Die Rache der Engel
nicht, worauf du hinauswillst, Daniel!«
» Aber meine liebe Julia«, sagte er nun etwas friedlicher. Die Fältchen um seine Augen steigerten noch seine merkwürdige Anziehungskraft. » Du hast einen Mann geheiratet, der eine Person wie dich benötigt, um eine hehre Aufgabe zu erfüllen, eine Mission, die selbst über eurer Ehe steht. Martin hat Jahre mit der Suche nach einer Frau mit der Gabe der Vision verbracht. Eine Frau, die ihm und uns helfen könnte, seine Arbeit mit den Steinen zu sublimieren und die Verbindung zu den himmlischen Heerscharen herzustellen.«
» So wie John Dee mit seinen Medien«, brummte ich missmutig. » Die Leier kenne ich doch.«
» Genauso ist es, Julia.«
Daniels Hand zitterte kaum merklich, als er mir aus dem Metallgefäß, das auf dem Tischchen stand, ein wenig Tee einschenkte. Ich konnte diese Geste nicht würdigen. Mein Kopf war zu sehr damit beschäftigt, all die absurden Dinge, die in den letzten Stunden meinen Weg gekreuzt hatten, in Verbindung zu bringen.
» Also… Also«, mischte sich nun Ellen ein, die immer noch neben mir stand, » dann haben Sie die ganze Sache mit der Entführung nur inszeniert, um Julia hierher zu bringen?«
Der Okkultist lächelte.
» Ja, Ms Watson, so kann man das sehen.«
» Aber warum denn?«, platzte ich heraus.
» Wenn Martin dich gebeten hätte, ihn freiwillig zum Ararat zu begleiten und deinen Adamanten für eine letzte Zeremonie mitzunehmen, hättest du dich doch geweigert, oder?«
Ich zögerte eine Sekunde. Etwas an diesem letzten Satz versetzte mich in tiefe Unruhe– offensichtlich steckte mein Ehemann tatsächlich selbst hinter der ganzen Sache. Aber warum ließ Martin sich dann nicht blicken?
» Wir benötigten ein überzeugendes Motiv, um dich hierher zu bringen. Und zwar schnell«, erläuterte Daniel. » Du weißt es noch nicht, Julia, aber einige sehr schwerwiegende kosmische Gründe sprechen dafür, die Adamanten genau jetzt zu aktivieren. Wir mussten dich auf jeden Fall hier haben, und der Plan mit der Entführung kam uns noch am wenigsten bedrohlich für dich vor.«
» Pah, ›am wenigsten bedrohlich‹…«
» Ich weiß, dass du Martin liebst. Die Liebe ist eine sehr menschliche Schwäche. Deshalb haben wir an dein gutes Herz appelliert. Und jetzt bist du hier! Gerade noch rechtzeitig!«
» Du bist ein verdammter Idiot, Daniel!«, fluchte ich. » Euretwegen hätten sie mich fast umgebracht!«
Der Okkultist nahm einen Schluck aus seiner Tasse und sein Trinkgeräusch hallte durch den gesamten Raum. Ellen, die immer noch neben mir stand, warf ihm einen verächtlichen Blick zu, dem Knight standhielt.
» Es tut mir wirklich leid«, entschuldigte er sich, ohne den Blick von ihr abzuwenden. » Es war aber auch nicht vorgesehen, dass die Leute, die für das Elias-Projekt verantwortlich sind, unseren Film abfangen, und erst recht nicht, dass sie auch noch hierher kommen. Zum Glück«– bei diesen Worten klopfte er Dujok auf den Rücken, der uns immer noch mit seiner Waffe bedrohte– » haben wir dir ein paar Schutzengel geschickt, die für deine Sicherheit gesorgt haben.«
» Und, was jetzt? Was hast du mit mir vor? Willst du mich zwingen, noch einmal bei einem eurer Spielchen mitzumachen?«
Knight nahm einen weiteren Schluck Tee, ehe er antwortete.
» Diesmal ist es kein Spiel mehr, Darling«, sagte er. » Zuweilen trifft eine zu hohe Dosis magnetischer Strahlung von der Sonne auf die Erde und verwandelt unsere Welt für ein paar Stunden in eine Art kosmischen Leuchtturm. Ich sammle nun schon seit Jahren Daten über diese Phasen. Sie kommen selten vor. Es sind vielleicht ein oder zwei in jedem Jahrhundert. Und sie dauern nur sehr kurz. Aber während sich die meisten meiner Kollegen darauf beschränken, Graphiken für die Statistik aufzubereiten, habe ich diese Daten mit gewissen historischen Situationen verglichen. Dabei ist mir aufgefallen, dass, wenn man die Kräfte ausnutzt und mithilfe der notwendigen Werkzeuge kanalisiert, es möglich ist, Botschaften in Sphären zu senden, deren Existenz du dir nicht einmal vorstellen kannst. Und von ihnen Hilfe zu erhalten.«
Mein Gegenüber schloss geheimnisvoll die Augen.
» John Dee gelang seine Verbindung zu den Engeln, weil seine erste Kontaktaufnahme in die Phase eines der größten Sonnenstürme der Geschichte fiel. Ende Mai 1581 spielte die Sonne völlig verrückt. Am 25 . Mai wurde der Höhepunkt der Aktivitäten erreicht, und man konnte südlich des nördlichen
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