Die pure Versuchung
der Familie.“ Dan runzelte die Stirn. „Dabei ist sie eine kleine, zierliche Person. Kaum zu glauben, dass Buddy Doyle mit ihr verwandt ist.“
„Jetzt brauche ich auch einen Drink.“ Rafe stand auf. „In nüchternem Zustand ergibt das alles für mich nämlich keinen Sinn.“ Er verschwand in die Küche. „Ich hoffe, du hast Bier da.“
„Klar, ich habe genug Vorrat wegen der Feier morgen.“ Dan betrachtete seinen verwässerten Drink und stellte ihn ab. „Bringst du mir auch eins mit?“
Rafe tauchte mit zwei Flaschen wieder auf. „Ich bin nicht sicher, ob ich das tun sollte. Deine Worte ergeben nüchtern schon keinen Sinn. Wer weiß, wie verdreht das alles noch wird, wenn du anfängst zu trinken.“
Er machte es sich bequem und legte die Füße auf den Couchtisch. „Und jetzt erzähl mir, wie es kommt, dass Shannons Grandma einen solchen Einfluss in der Familie hat.“
Dan seufzte schwer. „Es liegt wohl daran, dass alle sie respektieren. Ihr Wort ist Gesetz. So ungefähr. Sie trug Buddy auf, herauszufinden, was sich auf der Insel zwischen mir und Shannon abspielte. Er erwischte mich noch halb im Schlaf, und ich konnte mir absolut nicht denken, weshalb er da war. Er warf einen Blick auf Shannon in ihrem sexy Nachthemd und zog seine Schlüsse. Er fand, ich sollte nicht davonkommen, ohne dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt.“
„Und, hast du?“
„Habe ich was?“
„Mit ihr geschlafen.“
„Nein. Nicht, dass ich das nicht gewollt hätte. Aber wir haben nur einmal im selben Bett übernachtet, und das war auf der Jacht. Bis uns der Sturm aufweckte.“
Rafe fing an zu lachen.
„Was ist denn daran so verdammt komisch?“
„Du. Dein plötzlicher Entschluss zu heiraten soll also erzwungen gewesen sein? Eine Mussheirat? Wen hältst du hier eigentlich zum Narren? Du bist verrückt nach ihr.“
„Ja, das weiß ich. Aber niemand hat sich bis jetzt um Shannons Gefühle gekümmert. Ihre Großmutter hat recht. Shannon hat sich allem nur aus Respekt vor ihr gefügt. Sie wollte mich nicht heiraten. Sie wollte lediglich die Chance, sich für einen Job in meiner Firma bewerben zu können.“ Er trank einen großen Schluck Bier. „Findest du das nicht komisch, Rafe? Sie wollte mich nicht heiraten, sondern für mich arbeiten. Was ist aus den Zeiten geworden, als eine Frau einen Job annahm, in der Hoffnung, irgendwann ihren Boss zu heiraten? In der heutigen Generation passiert so etwas jedenfalls nicht mehr. Heutzutage braucht eine Frau keinen Ehemann mehr, um zurechtzukommen. Sie kann unabhängig sein und ihr eigenes Leben führen.“
„Allerdings. Hast du schon mit Shannon darüber gesprochen?“
„Dazu bestand kein Grund mehr. Ihre Großmutter wollte ihr ihren Fehler gestehen und sie um Verzeihung bitten. Wahrscheinlich ist Shannon so erleichtert, dass sie heute Abend unterwegs ist, um ihre wiedergewonnene Freiheit zu feiern.“
„Ich hatte wirklich gehofft, dass du deine Phase des Selbstmitleids überwunden hast. Aber anscheinend läutest du gerade eine neue Runde ein.“
Dan sah Rafe überrascht an. „Was soll das heißen?“
„Du solltest dich selbst reden hören. Du hast automatisch den voreiligen Schluss gezogen, dass keine Frau dich heiraten wird, wenn sie die freie Wahl hat. Wieso sollte sie auch? Du bist hässlich wie die Nacht, ungebildet, nicht sonderlich clever und lebst recht und schlecht von der Hand in den Mund. Was hast du schon zu bieten? Shannon ist mit knapper Not noch einmal davongekommen, oder?“
„Manchmal kannst du wirklich ein mieser …“ Dan räusperte sich. „Ich bemitleide mich tatsächlich selbst, wie?“
„Es hat ganz den Anschein. Ich finde dich hier im Dunkeln vor, ins Leere starrend, einen Drink in der Hand. Alles deutliche Anzeichen, dass deine Selbstmitleidsparty in vollem Gang ist.“
„Wenn du das bedenklich findest, hättest du mich mal auf der Insel erleben sollen.“
„Das war etwas anderes.“
„Ach ja? Inwiefern?“, wollte Dan wissen.
„Du hattest dich für deine Firma abgearbeitet und bist von deinem Partner sabotiert worden. Fast hätte er dich dafür an seiner Stelle ins Gefängnis gebracht. Wenn etwas so Traumatisches geschieht, stellen wir zwangsläufig alles, woran wir geglaubt haben, auf den Prüfstand, einschließlich uns selbst. Es dauert seine Zeit, sich neu zu orientieren. Danach sehen wir uns anders. Wir müssen herausfinden, wer dieser neue Mensch ist, den wir hinter diesem Gesicht entdeckt haben. Als Mandy sich
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