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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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recht, wenn ich den Krieg hier in der Bibliothek aussitzen würde. Aber Enygme will keine gelehrten Theorien, sie will Kanura zurück. Ich bin nur hier, um einen Anhaltspunkt für meine Suche zu finden. «
    » Unsere « , korrigierte der Schanchoyi.
    » Das kann ich nicht von dir verlangen, Oberster meiner Weisen und Ratgeber. Dein Wissen und deine Voraussicht werden für die gesamte Sippe gebraucht. Und wo immer ich Kanura suchen werde, dort mag es nicht ungefährlich sein. «
    » Wo willst du anfangen? « , fragte der Schanchoyi, ohne auf die Bedenken seines Freundes einzugehen.
    Esteron zuckte mit den Schultern, starrte dann eine Weile vor sich hin.
    » Die Nymphe « , sagte er schließlich. » Kanura hat gesagt, eine Nymphe habe ihm ihre Seele geschenkt. «
    Perjanu nickte. » Das gleichzeitige Auftauchen von Nymphen und Uruschge mag durchaus etwas bedeuten « , meinte er. » Seit dem letzten Krieg waren beide verschwunden. Sie wurden von Erinnerungen zu Legenden. Irgendetwas hat sich geändert. «
    » Was weißt du über Nymphen? «
    » Nicht mehr, als du auch. Was die Gesänge erzählen. «
    » Ich bin kein Schanchoyi. Ich kenne nicht ein Zehntel der Gesänge, die du kennst. «
    » Selbst Kanura kannte die Strophe aus dem berühmtesten Nymphenlied: ›Sie sang mit Inbrunst, mit Glitzerseele. Denn was sie sang, sollte ewig gelten. Und mit dem Lied ging sie durch die Wellen.‹ Er hatte übrigens recht. ›Wellen‹ reimt sich nicht. Ich komme zusehends zu dem Schluss, dass es eigentlich ›Welten‹ heißen müsste. «
    » Das ist nicht das einzige Lied, hoffe ich « , sagte Esteron.
    » Oh, es gibt einige Hundert. Soll ich sie … «
    » Fass zusammen, was sie an Wichtigem beinhalten. «
    Der Schanchoyi blickte nachdenklich auf den Boden, Stille breitete sich in der Bibliothek aus. Esteron wusste, dass er ihn nicht stören durfte. Fast ohne zu atmen sah er dem alten Weisen zu, wie der sein Wissen nach Lösungen und Hinweisen durchforstete. So unendlich viel Wissen!
    Nach langer Zeit hob Perjanu den Kopf und begann, erst zögerlich und dann immer fester zu sprechen:
    » Die meisten Lieder preisen die Schönheit und Anmut der Nymphen. Der Adel und die Kraft ihrer Seelen werden immer wieder erwähnt. Aber in den Menschenliedern wird oft davon berichtet, dass ein Mensch der Schönheit einer solchen Wasserkreatur folgte und sich dann in einer anderen Welt wiederfand. In unserer Welt. «
    » Das würde das Wasser zum Tor zwischen den Welten machen! « Esteron war plötzlich hellwach, und neue Energie durchströmte seinen Körper.
    » Es ist keine bewiesene, jedoch eine immer wieder, wenn auch zuletzt vor langer Zeit diskutierte Theorie«, antwortete Perjanu. » Erinnerst du dich an ›Syrens Lied‹?
    Im Spiegel des Stromes
    sah Syren die Liebe
    und folgte ihr in die Fluten;
    auf der anderen Seite
    da sah er sie wieder
    und fühlte für sie sein Herz bluten.
    Stolz legte sein Horn er
    in den Schoß der Geliebten
    und bat sie, nun mit ihm zu gehen.
    Er war ein Tyrrfholyn,
    sie war nur ein Mensch
    und konnte ihn nicht verstehen.
    Er fragte das Wasser:
    bring du uns hinüber,
    und der Strom blieb die Antwort ihm schuldig.
    Doch an jener Stelle
    war die Nymphe der Quelle
    ihre Seele trug sie geduldig … «
    Esteron unterbrach den Gelehrten.
    » Bei aller Liebe, für romantische Lyrik habe ich im Moment keinen Sinn, Perjanu. «
    Der Schanchoyi beugte sich eifrig vor.
    » Die Seele, Esteron. Es geht um die Nymphen seele. Das Lied geht noch sehr lange weiter, beschreibt aber hauptsächlich die Liebe zwischen dem Tyrrfholyn Syren und dem Menschenmädchen und die schreckliche Hoffnungslosigkeit einer solchen Verbindung. Doch es ist die Seele der Nymphe, die die Reise möglich macht. Es gibt viele Gesänge, die andeuten, dass es Gewässer sind, die den Übergang zwischen den Welten ermöglichen. Doch man braucht einen Führer. Für Menschen wie auch für Tyrrfholyn ist ein Fluss nur ein Fluss: Man trinkt daraus oder ertrinkt darin. Und dennoch haben wir Menschen in Talunys. Die alten Gesänge berichten zudem von Begegnungen der Tyrrfholyn mit Kreaturen in der Menschenwelt. «
    Esteron schnaubte.
    » Wo sie entweder nicht an uns glauben oder uns für ein Symbol halten. Ein Wappentier, wenn ich mich recht erinnere. «
    » Sie ehren uns damit. «
    » Wir sind keine Tiere. «
    » Sie wissen es nicht besser. Doch das ist jetzt einerlei. Verstehst du nicht, was ich sagen will? Kanura sprach davon, dass er die Seele der Nymphe

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