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Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Menschen, den man liebte, dahinwelken ließ. Michael konnte beinahe Verständnis für Ilja Raechen aufbringen.
    »Vielleicht wissen Sie wirklich nicht, wohin man sie gebracht hat, aber vielleicht weiß es ja Ihre Freundin.« Der tätowierte Russe trat vor die Videoanlage und drückte wieder auf einen Knopf. Plötzlich zeigte jeder Fernsehbildschirm und jeder Computermonitor das Bild von Susans Hand auf Michaels Wange. Die Monitore bedeckten die gesamte Wand.
    »Sie werden sie niemals finden«, sagte Michael.
    Raechen ging zur Tür, öffnete sie und drehte sich dann noch einmal zu Michael um. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen; es war kein Ausdruck der Freude, sondern der Siegesgewissheit.
    »Das habe ich bereits«, sagte er, ging und schloss hinter sich die Tür.
    Als die Tür hinter Raechen ins Schloss fiel, begann Michael fieberhaft nachzudenken. Mit Selbstmitleid oder Panik durfte er keine Zeit vergeuden. Er klammerte sich an einen einzigen Gedanken: Wenn er die Chance haben wollte, Susan zu retten, musste er hier raus.
    Er schaute auf die Handschellen um seine Arme und drehte sich auf dem Stuhl, schaute sich im Raum um und suchte nach einer Lösung. Die Bilder, die Susan und ihn zeigten, liefen noch immer über die Bildschirme der Fernseher und Computer. Michael versuchte krampfhaft, nicht hinzusehen. Er konnte sich nicht leisten, dass ihm seine Gefühle in die Quere kamen.
    Er starrte auf die Armlehnen des Stuhls, an den er gefesselt war. Wie der Stuhl selbst waren die Lehnen aus hartem, dickem Holz. Es war kein zierliches, zerbrechliches Möbel, wie man sie in Frankreich in Antiquitätenläden finden konnte, sondern schwer und solide. Raechen war nicht dumm. Er hatte gewusst, was er tat, als er Michael hier eingesperrt hatte.
    Nur kannte er Michael nicht.
    Michael versuchte, an seine Brusttasche heranzukommen. Er brauchte seine Sonnenbrille, und er brauchte sie jetzt, doch hielten die Handschellen seine Hände in einer Position, dass ihm die entscheidenden Millimeter fehlten.
    Michael schaukelte mit dem Stuhl vor und zurück, bis er endlich umfiel. Er landete auf der Seite, und sein Kopf schlug auf dem Boden auf. Er ignorierte den Schmerz und schaukelte so lange weiter, bis er vornübergebeugt auf dem Boden lag und der Stuhl, an den er mit den Handfesseln gefesselt war, seinen Rücken bedeckte. Er beugte sich vor, bis die Sonnenbrille aus seiner Brusttasche fiel und vor ihm auf den Boden prallte. Er drehte und wendete seinen Körper, bis er die Brille mit der linken Hand aufheben konnte. Er klappte sie auf, legte das Gestell mit den Gläsern nach unten auf den Boden und drückte, bis das rechte Seitenteil absprang. Vorsichtig hob Michael das Seitenteil auf. Es war zehn Zentimeter lang und ungefähr drei Millimeter dick – perfekt für seine Zwecke.
    Er zog mit dem linken Arm, bis die Handschelle so weit wie möglich von der Armlehne entfernt war. Ganz langsam bewegte Michael den dünnen Metallstift in Richtung der Handschelle, nicht in Richtung des Schlosses, denn dies war ein Trugschluss: Obwohl es meist Einheitsschlüssel waren, die bei Handschellen verwendet wurden, war es gar nicht so einfach, eines dieser Schlösser zu knacken.
    Michael bewegte den dünnen Metallstift auf die winzige Öffnung zu, an der die Zahnenden der Handschelle in das Aufschraubende griffen. Der dünne Metallstift passte haargenau in die Öffnung hinein. Mit einer geschickten Bewegung drückte Michael den Stift fest gegen das Aufschraubende, bis er ein Klicken vernahm; der Verschluss löste sich von den Zahnenden und wurde nach oben gedrückt. Die Handschelle fiel herunter. Endlich hatte Michael eine Hand frei. Mit der anderen Handschelle machte er kurzen Prozess. Dann nahm er die Handschellen vom anderen Stuhl herunter und steckte sich alle vier Exemplare in die Hosentasche. Im Moment brauchte er sie zwar nicht unbedingt, doch nahm er an, dass er später bereuen würde, wenn er sie zurückließe. Er stellte den Stuhl auf, schob ihn vor die Hauptarmaturen und drückte auf den Knopf, den auch Raechen betätigt hatte. Die Flut von Bildern fror augenblicklich ein und zeigte jetzt nur noch Susans Gesicht. Michael konnte nicht anders, er musste daraufstarren. Er studierte ihre Züge und ihr Lächeln, das aus den Augen kam. Michael spürte, wie Wärme ihn durchströmte.
    Er drückte auf einen anderen Knopf. Augenblicklich zeigten die Bildschirme verschiedene Ansichten des Kremls, von innen wie von außen. Kirchen, Büroräume,

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