“
„Aber jetzt sei es zu spät, noch einen Rückzieher zu machen, sagtest du.“
„Ja, das habe ich, was?“
„In Wahrheit war es schon seit Monaten zu spät. Bei dir ist es dasselbe. Du hast Angst. Und du bist nicht einmal sicher, was dir am meisten Angst macht – dass Shannon die Hochzeit womöglich absagt oder dass sie es nicht tut und du sie tatsächlich heiraten musst.“
„Ziemlich jämmerlich, wie?“
„Aber auch sehr normal. Allerdings hätte ich bei einem solchen Erfolgsmenschen wie Dan Crenshaw nie erwartet, dass er sich so verunsichern lässt. Wer hätte das gedacht? Du bist eben doch nur ein Mensch wie wir alle. Willkommen in der Menge.“
„Fahr zur Hölle.“
„Eine feine Art, mit seinem Freund zu reden, der dich davor bewahrt hat, allein in der Dunkelheit zu sitzen und über deine vielen Sünden zu grübeln.“
„Freut mich, dass du dich so gut amüsierst.“
„Sag es, und ich verschwinde. Wahrscheinlich liegt Mandy schon im Bett, aber ich bin sicher, sie hat nichts dagegen, wenn ich zu ihr unter die Decke krieche und sie wieder aufwecke.“
„Bitte, du redest über meine Schwester. Ich will mir nicht vorstellen, wie sie mit jemandem intim wird.“
Diesmal lachte Rafe so laut, dass Dan hoffte, er würde sich verschlucken. Verdient hatte er es, nachdem er Dan zu der Einsicht gebracht hatte, dass er sich vollkommen zum Narren machte.
„Also schön, du hast deine Argumente vorgetragen. Jetzt geh nach Hause und leg dich ins Bett zu deiner Frau. Aber verschone mich mit den Details. Bitte. Ich werde auch ins Bett gehen. Soweit ich
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