Die Quelle
sollten. Es reichte ihnen offensichtlich nicht zu wissen,
wer sie war. Sie konnten sich nicht damit abfinden, dass diese
übernatürlich wirkende Erscheinung namens Stella tatsächlich Leathan
war, ihr ehemaliger Kampfgenosse. Stella wollte versuchen, die entstandene Distanz
zu überwinden, denn ihre kumpelhafte Freundschaft vermisste sie.
„Ich mag euch etwas fremd erscheinen, aber wo bleibt mein
Tee, wo bleibt eure Gastfreundschaft?“
Ein tadelnder Blick von Khalen zu Irgiel reichte aus, um
den jungen Krieger auf die Beine springen zu lassen. Nur wenig später
hatte Stella eine Tasse heißen Tee in der Hand. Die Schalen mit den
Nüssen, dem getrockneten Fleisch und dem schon hartem Brot wurden
näher geschoben. Sihldan lächelte leicht spöttisch, als Irgiel
versuchte sich zu rechtfertigen.
„Ehrlich gesagt, dachte ich, du brauchst nicht zu
essen…“, stammelte der junge Krieger.
Stella nahm einen Schluck von dem Tee und antwortete.
„Enttäuscht?“
Irgiel errötete leicht. Sihldan übernahm es,
seine Krieger erneut zu belehren, während Stella ihr Frühstück
genoss.
„Ich habe euch doch schon gesagt, dass sich hinter dieser
Maske Leathan verbirgt... er ist nur hübscher geworden!“ Einige seiner
Krieger wagten es zu grinsen, während Sihldan Stella einen etwas
neckischen Blick zuwarf. „...Was mir noch nicht klar ist, ist weshalb du
ausgerechnet einen weiblichen Körper gewählt hast. Ich meine, du
siehst atemberaubend aus, sicher, auch deine Stimme hat… etwas magisches an
sich, aber wenn man schon einen Körper wählen darf, liegt es dann
nicht nahe, einen gut gebauten, kräftigen, männlichen Körper zu
wählen?“
Stella lächelte erheitert, die Einfachheit des
Gespräches bot mehr Erholung, als der Schlaf der letzten Nacht und die
Energie der Quelle es vermocht hatten. Sie genoss diesen Augenblick der Rast.
Wusste Sihldan, was er da tat? Gespielt kritisch, sah sie auf sich selbst
herab.
„Na, ja, eigentlich eine gute Frage… Dieser Körper
kann mehr Energie enthalten, als Leathans Körper, weil er aus der Quelle
geboren wurde. Die männliche Kraft brauche ich also nicht. Und sonst…
Diese Erscheinung ist doch sehr nützlich, oder? Die meisten Gegner sind
männlich... In Anthalia hat man mich für Balderia gehalten!“
Sihldan schüttelte scheinbar verständnislos den
Kopf und leerte seine Tasse.
„Mir wäre es lieber gewesen, für Kegalsik
gehalten zu werden!“
Mit einem kurzen Blick in seine Gedanken erkannte Stella,
dass der Clananführer den Grund für ihre Wahl eines weiblichen
Körpers in dem Augenblick verstanden hatte, da er sie an der Seite des
Königs gesehen hatte. Er genoss es einfach nur, seine Männer zu
unterhalten, und nebenbei ein Gespräch über Belangsloses mit ihr zu
fühlen. Er fühle sich ihr dadurch nahe und konnte einen Augenblick
lang, sowohl seine Sorgen um die Zukunft seines Clans vergessen als auch seine
Trauer um die Toten ablegen. Sihldan stand auf und streckte sich.
„Alles schön und gut, doch in den Genuss eines Bades
wirst du heute wohl nicht kommen können, es sei denn du willst meine
Krieger noch mehr verwirren!“
Von einigen seiner Männer begleitet, schlenderte er
hinunter zum See, zog sich aus und sprang in das kühle Nass. Stella musste
über seine Schamlosigkeit lachen, doch der Anblick des Wassers, das einst
die Macht der Quelle in sich geborgen hatte, ließ sie plötzlich
wieder ernst werden. Sie dachte an Selimka, die Göttin des Meeres. War sie
wirklich so unbeteiligt, wie es den Anschein hatte? Selimka hatte ihr Reich
geschützt, so lange es ihr möglich gewesen war, doch nun war ihr Volk
enttarnt worden und die Bewohner der Meere nicht länger vor denen des
Landes in Sicherheit. Hegte Selimka deshalb einen Groll gegen Stella? Hatte sie
Kegalsik in ihrem Schoß versteckt? Noch während sie darüber
nachdachte, wurde ihr bewusst, dass ihre Erholungspause vorbei war… Sie stand
seufzend auf und kontaktierte Sihldan.
Sihldan war es inzwischen so sehr gewöhnt,
telepathische Botschaften zu erhalten, dass er sich nicht darüber wunderte.
Der Inhalt dieser Botschaft erstaunte ihn dennoch. Er schwamm diskret etwas
abseits seiner Männer und tauchte unter das Wasser, um in der Tiefe des
Sees Stellas Information zu überprüfen. Er tastete in den Schlamm,
der den Boden des Sees bedeckte und wie Stella es ihm verraten hatte, konnte er
Schwerter erfühlen… Er ließ sie, wo sie waren, und tauchte wieder
auf. Er spürte wie Stella tief in
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