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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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behauptet, die Republik wäre perfekt gewesen.
    »Patron!« rief Festus atemlos, bevor er sich verbesserte:
    »Ädile, meine ich!« Er war ein eifriger kleiner Mann, der Sohn des Verwalters einer unserer Landgüter, der in die Stadt gezogen und als Olhändler zu Wohlstand gekommen war. Er war einer der Männer, die ich losgeschickt hatte, um die problematischen Abflüsse zu überprüfen.
    »Ja, mein Freund?« sagte ich und wandte mich ihm mit ausladender Geste zu. Eine der Belohnungen einer Klientschaft war die öffentliche Anerkennung durch einen hohen Beamten.
    Festus sonnte sich in der Aufmerksamkeit.
    »Ädile, der staatliche Freigelassene Acilius möchte, daß du unverzüglich zu ihm kommst. Er sagt, er habe etwas, was du dir ansehen mußt.« »Soso, hat er das?« Ich hatte mich auf ein bis zwei Stunden in den Bädern gefreut, aller offiziellen Sorgen ledig. »Dieser Freigelassene zitiert einen hohen Beamten zu sich wie einen Haussklaven?«
    Festus lächelte unterwürfig. »Er sagt, es ist sehr wichtig, Herr.«
    »Nun denn. Was ist schon ein Ädile? Nur ein glorifizierter Laufbursche, den jeder durch die Gegend schicken und rumkommandieren kann …« Und so nörgelte ich noch eine Weile weiter. In jenem Jahr nörgelte ich viel. Während ich also weiter über das kummervolle Ädilendasein lamentierte, gingen wir zu dem am Forum gelegenen Eingang der cloaca maxima , der ältesten und größten römischen Kloake.
    Dieser Zugang war durch einen Schrein in Form eines winzigen Tempels verdeckt, der der Venus Cloacina geweiht war, die über die Reinheit des römischen Wassers wacht. Im Innern des winzigen Heiligtums führt eine Treppe zu dem großen Abwasserkanal hinab, der Tunnel liegt direkt unter der Straßenoberfläche und windet sich zum Fluß hinunter. Das Trep-penhaus war von kleinen Nischen gesäumt, in denen Öllampen brannten.
    Als wir unten angekommen waren, hatten sich meine Augen fast an die Dunkelheit gewöhnt. Nach der für die Jahreszeit ungewöhnlichen Wärme über Tage wirkte die Luft im Schacht besonders kühl.
    Das Betreten unterirdischer Gefilde hat mich stets mit Beklommenheit erfüllt. Diese Wasserstadt unter der eigentlichen Stadt hatte etwas Irreales. Es kostete mich einige Mühe, meine offizielle dignitas zu wahren, als wir einen kleinen Absatz erreichten, dessen Wände mit uralten Wandgemälden verziert waren, die halbvergessene Götter und Dämonen darstellten, schlangenhaarige Harpyien mit hervorquellenden Augen, langnasige etruskische Todesboten mit Eselsohren und Kreaturen, für die es in der gesamten umfassenden Nomenklatur der römischen Religion keinen Namen gab. Die bekannteste Figur war der Fährmann, der die Schatten der Toten über den Styx bringt und in den meisten Religionen bekannt ist.
    Die Gestalt, die uns erwartete, sah aus wie sein irdischer Vertreter. An dem winzigen Steg am Ende der Treppe hatte ein Barke festgemacht, die aussah wie ein kleines Flußschiff. Sie war schwarz bemalt und mit Schlangen, Ochsenschädeln und roten Hunden verziert, den traditionellen Zeichen der unterirdischen Gottheiten. Die Figuren waren als Basrelief in den gesamten Rumpf geschnitzt und von aufgemalten Myrten- und Kornellkirschentrieben umschlungen. Ans Heck der Barke war ein alter Sklave gekettet, dessen weißes Haar bis zu den Ellenbogen hinabreichte und der mit krallenartigen Händen einen langen Pfahl umklammerte. In der unterirdischen Düsternis war er scharfsichtig wie eine Eule, aber das Sonnenlicht hätte ihn auf der Stelle mit Blindheit geschlagen.
    Diese greisenhafte Erscheinung war unter dem Namen Charon wohlbekannt. Schon als mein Vater noch ein kleiner Junge war, war er Fährmann auf einem Abwasserkanal gewesen, für ein längst vergessenes Verbrechen dazu verurteilt, die dunklen Gewässer zu befahren und nie an die Oberfläche zurück zu kehren.
    »Willkommen, Ädile«, sagte Acilius, der mich mit einer Reihe von Assistenten auf dem Steg erwartete. »Ich werde dich in der Barke begleiten und dir ein paar Dinge zeigen, die deine unmittelbare Aufmerksamkeit erfordern. «
    »Prima«, sagte ich, stieg in das Boot und nahm auf einer der Bänke Platz. »Es gibt doch nichts Besseres zur Aufheiterung eines schönen Nachmittags als eine Bootspartie in der Kloake.«

    Gegen diesen speziellen Abschnitt der cloaca maxima war tatsächlich nichts einzuwenden. Den wenigsten war bewußt, daß das Forum ursprünglich ein Sumpf, die ursprüngliche cloaca nur ein schlichter Entwässerungskanal

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