Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
schlang.
Die abgedunkelte Laterne in der Hand, folgte er dem Hund vorsichtig durch das Unterholz. Vor einem Felsen winselte Lester wieder leise. Yvain ließ die Laterne kurz aufleuchten. Adela lag in einer moosigen Kuhle vor dem großen Steinbrocken. Zum Schutz gegen die Kälte hatte sie trockenes Laub um sich gescharrt. Als der Lichtschein ihr Gesicht streifte, wachte sie auf. Sofort verzerrte Panik ihr Antlitz und sie sprang auf.
»Adela, ich bin es, Yvain.« Er verstellte ihr den Weg. »Ich habe mir Sorgen um Euch gemacht, deshalb habe ich nach Euch gesucht. Warum seid Ihr von dem Gut geflohen?«
»Lasst mich …« Sie versuchte, von ihm wegzulaufen. Als er sie festhielt, begann sie wieder zu zittern. Beruhigend redete er auf sie ein: »Ich will Euch nichts Böses. Ich verspreche, ich lasse Euch gehen. Aber vorher möchte ich wissen, warum Ihr das Gut so überstürzt verlassen habt.« Selten einmal hatte er sich so hilflos gefühlt.
Zu seiner Erleichterung entspannte sie sich ein wenig. »Einer der Männer, die heute Nachmittag auf das Gehöft kamen … Ich kannte ihn … Er … Er hat mich einmal in eine Falle gelockt«, sagte sie schließlich stockend.
»Diese Männer waren Boten des Königs. Nachdem sie eine Mahlzeit zu sich genommen haben, sind sie weitergeritten. Ihr habt von ihnen nichts mehr zu befürchten.« Yvain fühlte einen Tropfen auf seinem Gesicht. Gleich darauf begann der Regen niederzuprasseln. »Adela, jetzt nehmt Vernunft an.« Vor Sorge und Ungeduld klang seine Stimme ganz schroff. Am liebsten hätte er sie geschüttelt. »Ihr könnt nicht eine Märznacht im strömenden Regen im Wald verbringen und nicht einmal einen Mantel dabeihaben. Kommt mit mir zurück.«
»Ihr habt wirklich nichts mit diesen Männern zu schaffen?« Zweifelnd sah sie ihn an.
»Ich schwöre es Euch, bei Helen, meiner toten Frau, und bei meinen toten Kindern. Ich kannte die Männer nicht einmal.«
Nach einigen Momenten nickte Adela stumm.
Yvain zog seinen Mantel aus und legte ihn ihr um die Schultern. Dann folgte sie ihm und Lester zu dem Pferd.
Es regnete heftig, und trotz des Mantels war Adela völlig durchnässt, als sie das Gehöft erreichten. Yvain wünschte sich, seine Tante wäre zu Hause. Was sollte er nur mit Adela tun? Er konnte sie unmöglich in der kalten Hütte zurücklassen. Doch dann ermahnte er sich, sich nicht so anzustellen. Immerhin war er einmal ein verheirateter Mann gewesen.
Vor dem Wohnhaus sprang er vom Pferd und half auch Adela abzusteigen. »In der Stube glimmt noch ein Feuer«, sagte er. »Ich bringe Euch schnell ein paar Tücher und Kleidungsstücke meiner Tante. Dann könnt Ihr Euch im Warmen trocken reiben und umziehen, während ich das Pferd in den Stall bringe.«
»Aber ich kann nicht mit Euch ins Haus kommen, jetzt, da Eure Tante nicht da ist«, wandte Adela ein.
»Als Gutsherr genieße ich den Vorteil, mich um das Gerede der Bediensteten nicht kümmern zu müssen.« Yvain lächelte schief. »Und Ihr könnt wirklich unbesorgt sein – ich will nichts von Euch.«
»Das hatte ich auch nicht angenommen …«
»Gut.« Yvain seufzte. »Dann wäre das ja klargestellt.«
Nachdem er Adela in die Stube begleitet hatte, fachte er schnell noch das Feuer an, ehe er ihr aus der Kammer seiner Tante einige Leinentücher, ein Kleid und Wäsche brachte. Wobei er sich lieber nicht vorstellen wollte, zu welchen Kommentaren dies Marian veranlassen würde. Im Stall übergab er das Pferd einem verschlafenen Knecht. Dann rieb auch er sich trocken und wechselte die Kleidung. Als er zusammen mit Lester die Stube betrat, hatte Adela sich schon umgezogen. Sie kauerte vor dem Feuer. Ihr feuchtes Haar fiel dunkel um ihr Gesicht. Lester legte sich neben sie.
»Der Mann, den ich am Nachmittag auf dem Gut sah … Er übergab mich William de Thorigny … Es geschah während des Aufstandes der Prinzen. Francis, mein Gatte, kämpfte im Heer Richards, und William de Thorigny gehörte zu den Gefolgsleuten des Königs …« Adela sah Yvain nicht an. Sie starrte in die Flammen.
»Ich habe von William de Thorigny gehört.« Yvain ließ sich in einen Stuhl sinken.
»William de Thorigny vergewaltigte mich und ließ mich auf dem brennenden Gut zurück. Er tötete meinen Mann und meinen Bruder … Und dann nahm er mich gefangen …« Adela begann zu weinen. Yvain hätte Adela gerne tröstend berührt, aber er spürte, dass sie dann nicht hätte weiterreden können.
Ohne ihn anzublicken – eigentlich mehr an das
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