Die Rache der Flußgoetter
Problem ist nur«, unterbrach er mich, »daß dies nicht dasselbe Holz ist, das wir uns gestern angesehen haben.«
Ich war mitten in einem Gedanken und wollte gerade einen Verdacht aussprechen, so daß es eine Weile dauerte, bis ich die Bedeutung dieser Offenbarung erfaßte. »Was?«
»Ich bin sämtliches Holz durchgegangen, habe jede Oberfläche untersucht. Erinnerst du dich noch an das erste Loch, das ich entdeckt habe? Ich habe es mit einem großen X markiert.
Und der Balken ist nicht hier.« »Vielleicht haben sie diesen einen Balken übersehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Sieh dir dieses Holz genauer an. Vergiß die Termiten, und beachte, wie trocken es ist. Die Balken in demKeller trieften vor Harz. Ich bin auch kein Holzfachmann, aber dieses Zeug muß älter sein als ich und wahrscheinlich auch älter als Titus Saufeius.« Letzterer war ein Senator von 97 Jahren, der nie ein höheres Amtals das eines Quaestors bekleidet hatte und nur wegen seiner Langlebigkeitberühmt war.
»Tja, tja«, sagte ich. »Zunächst hatten wir einen betrügerischen, aber doch ziemlich gewöhnlichen Verstoß gegen die Bauvorschriften. Jetzt haben wir etwas, das stark nach Verschwörung und Manipulation von Beweismitteln aussieht.«
»Es besteht immer noch die Möglichkeit, daß irgendein Idiot den falschen Karren her geschickt hat«, sagte Hermes, den Advokaten der anderen Seite spielend, wie ich es ihm beigebracht hatte.»Derlei Fahrlässigkeit ist immer mehr als verdächtig, wenn sie im Zusammenhang mit einer Ermittlung auftritt. Außerdem gab es in dem ganzen Haus kein einziges Stück abgelagertes Holz, es sei denn, es war Teilder Möbel. Jeder Splitter Bauholz, den wir gesehen haben, war frisch. Jemand hat sich die ganze Mühe gemacht, dieses glaubwürdig morsche Holz auf zu treiben und hierher zu bringen.«
»Sieht so aus«, gab er zu.
»Ich denke, in der Angelegenheit werden wir noch einigen Spaß haben. « Er grinste. »Ich dachte mir, daß du es so sehen würdest.«
III
Auf dem Forum drängten sich trotz der Mittagszeit zahlreiche Menschen. Etliche kauften bei den Straßenhändlern etwas zu essen und speisten, während sie weiter ihrem Tagewerk nachgingen, politische Geschäfte abschlossen oder einfach müßig herumstanden. Echte Bewohner der Stadtwürden eher hungern, als das Forum zu verlassen. Was konnte es schließlich Besseres geben, als sich im Zentrum der Welt aufzuhalten? Mir fiel nichts ein. Es war jedenfalls allemal besser, als in Gallien zu kämpfen und zu frieren.
Vor der Basilika Julia stand eine Gruppe von Kandidaten für die Ämter des kommenden Jahres herum und achtete darauf, gesehen zu werden. Es war noch zu früh, um die candidus anzulegen und ein großes Theater zu veranstalten, aber so sorgte man dafür, daß niemand vergaß, wer im nächsten Jahr möglicherweise in einer Position sein würde, seinen Mitbürgern einen Gefallen zu erweisen.
Ich wollte ins Staatsarchiv, aber familienpolitische Erwägungen verlangten, daß ich zunächst auf einen jungen Mann zuschritt, ihm die Hand schüttelte, auf die Schulter klopfte und ihn lauthals begrüßte. Es war ein Verwandter namens Lucius Caecilius Metellus, der noch ganz am Anfangseiner politischen Karriere stand.
»Gut, dich wieder zurück in Rom zu sehen!« brüllte ich, als ob der Junge taub wäre. »Ich habe große Dinge über deine Militärzeit in Gallien gehört!«
»Ich habe meinen Grundwehrdienst abgeleistet, Adile«, sagte er mit einnehmender Bescheidenheit, die in seinem Alter vielleicht sogar noch ehrlich war.
»Unsinn!« dröhnte ich. »Wie ich höre, bist du hoch dekoriert worden! Ich selbst habe nie die Bürokrone errungen, genauso wenig wie«, hierbei ließ ich meinen Blick demonstrativ über die Gesichter der Umstehendenwandern, »sonst irgend jemand hier!« Die älteren Männer quittierten das mit einem schamlosen Grinsen, während die jüngeren, die ebenfalls als Quaestor kandidierten, beschämt erröteten.
»Es war nur ein mickriges Fort mit Erdwällen«, wandte er ein. »Jeder Mann mit einem Paar gesunder Beine hätte einen solchen Wall erklimmen können.«
»Aber es braucht den Mut eines Helden«, rief ich, »der erste zu sein, vor allem, wenn auf der anderen Seite ein Haufen wilder, bemalter Gallier wartet!«
Nach etlichen weiteren übertriebenen Komplimenten, von denen einige sogar verdient waren, hatte ich das Gefühl, meiner Pflicht Genüge getan zu haben, und ließ ihn inmitten einer Menge von Gratulanten zurück, die
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