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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Identität zu verbergen. Ich nahm an dem zugewiesenen Tisch Platz, und Hermes setzte sich, ohne daß ich es ihm extra sagen mußte, auf einen Hocker hinter mir. Da ich in offizieller Funktion hier war, kam es nicht in Frage, daß wir uns wie beim Mittagessen zusammen setzten. Was diese Dinge angeht, gibt es ein unausgesprochenes Protokoll. Sofort trugen Sklaven Speisen und Wein auf.
    »Sei so gut und schicke die Besitzerin zu mir«, trug ich der Hure auf, die uns an den Tisch geführt hatte. Sie musterte mich skeptisch. »Und wer, soll ich ihr ausrichten, bittet darum? Es ist absolut unüblich.« Sie sprach den Akzent einer gebürtigen Zypriotin, der melodischer ist als die meisten anderen ausländischen Akzente.
    »Der plebejische Adile Metellus«, erklärte ich ihr. Ihre flügelartigen falschen Augenbrauen schwangen sich ein wenig nach oben, aber sie widersprach mir nicht. Ich dachte, daß die schmuddelige Toga vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war. Speisen und Wein waren gleichermaßen ausgezeichnet. Es gab Schellfisch in Knoblauchsauce, mit Fenchelsamen gebackenes Brot, eine Käseauswahl und Dörrobst, also hauptsächlich Speisen, denen nachgesagt wurde, die fleischlichen Gelüste zu steigern. Bei dem korsischen Wein hielt ich mich ausnahmsweise einmal zurück.

    Ich schob gerade die Teller beiseite, als ich eine Frau über den Hof auf mich zukommen sah. Hin und wieder blieb sie stehen, um mit den Kunden an einem Tisch zu plaudern, zu lächeln, hier eine Schulter und dort eine Glatze zu tätscheln, ganz die Herrin des Hauses, die sich vergewisserte, daß ihre Gäste glücklich und gut versorgt waren. Weil sie aus einiger Entfernung und zwischen sitzenden Kunden hindurch auf mich zukam, erkannte ich erst, als sie nur noch wenige Schritte von meinem Tisch entfernt war, wie groß sie war.
    Andromeda, die berühmte Inhaberin des Labyrinth , war größer als fast alle Männer in Rom, einen Kopf größer auch als ich, und ich galt nicht gerade als klein. Ihre ohnehin imposante Größe wurde noch betont durch eine faszinierende Perücke, die aus dem Haar mehrerer germanischer und gallischer Frauen zu goldenen, flachsfarbenen und roten Locken geflochten war, die sich auf ihrem Kopf türmten. Sie trug nicht das Peplos einer ehrbaren Frau, sondern eine Art feminine Toga, wie sie römische Prostituierte nach dem Gesetz tragen müssen. Im Gegensatz zu der schlichten Bürgertoga war ihre von einem leuchtenden Aquamarin mit einer aufgestickten, goldenen griechischen Borte am Saum. Der Gegenwert ihres üppigen Schmucks entsprach vermutlich dem einer geräumigen Landvilla. Sie blieb an meinem Tisch stehen, legte die Hände aneinander und ver-beugte sich elegant. »Adile, du erweist uns eine unerwartete Ehre.«
    »Ich bin in einer offiziellen Dienstangelegenheit hier«, beeilte ich mich zu versichern. »Bitte, nimm Platz.« Sie drapierte ihre lange Gestalt auf einem Stuhl, beugte sich vor und tätschelte mich. Ich hielt das für eine nette Geste des Hauses, doch dann schob sie ihre Finger an meine Hüfte, zog sie wieder weg und lehnte sich mit ernster Miene zurück.

    »Du kommst gerüstet wie zu einem Kampf«, sagte sie. »Die ludus ist drei Straßen weiter. Dies ist ein Ort der Freude, wo man die alltäglichen Sorgen hinter sich läßt. Doch du kommst mit Waffen unter dem Gürtel, einer Rüstung unter deiner Tunika und einer Toga, die selbst der ärmste Freigelassene wegwerfen würde.«
    Ich tastete über die grobe Wolle. »Ach, komm schon, so schlimm ist sie nun auch wieder nicht. Aber ich will keine Ausflüchte machen. Wir leben in gefährlichen Zeiten, und wie jede öffentliche Person heutzutage habe ich Feinde. Es könnte sein, daß ich kämpfen oder fliehen muß.« Sie nickte. »Das ist verständlich. Aber ich dulde keine Unordnung in meinem Lokal.« Sie wies mit dem Kopf auf eine Nische in der bemalten Wand. Es gab mehrere solcher Nischen, und in jeder stand ein Riese mit einem schweren Knüppel an seinem breiten, mit Nägeln beschlagenen Gürtel. Es waren Gladiatoren aus der nahe gelegenen ludus , die sich ein Taschengeld als Rausschmeißer verdienten. »Ich bestehe auf gutes Benehmen, und bei dem geringsten Anzeichen von Ärger lasse ich den Unruhestifter hinauswerfen, egal ob er Matrose oder Senator ist. Meine Mädchen sind sauber, mein Wein ist nicht gepanscht, und ich halte für den Brandfall jede Menge Eimer mit Sand und Wasser bereit, mehr als es das Gesetz vorschreibt. Ich bezahle alle meine Gebühren

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