Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
gewesen war. Im Laufe der Zeit war der Kanal ausgemauert worden, um ihn dauerhaft zu befestigen, und noch zu Zeiten der Königewurde er überdacht und überpflastert. Die alten Monarchen hatten solide gebaut, nach vierhundert Jahren war das Mauerwerk noch so fest wie eh und je und mußte nie ausgebessert werden.
    »Römische Baukunst auf ihrem Höhepunkt«, rief ich begeistert aus, als ich die großen, perfekt gepaßten Kalktuffquader an Decke und Wänden bewunderte. Hier war das Wasser noch relativ frisch, doch das sollte sich rasch ändern.
    Bald erreichten wir die ersten öffentlichen Latrinen, direkt über dem Abwasserkanal. Zu unserem Glück wich Charon unter Zurhilfenahme seines Pfahles derlei Unannehmlichkeiten geschickt aus, so daß wir zumindest nicht zum Ziel herabfallender Geschosse wurden. In Abständen passierten wir niedrige Torbögen, wo kleinere Abwasserkanäle in den größeren Strom mündeten.

    In dem Maße, in dem das Wasser zähflüssiger wurde, wurde auch die Luft dicker. Bald kämpften wir uns durch einen widerwärtigen Schlamm, der übelriechende Blasen schlug, den Bläschen in einem Bottich zur Weingärung nicht unähnlich.
    Mannhaft trotzte ich dem Gestank. Es war nur unwesentlich schlimmer als einige der übleren Gassen der Subura, wo die Bewohner ihre Aborteimer und Küchenabfälle einfach auf der Straße entsorgten und der Dreck im Lauf eines heißen, trockenen Sommers vor sich hin faulte, bis das Betreten einer solchen Gasse für jeden tödlich enden konnte, der nicht im Viertel heimisch war. Bis die cloaca maxima so schlimm war, hatte sie noch einen weiten Weg vor sich.
    »Prachtvolle Aussicht, was?« sagte Acilius frohlockend, als ob dies sein persönlicher Triumph wäre.
    »Nun, es ist nicht gerade eine Kreuzfahrt in der Bucht von Baiae«, sagte ich unbeeindruckt, »aber es riecht besser als eine gallische Stadt nach einbis zweimonatiger Belagerung.« Damit hatte ich ihn elegant in die Schranken verwiesen. Als Freigelassener hatte er nie in der Legion gedient, während der Militärdienst die vornehmste Pflicht unserer Klasse war. Wie alle anderen tat ich oft so, als hätte mir das grausame Geschäft auch noch Spaß gemacht.
    »Vor sechs Jahren war das Wasser bis hinunter zum Tiber noch fast sauber«, fuhr er unbeirrt fort.
    »Und was ist in den letzten sechs Jahren passiert?« fragte ich seufzend. Manche Menschen schaffen es einfach nicht, klar zu sagen, was sie bedrückt. Sie müssen sich erst ein ganzes philosophisches System von den Schultern laden.
    »Nichts«, antwortete er.
    »Nichts?« Jetzt kommt's, dachte ich.
    »Genau! Die letzten Censoren sowie die Adilen der letzten fünf Jahrehaben nichts für den Erhalt dieser Abflüsse und Kanäle unternommen, dem Lebensblut unserer Stadt!«
    »Ich hätte vermutlich eine passendere anatomische Metapher gewählt, aber ich verstehe, worauf du hinauswillst. Ist die Substanz gefährdet?« »Soweit ich weiß, mußte dieses System seit seiner Erbauung noch nie in der Substanz restauriert werden, Ädile. Selbst die kleineren, neueren Kanäle, die die kleinen Täler entwässern, sind absolut solide und werden noch weitere tausend Jahre überdauern, vorausgesetzt, es gibt kein wirklich schlimmes Erdbeben.«
    »Nun«, riet ich, »mittlerweile leben weit mehr Menschen in der Stadt als früher. Zum Beispiel Pompeius' Veteranen, die nicht mit Land abgefunden wurden, plus die zahllosen Sklaven, die Teil ihrer Kriegsbeute waren.
    Und all die freigelassenen Sklaven, die -«
    »Das reicht noch immer nicht, um das System ernsthaft zu belasten«, unterbrach er mich ungeduldig. »Und die meisten Zugezogenen wohnen in den neuen Vierteln jenseits der Stadtmauern, im Trans-Tiber-Distrikt und beim Campus Martius. Nein, Ädile, wir haben es mit schlichter Vernachlässigung zu tun.« An den Fährmann gewandt, sagte er:
    »Dort hinein«, und wies auf einen niedrigen Bogen, aus dem eine zähflüssige schwarze Pampe quoll. »Luft anhalten«, murmelte Hermes. »Keine Sorge«, beruhigte Acilius uns, »es ist nicht mehr weit.« Der Schein unserer Fackeln drang nur mit Mühe durch den fauligen Dunst der Kloake. Hin und wieder fiel Licht durch eine Öffnung in der Decke, doch das Wasser war zu zäh und schlammig, um es zu spiegeln. Gelegentlich hörten wir ein Gleiten oder Platschen, denn es gibt Lebewesen, die eine solche Umgebung bevorzugen. Schließlich stieß der Bug des Bootes auf ein Hindernis und kam nicht mehr weiter.

    Ich blinzelte in die Dunkelheit, konnte

Weitere Kostenlose Bücher