Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
nächsten Moment drehte er sich zu Michael um, und ihre Blicke trafen sich.
Es wurde totenstill im Raum. Alle schauten auf Martin.
»Wer ist dran?«, fragte Michael.
Martin kam zum Konferenztisch zurück und drückte die Lautsprechertaste des Telefons, das darauf stand.
»Mister St. Pierre?« Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang dumpf und ging fast unter in atmosphärischen Störungen. »Vielen Dank, dass Sie meine Mutter gerettet haben.«
»Wie Sie Ihr russisches Schoßhündchen darauf angesetzt haben, sie uns vor der Nase wegzuschnappen, könnte sie aber ebenso gut tot sein.«
»Nun, sie ist aber am Leben und hält sich jetzt wieder bei ihrer Familie auf. Deshalb danke ich Ihnen für Ihre Bemühungen. Sie wissen natürlich, warum ich Sie anrufe, nicht wahr?«
Alle sahen Michael an. Der schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Stimme. »Sie wollen mir erklären, warum Sie mich verraten und betrogen haben?«, fragte Michael.
»Ich soll Sie betrogen haben?« Ziveras Stimme klang eisig und hart und hallte von den Wänden des Jets wider.
»Sie lassen uns die Drecksarbeit machen, und dann schnappt uns Ihr General Fetisow Genevieve und die Schatulle vor der Nase weg und lockt uns in eine Falle, damit wir darin verrecken. So etwas würde ich Verrat nennen.«
»Er hat keine gute Arbeit geleistet, denn Sie leben ja noch. Was, wie ich annehme, rückblickend mein Glück ist, nicht wahr?«
»Nicht wenn die Medien weltweit dahinterkommen, dass ein so frommer Mann wie Sie weder vor Erpressung noch vor Entführung und Mord zurückgeschreckt hat.« Michael hatte Mühe, seine Wut zu zügeln. »Und wissen Sie, was passiert, wenn die Leute die Wahrheit herausfinden? Wenn sie erfahren, dass jemand, der eigentlich ein Seelenhirte sein sollte, eine Stütze des Ehrgefühls und Anstands, ein Heuchler ist, der sich an allem versündigt, was er predigt? Dann werden die Leute Blut sehen wollen. Ganz besonders, wenn es sie so viel von ihrem hart verdienten Geld gekostet hat.«
Zivera lachte leise in sich hinein. »Die Presse tut sich bisweilen schwer damit zu glauben, was Diebe erzählen, Michael. Haben Sie Ihren Dad schon wiedergesehen? Wie geht es Ihrem Polizistenfreund? Genießen Sie die Wiedervereinigung? Ach, warten Sie … da fehlt noch jemand. Wer könnte das sein?«
»Wo ist Susan?«, fragte Michael.
»Fetisow konnte sich kaum zurückzuhalten. Er wollte sie wirklich gern umbringen, aber Geld hat nun mal die Angewohnheit, Leidenschaft in den Hosentaschen verschwinden zu lassen. Er hat sie mir unversehrt übergeben.« Zivera hielt einen Moment inne. »Was aber nicht heißt«, fuhr er dann fort, »dass sie noch lange unversehrt bleibt. Fakt ist, dass ich ihr eine verbleibende Lebenserwartung von vierundzwanzig Stunden einräume.«
»Soll mich das in Angst und Schrecken versetzen?«, bluffte Michael, dem eiskalt wurde.
»Nein, es soll Sie motivieren«, gab Zivera zurück.
»Was zu tun?«
»Hören Sie auf mit dem Unsinn!«, fuhr Zivera aus der Haut. »Bringen Sie mir die Schatulle!«
Michael ging in Kelleys Schlafzimmer und kam mit seiner Tauchtasche zurück. Er griff in den wasserdichten Beutel und nahm seinen schwarzen Rucksack heraus, legte ihn auf den Konferenztisch und zog den Reißverschluss auf.
»Sie werden sie trotzdem umbringen«, sagte Michael.
»Nicht, wenn Sie mir meine Schatulle bringen.«
Für einen Moment war es still.
»Ich habe sie nicht«, sagte Michael dann, griff dabei in den Rucksack und nahm die goldene Schatulle heraus. Er stellte sie mitten auf den Tisch. Aller Augen richteten sich darauf.
Busch drehte sich zu Simon und grinste ihn an.
»Warum kann ich Ihnen nicht glauben?«, fragte Zivera.
»Vielleicht, weil ich Ihnen nicht glaube.«
»Warum sagen Sie so etwas?«
»Weil Sie meinen Vater getötet hätten, wenn er nicht entkommen wäre, und weil Sie Paul und mich hätten verrecken lassen.«
»Wie ich sehe, spielen wir hier Schach mit Worten. Gut. Wenn Sie meinen, dass ich sie sowieso töten werde, sollte ich es vielleicht jetzt gleich tun.«
Michael schwieg.
»Bringen Sie mir die Schatulle«, sagte Zivera, »und ich lasse sie am Leben. Kommen Sie allein, Michael. Sonst werden Sie alle sterben.«
Michael sah jeden am Tisch an. Simon schüttelte verneinend den Kopf.
»Sie wären vielleicht bereit gewesen, Ihren Vater sterben zu lassen, Michael …«
Kelley schaute in Michaels Richtung, aber der wich dem Blick seines Vaters aus.
Zivera fuhr fort: »Aus irgendeinem Grund
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