Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
Vom Netzwerk:
Gunther zog mit nur siebenhundert Rittern aus. Sie sangen, als sie sich dem Feind näherten, obwohl ein Sieg unmöglich schien. Aber mit Gottes Hilfe schlugen die Siebenhundert die vierzehntausend Türken. Herr Gunther kam zurück nach Antiochia. Und wieder sangen die Ritter. Herr Gunther aber hatte in seinem Sattel die Buhle des türkischen Feldherrn, das dunkeläugige Mädchen, das ihn Arabisch lehrte.«
    Und als endlich feststand, daß die Kreuzfahrer die alten römischen Befestigungen von Antiochia, die von byzantinischen Baumeistern noch verstärkt worden waren, nicht zu brechen vermochten, war es wiederum Gunther, der die unbezwingliche Stadt in die Hand der Christen brachte. Er nahm Verbindung auf mit einem türkischen Verräter, der für eine stattliche Summe Goldes dem Grafen Bohemund von Tarent ein Tor öffnen wollte. Es war ein Handel mit wenig Aussicht auf Erfolg, und Gunther hatte ihn nur durch seine Kenntnisse des Arabischen abschließen können, ohne selbst recht daran zu glauben. Aber in der Nacht auf den 3. Juni 1098 öffnete der Verräter tatsächlich ein Tor und ließ die Franken in die Stadt. Ein Gemetzel ohnegleichen hob an. Volkmar zog mit seinen Männern durch die eroberte Stadt. Zwei Mädchen in arabischen Kleidern knieten vor ihm und bettelten um Erbarmen vor ihm. Schon wollte der Graf zuschlagen, als die beiden das Kreuzeszeichen machten. Zu seiner Überraschung erfuhr er, daß sie Christinnen waren und der römischen Kirche des Abendlandes angehörten. Er rief seinen Leuten zu, die Mädchen zu schonen. Aber noch ehe er zu Ende gesprochen hatte, waren die beiden erschlagen - wie Tausende ihrer Glaubensgenossen. Angesichts des sinnlosen Wütens, bei dem alles ohne Unterschied niedergemacht wurde, steckte Volkmar sein Schwert in die Scheide. Er war nicht gewillt, dieses Morden noch weiter mitzumachen. An die Mauer einer Moschee gelehnt, die von seinen eigenen Männern ausgeplündert worden war, versank er in trübseliges Grübeln. Er hörte die Schreie der Sterbenden nicht mehr. Er dachte nur noch an die fernen Tage, als er sich in der kühlen Burg von Gretsch entschlossen hatte, das Kreuz zu nehmen. Und er sehnte sich nach seiner einfachen deutschen Burg.
    »In solchen Stunden« (schrieb Wezel von Trier) »wanderte mein Herr Volkmar, während die anderen sich bereicherten mit Krügen voll Weihrauch und Truhen voll Gold, mit leeren Händen durch die Straßen von Antiochia. So kam er auch zu dem Gebäude, das einst die Kirche von St. Peter und Paul gewesen, jetzt aber eine Moschee war. Er trat ein, und an der Stelle, wo früher der Altar gestanden, ehe die Muselmänner ihn niedergerissen hatten, betete er, Gott möge ihn in Frieden nach Jerusalem führen, denn er war des Tötens sterbensmüde. Doch selbst da er betete, jagten Männer von Gunthers Heer drei Türken in die Moschee, schlitzten ihnen den Bauch auf und warfen ihre Gedärme über das Schnitzwerk, das ihrem Gott Mohammed heilig ist.«
    Als die Kreuzfahrer nach Jerusalem weiterzogen, blieb Graf Bohemund als Fürst von Antiochien zurück, während Balduin von Bouillon, ein einfacher Ritter nur, nach dem fernen Edessa geschickt wurde mit dem Titel eines Grafen; seitdem blickten alle, die wie Gunther von Köln sich selbst ein Reich im Heiligen Land zu erwerben beabsichtigten, voller Hoffnung und Mut der nächsten Schlacht entgegen und sprachen untereinander von ihren Träumen. Volkmar von Gretsch aber ritt allein. Er war mit seinen jetzt einundfünfzig Jahren ein alter Mann geworden, sein rötliches Haar wurde allmählich weiß. Sein Nacken war noch immer kräftig, aber sein Schwertarm nicht mehr so schnell wie einst, und manchmal fühlte er sich in der Schlacht kaum noch stark genug, im ersten Treffen zu reiten. Drei seiner Pferde waren auf dem Schlachtfeld geblieben, und wenn er so einsam dahinzog, glaubte er zu ahnen, daß das vierte ihn mit sich nehmen werde, ohne daß er Jerusalem zu Gesicht bekommen hatte. Er hoffte auch gar nicht mehr darauf. Das Heer blieb in Syrien stecken, das Fieber wütete in den Lagern. Die Zukunft war düster.
    Dann aber, im Frühjahr 1099, am Ende des dritten Kriegsjahres, begannen sich die Dinge mit erstaunlicher Geschwindigkeit zu ändern. Die arabische Stadt Ma’arrat fiel; die Befestigungen von Arkah allerdings waren noch stärker als die von Antiochia. Aber da kamen die Kreuzfahrer endlich auf den richtigen Einfall:    Sie ließen nur ein kleines
    Belagerungsheer zurück und umgingen die nur schwer

Weitere Kostenlose Bücher