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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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Tasche aus den Augen zu verlieren, bis er den Zeitpunkt für gekommen hielt, um einen ganzen Schwall unverständlicher Sätze auszusprechen. Er meinte schon den Rauch zu sehen, der der Ekstase vorausging. Gleich würde er die Kraft spüren. Eine unsichtbare und brutale Kraft, die alle vernichten würde, die sich nicht– wie er und seine Männer– mit Bleifaserkleidung geschützt hatten.
    Die beiden Soldaten wussten nicht recht, was da eigentlich vor sich ging, aber ein merkwürdiges Kribbeln erfasste sie von Kopf bis Fuß. Dieses Gefühl war weder unangenehm noch lästig. Wenn man es mit etwas vergleichen wollte, dann vielleicht mit einer harmlosen Entladung statischer Elektrizität.
    » Zacar od zamran. Odo cicle qaa…«
    Die sonderbaren Worte des Scheichs zwangen sie, sich zu konzentrieren. Die Männer sollten sie wiederholen. So lautete die Anweisung.
    » …Zorge lap sirdo noco Mad…«
    Ein Schauder erfasste die Männer. Das war nicht Armenisch, sondern eine andere Sprache mit einem rätselhaften und geheimnisvollen Klang.
    » … Zorge nap sidun…«
    Selbst wenn jemand sie gesehen hätte, hätte er nicht verstanden, was die drei schwarz gekleideten Männer dort im Regen um eine auf dem Boden liegende Plastiktasche herum veranstalteten. Er hätte bestimmt nicht für möglich gehalten, dass dies ein uraltes Ritual zur Anrufung des Höchsten war, der Achse des Universums, und auch nicht, dass es schon bald auch unabhängig von Glauben oder Suggestion seine Wirkung entfalten würde. Mit den Formeln einer vergessenen und unentzifferbaren Sprache, die die Männer stetig wiederholten, erbaten sie den Schutz Amraks, des geheimnisvollen Gegenstandes, der dort vor ihren Füßen lag.
    » …Hoath Iada.«
    Um fünf vor halb vier Uhr am frühen Morgen verstummte die Altstadt zum dritten Mal. Nun schien sich die Wolke an der Silhouette der Dachlandschaft des Stadtzentrums auszurichten und bewegte sich allmählich zu der Mitte des Platzes, der sie von der Kathedrale trennte. Als der Scheich die Reaktion bemerkte, geriet er in Verzückung. » Die Kraft Gottes«, » das verschlingende Feuer«, » Jahwes Ruhm« waren nur einige der Namen, unter denen ihm diese Kraft bekannt war. Eine Energie, die bislang nur wenige dieser alten Reliquie entlocken konnten, die ihnen nun als Waffe diente. Der Anführer des Kommandos hatte tatsächlich bislang nur einen Mann kennengelernt, der sie aktivieren konnte. Einen brillanten Wissenschaftler, der ihm erklärt hatte, wie eine Kombination elektromagnetischer Energie natürlichen Ursprungs– entstanden aus der Reibung von Felsschichten, unterirdischen Strömungen, atmosphärischen Veränderungen und sogar Solarstürmen– in Amrak diese fast übernatürliche Kraft entfesseln und es in eine Quelle unerschöpflicher Kraft verwandeln konnte. Oder in ein Signal von großer Intensität. Der Mann hatte von geoplasmischer Energie gesprochen. Und genau diesen Mann beabsichtigte der Scheich mit seinem Vorgehen zu retten.
    Sein Name: Martin Faber.

23
    Als das Licht ausging, fühlte ich mich unwohl. Ein beklemmendes Gefühl stieg meine Kehle hoch und füllte meinen Mund mit einem bitteren Geschmack. Ich konnte mich nicht auf das Wortspiel konzentrieren, das nach Meinung des Obersts hinter der Wendung » se te da visionada« steckte. Ich klammerte mich an den Tischrand, um nicht in Ohnmacht zu fallen. Ich ließ den Amerikaner und den letzten Lichtschimmer auf dem iPad nicht aus den Augen. Dabei sah ich, dass es Allen auch nicht gerade gut zu gehen schien: Seine Gesichtsmuskeln waren angespannt, was die hässliche Narbe auf der Stirn noch mehr hervortreten ließ, er schwankte auf dem Stuhl hin und her und schien kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen. Doch am meisten beunruhigte mich, dass ich in seinen blauen Augen einen Schatten von Panik entdeckte. Ganz plötzlich. Wie ein Reflex. Auf einmal war ich mir sicher, dass dieser amerikanische Oberst, der gekommen war, um mich vor Gott weiß was zu beschützen, die Symptome, unter denen wir gerade litten, kannte und zutiefst erschrocken war.
    Ich konnte ihn nicht fragen, warum.
    Ich hatte keine Gelegenheit mehr dazu.
    Meine Kräfte verließen mich, noch ehe ich begriff, was mit uns geschah.
    Gleich darauf konnte ich nicht mehr atmen. Mein Brustkorb gehorchte den Befehlen nicht mehr, weiter Luft einzusaugen. Alle meine Muskeln erschlafften, und zugleich wurde mir die Außenwelt völlig gleichgültig. Mein Gott! Was war das? Was war da nur los?
    Auf dem

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