Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
Königs aufzugeben und mit ihren Bediensteten das Gut zu verlassen. Der Mann, der sie William de Thorigny zugeführt hatte.
Adela glaubte, einen brennenden Schmerz in ihrem Oberarm zu spüren und den Geruch verbrannten Fleisches zu riechen. Sie presste die Hand gegen den Mund, um ihr panisches Aufstöhnen zu unterdrücken.
*
Hinter den Fensterläden von Adelas Hütte brannte kein Licht. Yvain ertappte sich dabei, dass er, wie immer seit sie die Behausung im Herbst bezogen hatte, auf seinem abendlichen Rundgang nach dem Lichtschein Ausschau hielt. Wahrscheinlich hat sie sich einfach früh schlafen gelegt, dachte er, während er begleitet von seinem Hund Lester weiterging. Seine Gedanken wanderten zu den Männern, die am Nachmittag auf den Hof gekommen waren. Boten des Königs, die er, wie es seine Pflicht als Ritter war, angemessen bewirtet hatte. Sie hatten sich ihm gegenüber durchaus höflich verhalten. Sehr sympathisch gefunden hatte er sie aber nicht, und er war froh gewesen, dass sie nicht über Nacht geblieben waren.
Yvain hatte auch im Pferdestall nach dem Rechten gesehen und trat wieder hinaus auf den dämmrigen Hof, als ihm John, ein langjähriger Knecht, begegnete. »Der Schimmel ist sehr unruhig«, sagte Yvain. »Sorge dafür, dass er während der nächsten Tage mehr Heu und weniger Hafer zu fressen bekommt.«
»Ja, Herr, ich werde mich darum kümmern.« Zu Yvains Überraschung zögerte John dann und meinte: »Herr, die Köchin hat mir vorhin gesagt, dass Adela Brotlaibe in der Küche zum Aufgehen stehen gelassen und sie dann nicht in den Ofen geschoben hat. Wenn eine der Mägde es nicht rechtzeitig bemerkt hätte, wäre der Teig verdorben gewesen. Die Köchin hat sich darüber gewundert, denn normalerweise ist Adela sehr zuverlässig. Und dann hat mir noch der Stallbursche mitgeteilt – er hat Zäune auf der Weide repariert –, er hätte Adela auf dem Weg nach Aberystwyth gesehen. Sie sei sehr schnell gelaufen, fast gerannt und hätte keinen Mantel getragen. Er hat ihr nachgerufen, aber sie hat überhaupt nicht auf ihn reagiert.«
John hob verlegen die Schultern. »Ich möchte nicht schlecht über Adela reden, Herr. Vielleicht hat dies ja alles nichts zu bedeuten. Aber vergangenes Jahr war sie ja sehr krank. Deshalb dachte ich, ehe ihr vielleicht etwas zustößt, sage ich es Euch besser.«
»Es war gut, dass du es mir erzählt hast.« Yvain nickte dem Knecht zu.
*
Vor der Hütte zögerte Yvain. Er fühlte eine merkwürdige Scheu, die Behausung zu betreten, so als ob er dadurch Adelas Vertrauen missbrauchte. Aber er hatte keine andere Wahl, wenn er sie finden wollte. Im Inneren ließ er seine Laterne aufleuchten. Die Einrichtung war einfach und spartanisch, so wie Adela sie von dem alten Ranulf übernommen hatte. Die Kräuterbüschel, die von der niedrigen Decke hingen, die Tongefäße und das zu einem Barren gegossene Bienenwachs auf einem Wandbrett waren ihre einzige persönliche Note. An einem Wandhaken hingen ihr Mantel und ihr Bündel. Sie musste wirklich völlig überstürzt aufgebrochen sein.
Yvain überlegte kurz, ob er seine Knechte zusammenrufen sollte, um nach Adela zu suchen, entschied sich dann jedoch dagegen. Die Gefahr, dass sie sich von den Männern gejagt fühlen würde, war zu groß. Er erinnerte sich noch gut, wie sehr sie sich bei ihrer ersten Begegnung vor ihm gefürchtet hatte. Stattdessen ließ er Lester an dem Mantel riechen, bis er sicher war, dass der Hund sich Adelas Geruch gut eingeprägt hatte. Dann machte er sich wieder auf den Weg zu den Stallungen.
Als Yvain durch das Tor des Gehöfts ritt, bellte Lester und schlug die Richtung ein, die Adela laut John genommen haben musste. Besorgt registrierte Yvain, dass von Westen her Wolken am Nachthimmel aufzogen. Er unterdrückte einen Fluch. Er war mit den Wegen hier seit seiner Kindheit vertraut und würde sich auch in einer sternenlosen Nacht zurechtfinden. Aber bei Regen würde Lester Adelas Spur verlieren. Deshalb ließ er sein Pferd in einen leichten Trab fallen. Aufgeregt hechelnd, die Nase am Boden, rannte der Hund vor ihm her.
Yvain schätzte, dass sie etwa fünfzehn Meilen zurückgelegt hatten, als Lester am Rand eines Wäldchens ein leises Winseln ausstieß. Yvain zügelte sein Pferd, während der Hund schnüffelnd hin und her rannte. Dann blieb das Tier stehen und blickte schwanzwedelnd zu den Bäumen. »Gut gemacht.« Yvain tätschelte ihm den Kopf, ehe die Zügel des Pferdes um einen niedrigen Ast
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