Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
hätte tun können.«
»Ich bin überzeugt, Yvain hegt für mich auch nur freundschaftliche Gefühle.« Adela schüttelte den Kopf. Nein, sie wollte dieses Thema nicht weiter verfolgen. Denn es machte sie nur traurig. »Wo und wie werdet Simon und du denn leben?«, lenkte sie stattdessen ab. »Davon hast du noch gar nichts Genaues erzählt.«
»Sobald wir verheiratet sind, möchten wir ein Gut pachten. Äbtissin Matilda will uns dabei helfen, ein Anwesen zu finden, das für uns geeignet ist.«
»Aber glaubst du denn, dass Simon damit glücklich werden wird, einen Hof zu bewirtschaften?«, fragte Adela ein bisschen zweifelnd. »Ich kann ihn mir so gar nicht als Bauern vorstellen.«
»Oh, ich glaube, einen großen Teil der praktischen Aufgaben werde ich übernehmen müssen.« Ann lachte. »Aber das macht mir nichts aus. Schließlich habe ich in Bellême viele Jahre lang das Spital geleitet. Simon wird dagegen öfter einmal durch die Lande ziehen und seine Lieder vortragen. Ich habe begriffen, dass er diese Freiheit braucht. Aber ich bin davon überzeugt, dass er immer zu mir zurückkehren wird.« Wieder leuchtete ihr Gesicht von innen heraus.
Eine Weile schwatzten sie noch über Anns zukünftiges Leben. Dann, als sie müde wurden, stieg Adela aus dem Bett und löschte die Kerze. Während sie neben Ann lag, hörte sie, wie der Atem ihrer Schwester allmählich tief und gleichmäßig wurde, und schließlich schlief auch sie ein.
Sie träumte davon, dass sie sich wieder in William de Thorignys Kerker befand. Sie kniete vor ihm und versicherte ihm, dass sie ganz ihm gehörte. Sie sah ihn lächeln, während er das glühende Eisen in die Hand nahm und sie mit seinem Zeichen brandmarkte.
Adela erwachte davon, dass Ann sie rüttelte und ihren Namen rief. Für Momente glaubte sie, den Geruch ihrer verbrannten Haut und des fauligen Strohs zu riechen.
»Adela, um Gottes willen, was hast du denn? Warum schreist du so?«, hörte sie ihre Schwester in der Dunkelheit besorgt fragen.
»Ich habe nur schlecht geträumt«, wehrte Adela ab. Sie war froh, dass Ann keine weiteren Fragen stellte. Während sie noch lange mit offenen Augen dalag und auf Anns Atem lauschte, fragte sie sich, ob sie sich jemals ganz von William de Thorigny würde befreien können.
*
Yvain nahm die frühlingshafte Landschaft, durch die er ritt, gar nicht richtig wahr. Wieder einmal quälte er sich mit der Entscheidung, ob er Adela fragen sollte, ob sie seine Frau werden wolle oder ob er es nicht doch besser unterlassen sollte. Schon während ihrer gemeinsamen Reise nach Barking hatte sich Yvain ständig mit dieser Frage geplagt. Er war sich darüber im Klaren, dass Adela ihm schrecklich fehlen würde, wenn er ohne sie nach Hause zurückkehrte. Andererseits, was wenn er sie fragte, und sie sich daraufhin verschreckt von ihm zurückzog?
Oder hatte Marian etwa Recht und es ging eigentlich gar nicht um Adela, sondern er hatte Angst davor, noch einmal wirklich zu lieben? Am Rand eines nahen Feldes bemerkte Yvain jetzt einen Reiter. Er erkannte Simons dunkel gekleidete, schlanke Gestalt sofort.
Normalerweise wäre Yvain Simon gegenüber erst einmal skeptisch gewesen. Er hatte für Musiker und Gaukler im Allgemeinen nicht viel übrig und Simon mit seinen eleganten Bewegungen und seiner ironischen Art hätte er sicher überkandidelt gefunden. Aber Simon hatte viel Mut bewiesen, als er Adela aus William de Thorignys Gefangenschaft befreit hatte. Dies reichte, um Yvain für ihn einzunehmen. Dankbar für die Gesellschaft, die ihn von seinen Gedanken ablenken würde, wartete Yvain an der Wegkreuzung am Feldrand auf Simon.
»Wie viele Arten von Grün der Frühling doch immer hervorbringt.« Simons Handbewegung umfasste das Feld, wo die erste Gerste zwischen den Furchen spross, die zart belaubten Bäume am nahen Feldrand und die Wiese, wo zwischen dem gelben, winterharten Gras frische grüne Halme wuchsen. »Ich kann mich nie daran sattsehen.«
»Ich sehe vor allem, dass die Erde zu trocken ist und es dringend wieder einmal regnen müsste«, knurrte Yvain, aber er meinte es freundlich.
»Das ist zwar eine sehr prosaische, aber durchaus berechtigte Weise, die Welt zu sehen.« Simon lachte, während er und Yvain langsam nebeneinander auf dem breiten Weg in Richtung Kloster ritten. »Euer Anwesen liegt doch in der Nähe von Aberaernon, nicht wahr?«
»Ja, weshalb fragt Ihr?«, meinte Yvain überrascht.
»Vorhin, auf dem Weg zum Stall, ist mir Äbtissin Matilda
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