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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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jedoch nur eine formlose Masse erkennen. Ich befahl Hermes, mir eine Fackel zu geben, und hielt sie über den Bug, aber dadurch wurde es auch nicht viel besser. Ich konnte nur einen riesigen Haufen unbeschreiblichen Unrats erkennen, ein paar zerbrochene Töpfe, den einen oder anderen Knochen, doch die große Masse war geschmolzen, verfault oder hatte sich sonstwie in eine Materie verwandelt, die den Philosophen von Alexandria bis dato unbekannt war. Der entweichende Gestank war so spürbar wie ein Schlag auf den Kopf.
    »Vorsicht«, warnte Acilius. »Selbst an dieser Stelle könntest du es entzünden.«
    »Das wäre in jedem Fall ein Fortschritt«, sagte ich, zog die Fackel jedoch aus ihrer gefährlichen Umgebung zurück. »Wie ist es dazu gekommen, und welches Ausmaß hat das Problem?«
    »Entstanden ist das Problem durch die langjährige Vernachlässigung der Abwasserkanäle in Verbindung mit der verbreiteten Verletzung gelten-der Bestimmungen, die die Entsorgung von Müll in Abwässerkanälen ausdrücklich verbieten. Alles, was die Leute aus Faulheit nicht zu den Deponien außerhalb der Stadt schleppen wollen, wandert in den nächsten Abfluß. Gegenstände, die nicht auf dem Wasser schwimmen, lagern sich in den Kanälen ab, bis sie regelrechte Riffs bilden, an denen sich dann alles staut und die sich durch Hochwasser nach schwerem Regen höher und höher türmen. Du hast nach dem Ausmaß des Problems gefragt?«
    »So ist es«, bestätigte ich. Als ob einer von uns beiden daran erinnert werden mußte.
    »Jeder einzelne Abwasserkanal in Rom sieht so aus, Ädile. Nur die Hauptkanäle der größten Kloaken sind noch frei, die Maxima, die Petronia und die Nodina. Sie folgen dem Verlauf alter Täler und haben eine relativ stete Strömung, doch auch auf ihrem Grund sammelt sich nichtschwimmender Abfall. Die kleinen Zuleitungskanäle sind alle so verstopft wie dieser hier, jeder von ihnen. Und es sind nicht nur kaputte Möbel und Küchenabfälle, Ädile. Hier unten gibt es auch jede Menge Leichen. «
    »Leichen?« Ich wußte, daß dieser Gestank nicht allein von gewöhnlichem Hausmüll herrühren konnte.
    »O ja. Die Armen benutzen die Abwasserkanäle, um ihre abgetriebenen oder ungewollten Kinder loszuwerden. Und oft wollen die Leute sich die Kosten für die Beerdigung ihrer toten Sklaven ersparen oder die Mühe, sie zu den Gruben vor dem Esquilinischen Tor zu schaffen. Dabei sind es nicht nur die Sklaven von Pächtern oder Fabrikbesitzern, auch Sklaven der Allerreichsten finden hin und wieder ihren Weg hier hinunter, neben dem gelegentlichen Mordopfer natürlich.«
    »Empörend!« sagte ich, und das war mein Ernst. Nicht, daß Mord ein so gravierendes Verbrechen war, und das Aussetzen ungewollter Kinder war zwar geschmacklos, aber nicht ungesetzlich. Doch es war unfromm, selbst den Ärmsten der Armen eine anständige Bestattung zu verwehren, ein Frevel, der den Zorn der Götter herauf beschwören konnte. »Dafür muß vielleicht noch die ganze Stadt leiden!«
    »Ich würde sagen, wir leiden schon jetzt«, bemerkte Hermes unter heftigem Würgen.
    »Wir haben genug gesehen«, erklärte ich dem Fährmann. Er begann, uns zurück in den Hauptkanal zu schiffen. Bald atmeten wir wieder, so kam es uns verglichen mit dem Seitenkanal vor, fast saubere Luft. Ich befahl Charon, uns zum Fluß zu bringen.
    »Wer ist verantwortlich für die Säuberung dieser Kanäle?« fragte ich.
    »Wie die meisten derartigen Arbeiten«, erwiderte Acilius, »werden sie auf der Basis öffentlicher Pachtverträge erledigt, die alle fünf Jahre von den Censoren ausgegeben werden und deren Einhaltung dann von Ädilen überwacht werden soll. Eine gründliche Reinigung des gesamten Systems hätte spätestens vor zwei Jahren stattfinden müssen, unter den Censoren -« »Laß mich raten«, unterbrach ich ihn. »Es waren Messala Niger und Servilius Vatia. Haben die beiden während ihrer Amtszeit überhaupt irgend etwas getan?«
    »Nicht viel«, bemerkte Festus. »Aber das ist ja nichts Neues. Du kamst damals gerade aus Gallien wieder, stimmt's, Patron?« »Bei meiner Rückkehr waren sie schon ein halbes Jahr im Amt. In den ersten ein bis zwei Monaten sollen sie eigentlich die öffentlichen Pachtverträge abschließen, dann die Volkszählung durchführen, die Liste der Senatoren säubern und ihre Amtszeit schließlich mit dem lustrum beenden. Als mein Vater und Hortalus Censoren waren, hatten sie alle Aufgaben in den ersten sechs Monaten erledigt.«
    »Nicht

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