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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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Saal um und verfluchte den muffigen Geruch, der von den
Wandbehängen ausging und den Duft seines Badewassers in den Hintergrund
rücken ließ. Er würde sie verbrennen und stattdessen Statuen
aufstellen lassen, entschied er kurzerhand, während die Priester noch
immer mit dem Gesicht zum Boden lagen und darauf warteten, dass seine
Aufmerksamkeit ihnen zukam. Er überlegte noch, ob er sich ihnen heute
widmen wollte oder nicht. Manchmal verließ er auch den Thronsaal, ohne
sie vorher angehört zu haben. Schließlich widerstand er der
Versuchung, sie auf diese Weise noch zusätzlich zu demütigen und er
brach die Stille.
    „Aufstehen.“
    Mit erleichtertem Blick wandten sich die Priester die als
Bittsteller gekommen waren ihrem Gott zu. Für seine Verhältnisse
hatte er sie außergewöhnlich schnell wahrgenommen und ihre
unterwürfigen Blicke zollten ihm den Dank, der ihm gebührte.
    „Allmächtiger Anthalion, wir erhielten Botschaften
von den anderen Göttern. Sie bitten um die Gnade deiner Aufmerksamkeit.
Priester aller Götter warten in deinem Tempel auf dein Erscheinen.“
    Anthalions Körper verkrampfte sich und er zupfte
wütend an dem plüschigen Samt, der seinen Thron zierte. Dass die
anderen Götter ihn über den Umweg der Priester riefen, verhieß
nichts Gutes. Tatsächlich hatte er seit Wochen versucht ihre Rufe zu
ignorieren, doch länger konnte er sie wohl nicht mehr hinhalten. Konnten
sie ihn denn nicht in Ruhe lassen? Er würde seine Aufgabe schon
erfüllen! Und zwar dann, wenn er es für richtig hielt! Er
überlegte noch… Konnte er es sich leisten, seine Geschwister zu
erzürnen? Sie waren es, die Jahr für Jahr dieser sterblichen,
menschlichen Hülle genug Energie zukommen ließen, um sie vor dem
Zerfall zu schützen… Natürlich brauchte er die Hilfe seinesgleichen,
doch auch sie brauchten ihn... Allein er hatte die Möglichkeit, ihre Rache
zu vollziehen, allein er hatte einen Weg gefunden, sich einen Körper zu
verschaffen… Ja, er war der mächtigste Gott dieser Welt! Nicht einmal
Kegalsik konnte sich noch mit ihm messen! Und doch… Als sie sich alle gegen ihn
gerichtet hatten, um ihn zu verbannen, wäre es ihnen fast gelungen, seine
Existenz zu beenden… und hier, jetzt, als Mensch, hatte er zwar deren Achtung
widergewonnen, doch er blieb auf ihre Hilfe angewiesen… Schließlich
fügte sich Anthalion widerwillig, wie er es allzu oft hatte tun
müssen… Er sah auf die furchterfüllten Priester.
    „Gut. So sei es. Ihr könnt gehen, ich werde bald bei
euch sein.“
    Die Bittsteller verließen den Thronsaal, so rasch
und so leise es ihnen möglich war. Der Zorn Anthalions war offensichtlich,
seine Stimme eisig. Den Grund dafür kannten sie nicht und sie wollten ihn
nicht kennen.
    *
    Anthalions Gedanken quälten ihn noch, als er seinen
Tempel betrat. Nun, da er bald die Rache der Götter vollziehen würde,
waren seine Tage als Mensch gezählt. Er hatte diesen Augenblick so lange
wie möglich verzögert, doch nun konnte er es nicht länger.
    Er schritt in Richtung einer übergroßen Statue
von sich selbst, die er hinter dem Altar seines Tempels hatte aufstellen
lassen. Sie blickte auf jeden herab, der den Raum betrat. Wo auch immer man
sich in dem Saal befand, es wirkte immer, als ob die Augen der Statue auf einen
gerichtet waren. Eine Hand der Statue war ausgestreckt und hielt einen an eine
lange Kette gebundenen fünfeckigen Anhänger mit einem eingravierten
Pentagramm, welches immer kleiner werdende, endlose Pentagramme enthielt. Jedes
zweite Pentagramm stand auf dem Kopf.
    Es war das Symbol seiner endlosen Macht und der
Wechselhaftigkeit seines Charakters… Er war der vielfältigste der
Götter, er war sowohl dem Leben zugewandt, als auch dem Tod. Anthalion gab
sich als ein unberechenbarer Gott, der sowohl Güte als auch Grausamkeit
ausübte. Ein launischer Gott, geliebt, verehrt und zugleich
gefürchtet. Unzählige Legenden hatten die Priester erfunden, um Anthalion
vor den Augen der Menschen darzustellen. Wundersame Geschichten, wie Anthalion
fand, und doch glaubten die Menschen an sie. Sie glaubten sogar an die
absurdeste von allen, die besagte, Anthalion habe Kegalsik erschaffen, um
Asildia, den Gott der Sonne, Iridien, den Gott der Erde, und Selimka, die
Göttin der Meere, gegeneinander aufzuwiegeln. Aus diesem Konflikt sei die
Welt entstanden. Anthalion habe sich anschließend mit Balderia, der
Göttin der Schönheit und der Liebe gepaart. Aus dieser Verbindung sei
das menschliche

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