Die Quelle
genommen
hat. Er wird sie zu Tode foltern, falls du dich nicht sofort stellst.“
Der Priester hatte den Satz rasch gesprochen, als
würde er etwas schmutziges so schnell wie möglich von sich werfen
wollen. Das also plante der rachsüchtige Gott! Anthalion hatte seine
Schwachstelle gut erkannt und nutze sie einmal mehr aus. Der Priester musterte
ihn, als versuche er seine Gedanken zu lesen, indem er nur sein Gesicht studierte.
„Ich weiß nicht, weshalb er dir über uns diese
Nachricht zukommen lassen wollte…“, übernahm Gordin wieder das Wort, als
ertrage er Leathans nachdenkliches Schweigen nicht, „…aber falls es daran
liegt, dass du zu Balderia betest, möchte ich dich wissen lassen, dass
Loodera bei unserer Göttin einen besonderen Stellenwert hat. Als Balderia
uns zum ersten Mal erschienen ist, hat sie uns ausdrücklich angewiesen,
Looderas Ratschläge in Sachen Heilkunde zu suchen und zu befolgen. Ich weiß
zwar nicht, was Anthalion von dir will, aber wir alle beten, dass Balderia
weiterhin ihre schützende Hand über Loodera halten möge, auch
wenn sie nur eine Novizin Anthalions ist.“
Natürlich ahnte Gordin nicht, dass Loodera keinen
Fürsprecher brauchte, das wollte Leathan als erstes klarstellen.
„Du brauchst nicht mit mir über das Leben von
Loodera zu verhandeln, ich kenne sie persönlich und werde sie sicherlich
nicht dem Zorn Anthalions ausliefern. Ich werde mich stellen, doch ich
weiß nicht, ob das Anthalion von seinem Vorhaben abbringen wird. Ich kann
nur hoffen, dass er tatsächlich sein Wort hält und sie verschont. Ich
habe nur keine Passierscheine für die Brücken…“
Gordin wirkte erleichtert, seine für einen Mann
ungewöhnlich anmutigen Züge entspannten sich.
„Ich kann dich bis zu Anthalions Tempel begleiten, wenn
du möchtest. Dort übergebe ich dich dann den Wachen und werde
betonen, dass du dich freiwillig gestellt hast, vielleicht kommt dir das zu
Gute. Danach können wir alle nur darauf hoffen, dass Anthalion, unser
aller Hohepriester, Loodera verschont.“
Leathan war nicht entgangen, wie Gordin den hohen
Respekt, den er für Anthalion empfand, betont hatte. Seine Worte hatten
wie eine unterschwellige Warnung geklungen, als vermute er, wohl zu Recht,
Leathan würde ein Feind des Gott-Königs sein. Darauf einzugehen, lag
Leathan fern.
„Nun zu etwas anderem…“ Leathan hatte die Priesterin
entdeckt, deren Fragen er am Vortag unbeantwortet gelassen hatte und winkte sie
zu sich. „…Balderia möchte nun deine Fragen beantworten.“
Wie er es erwartet hatte, wirkten alle Anwesenden
erstaunt und misstrauisch zugleich. Noch konnten sie natürlich nicht
verstehen, weshalb ein vermeintlicher Feind Anthalions eine Botschaft von
Balderia übertragen konnte. Leathan konnte die Anwesenheit der Göttin
nahe bei sich spüren, als beobachte sie genau das Geschehen, nun da sie
sich auf Leathans Vorschlag eingelassen hatte. Sie überließ es dennoch
ihm, seine Macht zu nutzen, um die noch zweifelnden Priester zu
überzeugen. Leathan hob die Arme zu einem Gebet, das er gerade erfunden
hatte.
„Balderia, Göttin der Liebe, die Du die
Schönheit Dein nennst, ich schenke Dir meine Seele, ich übergebe Dir
meinen Körper. Balderia ich flehe Dich an, stehe uns zur Seite.“
Eine Windböe, die er selbst magisch erzeugt hatte,
erfasste sein Gewand, ehe Leathan zum Höhepunkt seiner Vorstellung kam. Er
spürte, wie einmal mehr sein Körper langsam seine Züge
änderte und vor den verwunderten Blicken der Anwesenden, langsam die
ätherische Form Stellas annahm. Die Priester, doch auch ihre Gehilfen und
Liudin, waren von Ehrfurcht erfüllt. Keiner von ihnen zweifelte daran, die
Göttin selbst zu sehen, wie sie den Körper des Fremden
übernommen und nach ihrem Abbild verändert hatte. Zum ersten Mal überbrachte
Stella eine Botschaft Balderias in dem Wissen, diese entsprach tatsächlich
dem Wunsch der Göttin selbst.
Kapitel 7
Wieder stand Leathan vor Anthalion, doch diesmal
erwartete er den Tod. Natürlich hatte nicht vor, sich kampflos zu ergeben,
doch er ahnte, am Ende würde der übermächtige Gott-König
siegen. Er vermutete, Selimka würde sich nicht einmischen. Balderia
zufolge hatte sie nicht vor, sich weiterhin in diesen Konflikt einzumischen.
Balderia würde sich jedoch durch ein Eingreifen zu Gunsten Leathans noch
nicht verraten wollen. Ihr Plan war es, noch zusätzliche Verbündete
unter den Göttern finden. Die Zeit der Götter würde jetzt wohl kommen,
während
Weitere Kostenlose Bücher