Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
Vom Netzwerk:
war und die man nirgendwo sonst auf der Welt bestaunen konnte. Diese Schönheit hatte Michael beim ersten Mal gar nicht richtig wahrgenommen; dieses Mal war der Eindruck umso nachhaltiger.
    Die Gruppe hatte den Platz zur Hälfte überquert, als die Sirenen ertönten. Alle in der Reisegruppe zuckten zusammen, und Furcht erfasste die Leute. Wachen und Armeeangehörige schienen aus jeder Tür zu strömen. Eine ganze Hundertschaft stürmte aus den Mauern, als hätte sie nur auf diesen Augenblick gewartet.
    Michael wusste genau, was den Störfall hervorgerufen hatte – er selbst. Lässig bewegte er sich zur Mitte seiner Gruppe und tat so, als wäre er überrascht. Dass er dies alles beängstigend fand, brauchte er indes nicht vorzutäuschen. Die Gruppe stand wie erstarrt da aus Angst, die Wachen würden sich auf sie stürzen, wenn sie Anzeichen von Panik zeigten.
    Die Soldaten riefen einander zu, als sie auf den Kongresspalast zurannten. Michael konnte hören, wie ein junger Mann aus einer Studentengruppe die Worte der Soldaten übersetzte. »Sie suchen nach einem Mann, der eine Gefahr darstellt. Hochgewachsen, dunkles Haar.« Der Student blickte in die Runde seiner großen Gruppe. »Das könnten viele von uns sein.«
    Aus dem Haupttor konnte Michael jetzt nicht mehr heraus, ebenso wenig aus einem anderen Tor. Die Wachen würden jeden überprüfen und nach dem Amerikaner mit dem dichten braunen Haar fragen. Michael saß in der Falle, und wenn man ihn schnappte, würde das nicht nur Auswirkungen auf ihn selbst haben: Sein Vater würde sterben.
    Und Susan ebenfalls.
    Michael wusste, dass es für ihn jetzt nur noch einen Ausweg gab: seinen ursprünglichen Fluchtweg. Er und Busch hatten abgemacht, den Kreml durch seine Innereien zu verlassen, falls etwas schiefging. Doch um dorthin zu gelangen, musste Michael es erst einmal über das achtundsechzig Morgen große Gelände bis zum Arsenal schaffen – zu dem einen Aufzug, der ihn zum medizinischen Labor und zu dem Luftschacht bringen konnte, der zum Höhleneingang führte. Nur war das Arsenal, wie Michael wusste, die Zentrale für die Einsätze des Präsidialregiments, der Kremlwachen, einer Armee, die aus Russlands besten Elitesoldaten bestand und von einer Führungsspitze kommandiert wurde, die noch von der alten Schule war. Um diesen Männern zu entgehen, würde Michael ihr Allerheiligstes betreten müssen; er würde sich mitten ins Hornissennest begeben müssen, um zu entkommen.
    Doch wenn er es mit dem Fahrstuhl bis in die medizinische Einrichtung schaffte, würden die Wachen nicht in der Lage sein, ihm durch die alten Tunnel und Höhlen zu folgen. Sie wussten wahrscheinlich nicht einmal, dass diese alten Gänge existierten. Michael hatte sich den Weg zum Ausgang genau eingeprägt. Das Labyrinth würde sein Verbündeter werden, während es für seine Verfolger zum Untergang wurde.
    Nur musste er erst einmal dorthin kommen.
    Ein Aufgebot an Wachen war aufgetaucht, die denen als Verstärkung dienen sollten, die bereits im Einsatz waren. Sie waren schwer bewaffnet und suchten nach der Person, die ihren Regierungssitz geschändet hatte. Michael hatte am eigenen Leib erfahren, welche Entschlossenheit und welchen Zorn der amerikanische Geheimdienst und die Polizeieinheiten an den Tag gelegt hatten, als er ins Kapitol in Washington eingedrungen war. Diese Soldaten hier würden nicht minder brutal reagieren: Wenn sich ihnen eine Gelegenheit bot, würden sie schießen – mit der Absicht zu töten.
    Michael wusste, dass er nicht einfach losrennen konnte; damit hätte er sich zu einer sicheren, einsamen Zielscheibe gemacht und wäre spätestens nach fünfzehn Metern tot umgefallen. Er brauchte Deckung.
    Im nächsten Moment kam es ohne jede Vorwarnung zu einer Explosion. Das Geräusch kam von den Mauern auf der anderen Seite des Kremls, und schwarzer Rauch stieg in der Ferne auf. Furcht wandelte sich in Panik. Die Reiseführerin war jung und unerfahren; mit einer Situation wie dieser wurde sie nicht fertig. Sie fiel ihrer eigenen Hysterie zum Opfer und rannte davon, ohne sich um die anderen zu kümmern.
    Michael blickte sich um. Die Explosion war kein Zufall gewesen. Er griff nach seinem Handy und tat so, als würde er telefonieren. Mehrere Engländer starrten ihn an. Michael nickte und drehte der Gruppe den Rücken zu. »Okay«, sagte er zu niemandem. »Ich weiß, wo das ist.« Dann klappte er das Handy zu.
    »Hören Sie«, sagte er und wandte sich an die dicht stehende Gruppe.

Weitere Kostenlose Bücher